Beschluss vom 21.07.2016 -
BVerwG 1 WB 35.15ECLI:DE:BVerwG:2016:210716B1WB35.15.0

Leitsätze:

1. Das Sicherheitsüberprüfungsgesetz gibt keinen Anspruch darauf, dass eine von einer konkret beabsichtigten Betrauung mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit unabhängige Sicherheitsüberprüfung durchgeführt wird. Ein darauf gerichteter Verpflichtungsantrag eines Soldaten ist mangels Antragsbefugnis unzulässig.

2. Die Tatsache, dass ein bestimmter Sachverhalt bereits Gegenstand eines Straf- oder Disziplinarverfahrens gewesen ist, das anders als mit einer Strafe oder Disziplinarmaßnahme abgeschlossen wurde, steht der Würdigung desselben Sachverhalts in einer Sicherheitsüberprüfung und ggf. der Feststellung eines Sicherheitsrisikos nicht entgegen.

  • Rechtsquellen
    SÜG § 2 Abs. 1, §§ 5, 14 Abs. 3

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.07.2016 - 1 WB 35.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:210716B1WB35.15.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 35.15

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst Schulz und
den ehrenamtlichen Richter Stabsveterinär Berger
am 21. Juli 2016 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller wendet sich gegen die Feststellung eines Sicherheitsrisikos in seiner erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2/A 2).

2 Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des ... Zum Hauptmann wurde er am ... befördert und mit Wirkung vom ... in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 11 eingewiesen. Vom ... bis ... wurde er auf einem fliegerischen Dienstposten beim ... in X und seit dem ... auf dem Dienstposten eines Hubschrauberführeroffiziers und Flugsicherheitsoffiziers bei ... in Y verwendet.

3 Für den Antragsteller war zuletzt am ... 2009 eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) ohne Einschränkungen abgeschlossen worden.

4 Mit Schreiben vom ... wandte sich der Antragsteller mit folgender Erklärung an das für die Abrechnung seiner Reisekosten zuständige Bundeswehrdienstleistungszentrum:
"Bezug: Reisekostenabrechnung vom ...
Hiermit melde ich, dass mir im Zuge einer zu schnellen 'Abarbeitung' meiner Reisekostenabrechnungen für Dienstfahrten nach Z ein Fehler unterlaufen ist. Die abgerechneten Fahrten am Tage 03./04./10. und 12. Juli habe ich nicht durchgeführt. Die Kommandierungen hierzu befanden sich noch in meiner Mappe, in der ich auf Grund der Häufigkeit immer etwas ansammle, bevor ich abrechne. Da sich dort auch Kommandierungen neueren Datums befanden, mit denen ich die Abrechnung begonnen hatte, musste ich für die folgenden Kommandierungen nur das Fahrdatum ändern, da die Zeiten und Entfernungen immer gleich bleiben. Dabei entging es mir, dass ich die Kommandierungen an den oben angeführten Daten gar nicht angetreten hatte. Bitte um Übermittlung des Verfahrens zur Rückerstattung des gutgeschriebenen Betrages für die nicht durchgeführten Dienstreisen."

5 Unter dem ... teilte der Sicherheitsbeauftragte ... mit, dass wegen disziplinarer Vorermittlungen gegen den Antragsteller dessen Ermächtigung zum Zugang zu Verschlusssachen und dessen Zutrittsberechtigung zu sicherheitsempfindlichen Bereichen vorläufig aufgehoben und ihm vorläufig eine andere Tätigkeit in einem nicht sicherheitsempfindlichen Bereich zugewiesen worden sei.

