Beschluss vom 21.11.2006 -
BVerwG 6 B 97.06ECLI:DE:BVerwG:2006:211106B6B97.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.11.2006 - 6 B 97.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:211106B6B97.06.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 97.06

  • Schleswig-Holsteinisches OVG - 24.10.2006 - AZ: OVG 3 O 32/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. November 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn und Dr. Graulich
beschlossen:

  1. Die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 24. Oktober 2006 wird verworfen.
  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 1. Die weitere Beschwerde nach § 17a Abs. 4 Satz 4 und 5 GVG ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.

2 Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz hinsichtlich der Vergabe eines Bauauftrags durch die Antragsgegnerin an ein Konkurrenzunternehmen. Das Verwaltungsgericht hat den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an ein Landgericht verwiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss die Beschwerde der Antragstellerin dagegen zurückgewiesen und die (weitere) Beschwerde zugelassen.

3 Die Beschwerde ist nicht wegen der Bindungswirkung des angefochtenen Beschlusses gemäß § 17a Abs. 4 Satz 6 GVG zulässig. Nach dieser Vorschrift ist der oberste Gerichtshof des Bundes an die Zulassung der Beschwerde gebunden. Diese Bindung beschränkt sich wie bei einer Revisionszulassung (dazu Beschluss vom 28. März 2006 - BVerwG 6 C 13.05 - NVwZ-RR 2006, 580) auf die Zulassungsentscheidung als eine von mehreren Zulässigkeitsvoraussetzungen. § 17a Abs. 4 Satz 6 GVG verfolgt den Zweck, dass eine Überprüfung der Zulassungsentscheidung bei einer ihrer Natur nach beschwerdefähigen Entscheidung nicht stattfinden soll. Die Bindungswirkung geht darüber nicht hinaus. Alle weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen bleiben davon unberührt.

4 Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über die Zurückweisung der Beschwerde gegen einen erstinstanzlichen Beschluss, durch den der Rechtsweg in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren für unzulässig erklärt worden ist, unterliegt nicht der (weiteren) Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dies hat der Senat aus folgenden Gründen bereits mehrfach entschieden (Beschlüsse vom 8. August 2006 - BVerwG 6 B 65.06 - DVBl 2006, 1249 und vom 4. September 2006 - BVerwG 6 B 68.06 -).

5 Es ist schon fraglich, ob es mit dem Charakter des gerichtlichen Eilverfahrens überhaupt vereinbar ist, ein auf die Rechtswegfrage beschränktes Beschwerdeverfahren nach § 17a Abs. 4 GVG durchzuführen (vgl. Beschlüsse vom 15. November 2000 - BVerwG 3 B 10.00 - Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 286 und vom 6. Juli 2005 - BVerwG 3 B 77.05 - Buchholz 300 § 17a GVG Nr. 24). Das kann hier auf sich beruhen. Jedenfalls ist in einem solchen Verfahren eine (weitere) Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes ausgeschlossen. Aus § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG folgt, dass die weitere Beschwerde der Beantwortung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dienen soll. Diese Voraussetzung zeigt, dass das Gesetz mit der weiteren Beschwerde auf eine Entscheidung zielt, die in ihrem Gewicht einer Revisionsentscheidung nahe kommt. Die Klärung fallübergreifender Probleme widerstreitet dem Ziel des auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Verfahrens, in einem bestimmten Einzelfall bis zur Entscheidung in der Hauptsache zur Erhaltung des bestehenden Zustandes oder zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Antragsteller oder nach Abwägung der widerstreitenden Vollzugsinteressen eine Regelung zu treffen. Ein Verfahren mit einer solchen Zielrichtung würde durch eine weitere Beschwerde mit dem Ziel der Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nachgerade konterkariert. In einem auf die Beantwortung grundsätzlicher Rechtsfragen gerichteten Verfahren könnte ein Beschluss erst nach unter Umständen zeitraubender schriftsätzlicher Aufbereitung und unter Auswertung von Gesetzgebungsmaterialien, Rechtsprechung und wissenschaftlichen Äußerungen ergehen, da eine solche Entscheidung über den Fall hinausgehende Breitenwirkung hätte und Prüfungsmaßstab für Revisionszulassungsentscheidungen wäre (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Dies könnte zu einer folgenreichen Verzögerung der Entscheidung über den Antrag auf Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes führen. Es liegt im Wesen eines solchen Antrags, dass die Entscheidung des Gerichts möglichst ohne Verzögerung ergeht. Dementsprechend ordnet § 146 Abs. 4 VwGO für die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes an, dass die Beschwerde unverzüglich dem Oberverwaltungsgericht vorgelegt wird, dass eine Abhilfeentscheidung des Verwaltungsgerichts unterbleibt und dass das Oberverwaltungsgericht nur die vom Beschwerdeführer dargelegten Gründe prüft. Die weitere Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ist nach § 152 VwGO ausgeschlossen. In Anbetracht dieser besonderen Vorkehrungen des Gesetzgebers für einen zügigen Abschluss des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes kann nicht angenommen werden, dass den Beteiligten für den in einem solchen Verfahren angefallenen Zwischenstreit über den Rechtsweg ein weitergehender Instanzenzug eröffnet ist als in dem zugrunde liegenden Verfahren selbst (vgl. Beschluss vom 14. Dezember 1998 - BVerwG 8 B 125.98 - BVerwGE 108, 153 <156> = Buchholz 428 § 37 VermG Nr. 18).

6 Dass in Verfahren über die Vergabe von Aufträgen unterhalb der Schwellenwerte des § 100 Abs. 1 GWB in Verbindung mit der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge regelmäßig kein Primärrechtsschutz zu erlangen ist, ist vom Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet worden (BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006 - 1 BvR 1160/03 - juris = ND MBl 2006, 1055 (LS).

7 Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde.

8 2. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.