6 Mit Schreiben vom ... gab der Geheimschutzbeauftragte ... dem Antragsteller Gelegenheit, sich zu den gegen ihn vorliegenden sicherheitserheblichen Umständen zu äußern. Dabei führte er zum Sachverhalt aus:
"Die Staatsanwaltschaft Y führte gegen Sie ein Strafverfahren wegen des Verdachts des Betruges. Am 16.05.2013 stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren nach § 153a StPO nach Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 500 € ein. Der Tat lag zugrunde, dass Sie am 30.08.2012 in Y bei dem Bundeswehrdienstleistungszentrum A Reisekostenrechnungen für Dienstreisen am 03.07., 04.07., 10.07. und 12.07.2012 einreichten und wahrheitswidrig angaben, auf Grundlage einer Kommandierung von Ihrer Dienststelle in Y zum Z und von dort zurück nach B gefahren zu sein. Tatsächlich waren Sie am 03.07., 04.07, und 10.07.2012 wegen Krankheit nicht im Dienst sowie für den 12.07.2012 durch den Fliegerarzt als nicht dienstfähig beurteilt worden und hatten die Dienstreisen demnach nicht angetreten. Dadurch wurden Ihnen unberechtigt Reisekosten von insgesamt 163,20 € (4 x 40,80 €) ausbezahlt.
Der Amtschef ... leitete gegen Sie am 21.03.2013 ein gerichtliches Disziplinarverfahren ein. Der Kommandeur ... in C stellte am 13.12.2013 das gegen Sie geführte gerichtliche Disziplinarverfahren ein.
Gegenüber dem MAD gaben Sie an, Sie hätten ohne weiter nachzudenken die Reisekostenabrechnungen für alle sechs Kommandierungen erstellt, diese unterschrieben und in einer Gittermappe auf Ihren Schreibtisch gelegt. Sie hätten sich Ihr Dienstzimmer mit einem Oberstabsfeldwebel geteilt, den Sie hin und wieder gebeten hätten, Ihre Post zur Dienststelle mitzunehmen. Dies sei aber nur auf Ihren Auftrag hin geschehen. Der Oberstabsfeldwebel habe die von Ihnen erstellten Reisekostenrechnungen selbstständig von Ihrem Schreibtisch genommen und diese auf den Weg bringen wollen. Dabei seien dem Oberstabsfeldwebel die Reisekostenrechnungen aus der Mappe gefallen und er habe gesehen, dass sie für Tage angefertigt worden seien, an denen Sie nicht im Dienst gewesen seien. Daraufhin habe er den Sachverhalt dem Teileinheitsführer gemeldet. Sie hätten den Verdacht, dass der Oberstabsfeldwebel in Ihren Unterlagen 'herumgeschnüffelt' hätte und gingen davon aus, dass er Ihnen eins habe auswischen wollen.
Ferner wurden bei Ihnen Unregelmäßigkeiten in Bezug auf die Nutzung von dienstlich ausgegebenen Tankkarten in X festgestellt. Während Ihrer Auslandsverwendung hätten Sie zwei Tankkarten bekommen, mit denen Sie 200 Liter steuerbefreiten Kraftstoff hätten kaufen können. Eine Karte hätten Sie behalten und eine zweite Ihrer damaligen Ehefrau gegeben. Sie seien vor Empfang der Karte ausführlich belehrt worden. Eine technische Reglementierung der Tankmenge habe es nicht gegeben. Jeder Nutzer habe eigenverantwortlich auf die Höchstmenge achten müssen. Im Dezember 2008 seien Sie zweimal mit dem Pkw zwecks Wohnungsbesichtigungen nach Deutschland (...) gereist. Da auch Ihre ehemalige Ehefrau mehr gefahren sei, seien die Höchstgrenzen von 200 Liter um 80 oder 90 Liter überschritten worden. Aufgrund von Ehestreitigkeiten hätten Sie mit Ihrer damaligen Ehefrau kaum gesprochen."

7 Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 10. Juli 2014 trat der Antragsteller den gegen ihn erhobenen Vorwürfen entgegen. Er verwies hierzu auf die Unschuldsvermutung, weil sowohl das Straf- als auch das Disziplinarverfahren eingestellt worden seien. Er habe die Abrechnungen für die Dienstreisen weder selbst abgegeben noch jemanden dazu ermächtigt. Vielmehr habe er die Unterlagen vor dem geplanten Reiseantritt lediglich soweit vorbereitet, dass er sie nach erfolgter Dienstreise unverzüglich einreichen könne. Da er die Dienstreisen nicht angetreten habe, habe er die Abrechnungen auch nicht einreichen wollen. Die Unterlagen hätten sich in seinem privaten Bereich befunden, auf den kein anderer zum Zugriff ermächtigt gewesen sei. Er habe nicht damit rechnen müssen, dass die Abrechnungen von seinem Zimmerkameraden eigenmächtig entwendet würden. Zum Vorwurf der Unregelmäßigkeiten bei der Tankkartennutzung sei anzumerken, dass sich dieser Vorfall bereits 2008 ereignet habe und damit sechs Jahre zurückliege. Nicht er habe zudem das Kontingent der Tankkarte überschritten, sondern seine damalige Ehefrau; seine eigene Tankkarte habe stets einen ausgeglichenen Stand ausgewiesen. Er sei seit 25 Jahren im sicherheitsrelevanten Bereich tätig, seit 10 Jahren im Bereich der Stufe "geheim", davon vier Jahre im Bereich "streng geheim". Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos bedeute für ihn faktisch ein Berufsverbot.

8 Am ... wurde der Antragsteller außerdem persönlich durch den Geheimschutzbeauftragten ... angehört. Der Antragsteller erklärte dabei nochmals, er habe mehrere Reisekostenabrechnungen erstellt, diese aber nicht auf den Postweg gegeben, sondern in einer Mappe auf seinem Schreibtisch liegen lassen. Er vermute, dass sein Zimmerkamerad, ein Oberstabsfeldwebel, die Rechnungen auf den Postweg gebracht habe, um ihn, den Antragsteller, zu schädigen. Der Oberstabsfeldwebel habe gewusst, dass wegen der krankheitsbedingten Abwesenheit einige Reisekostenabrechnungen nicht richtig gewesen seien. Er, der Antragsteller, habe kein gutes Verhältnis zu dem Oberstabsfeldwebel, der schon öfter in seinen Unterlagen "herumgeschnüffelt" habe.

9 Mit Schreiben vom ... erklärte der Kommandeur ... gegenüber dem Geheimschutzbeauftragten, dass aus seiner Sicht die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers nicht ausgeräumt seien. Die Zuverlässigkeit eines Soldaten, der als Luftfahrzeugführer mit Zugang zu GEHEIM und Sabotageschutzbereichen sowie als Teilnehmer am Flugverkehr im zivilen Luftraum eingesetzt sei, müsse zweifelsfrei vorliegen. Dies gelte besonders für die herausgehobene Position des Flugsicherheitsoffiziers. Der Antragsteller habe sich zuvor in dieser Funktion als fachlich gefestigter und versierter Offizier erwiesen. Allerdings seien spürbare Beeinträchtigungen seiner allgemeinen dienstlichen Leistungsfähigkeit festzustellen, die auf mehrfache dienstliche Enttäuschungen zurückzuführen seien; zuletzt habe wohl die Entwicklung im persönlichen Umfeld (Trennung von der Ehepartnerin) zu einer weiteren starken Beeinträchtigung geführt. Aufgrund der in der Gesamtbetrachtung der Persönlichkeit nicht ausgeräumten Zweifel an dessen Zuverlässigkeit schließe er für den Antragsteller - auch langfristig - nicht nur die Verwendung als Flugsicherheitsoffizier, sondern überhaupt eine Verwendung in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit aus.

10 Mit formularmäßigem Bescheid vom ..., dem Antragsteller eröffnet am ..., stellte der Geheimschutzbeauftragte ... fest, dass die erweiterte Sicherheitsüberprüfung/Verschlusssachenschutz (Ü 2/A 2) Umstände ergeben habe, die im Hinblick auf eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ein Sicherheitsrisiko darstellten. Die Entscheidung umfasse auch die Verwendung in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit der Überprüfungsart Ü 1 (Verschlusssachenschutz). Nach Ablauf von zwei Jahren könne bei Bedarf eine Wiederholungsüberprüfung eingeleitet werden.

11 Die sicherheitsmäßige Bewertung durch den Geheimschutzbeauftragten in den Entscheidungsgründen lautet wie folgt:
"Im Interesse der militärischen Sicherheit ist beim Betroffenen ein Sicherheitsrisiko gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SÜG i.V.m. ZDv 2/30 Nr. 2414 (1) festzustellen.
Bezüglich der Begründung des Sicherheitsrisikos verweise ich zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die rechtliche Würdigung im Anhörungsschreiben vom ...
Unerheblich ist, dass das Strafverfahren wegen des Verdachts des Betruges nicht zu einem Schuldspruch führte, sondern gemäß § 153a StPO eingestellt wurde. Als vorbeugende Maßnahme setzt die Feststellung eines Sicherheitsrisikos keine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung voraus. Gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SÜG muss eine Unzuverlässigkeit nicht feststehen, sondern es reicht aus, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit begründen. Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen vor, da der Betroffene die unterschriebenen Reisekostenabrechnungen in einer offenen Pendelmappe auf seinem Schreibtisch in einem nicht allein genutzten Dienstzimmer ablegte und nicht, obwohl er seinem Zimmerkameraden misstraute, in einem verschließbaren Container aufbewahrte, um so die Weitergabe vor erneuter Prüfung in jedem Fall zu verhindern.
Gegen die Zuverlässigkeit des Betroffenen spricht auch die Stellungnahme des Disziplinarvorgesetzten.
Weitere Zweifel an der Zuverlässigkeit lassen sich daraus herleiten, dass der Betroffene mit mehreren Kameraden und Vorgesetzten Probleme hat.
Zu Gunsten des Betroffenen ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich der Vorfall bzgl. der Tankkarte bereits in 2008 ereignete. Auch die langjährige Erfahrung des Betroffenen bei der Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit ist positiv für ihn zu werten. Ferner ist der Betroffene bis auf die hier aufgeführten Umstände bislang offenbar weder disziplinar- noch strafrechtlich in Erscheinung getreten. Trotzdem überwiegen zurzeit noch die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen, so dass eine positive Prognose zurzeit noch nicht angenommen werden kann.
Es ist aber angemessen, eine Wiederholungsüberprüfung bereits nach Ablauf von zwei Jahren zuzulassen."

12 Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 17. November 2014 erhob der Antragsteller Beschwerde gegen die Feststellung eines Sicherheitsrisikos. Zur Begründung wiederholte und vertiefte er sein bisheriges Vorbringen.

13 Mit Bescheid vom 16. März 2015, dem Antragsteller zugegangen am 25. März 2015, wies das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - die Beschwerde zurück. Zur Begründung verwies es im Wesentlichen auf die Ausführungen des Geheimschutzbeauftragten ... Ergänzend wurde unter anderem ausgeführt, dass sich die zukünftige Verhaltensweise des Antragstellers als noch nicht ausreichend kalkulierbar darstelle und eine verlässliche positive Prognose hinsichtlich seines zukünftigen Verhaltens noch nicht gestellt werden könne. Die vom Geheimschutzbeauftragten angesetzten zwei Jahre stellten das zeitliche Minimum hierfür dar.

14 Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 16. April 2015 hat der Antragsteller hiergegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 2. September 2015 dem Senat vorgelegt.

15 Ergänzend trägt der Antragsteller zur Begründung insbesondere vor:
Die Feststellung des Sicherheitsrisikos beruhe auf Vermutungen und nicht nachgewiesenen Vorwürfen. Er habe sich mit der Einstellung nach § 153a StPO einverstanden erklärt, weil er sich ohne weitere Belastungen durch ein Strafverfahren um seine Scheidung habe kümmern wollen. Nach der Einstellung des Verfahrens sei er weiterhin als unschuldig anzusehen. Soweit der Geheimschutzbeauftragte darauf abstelle, dass er, der Antragsteller, mit mehreren Kameraden und Vorgesetzten "Probleme habe", ergäben sich daraus keine Zweifel an der Zuverlässigkeit; es sei vielmehr nur verständlich, wenn er Probleme mit jemanden habe, der ihn wegen eines nicht begangenen Dienstvergehens angezeigt habe. Auch die Abneigung eines Vorgesetzten dürfe nicht dazu führen, dass seine Zukunft verbaut werde. Richtigzustellen sei ferner, dass es sich bei seinem Büro nicht um einen öffentlichen, für jedermann zugänglichen Raum gehandelt habe. Zugang hätten vielmehr nur er und ein weiterer Kollege gehabt. Er sei deshalb nicht verpflichtet gewesen, seine Abrechnungen unter Verschluss zu halten. Außerdem sei auf seinem Schreibtisch ein spezieller Bereich für den Postausgang eingeteilt. Habe er Post in Verkehr bringen wollen, so habe er sie auf diesen Ausgangsplatz gelegt. Mit dem Kollegen sei es stets so gehandhabt worden, dass nur dann Post vom Schreibtisch habe mitgenommen werden dürfen, wenn eine ausdrückliche Aufforderung dazu erteilt sei. Die strittigen Reisekostenabrechnungen hätten nicht im Postausgangsbereich, sondern verdeckt auf dem Schreibtisch gelegen. Er habe den Kollegen nicht beauftragt, diese mitzunehmen. Die Überschreitung des Benzinkontingents im Jahre 2008 sei bereits bei der Gewährung der Sicherheitsstufe im Jahre 2009 bekannt gewesen und ihm damals nicht vorgehalten worden.

16 Der Antragsteller beantragt,
den Bescheid des Geheimschutzbeauftragten ... vom ... in Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesministeriums der Verteidigung vom 16. März 2015 aufzuheben und das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten, ihm, dem Antragsteller, eine Ü 2-Sicherheitsfreigabe zu erteilen.

17 Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

18 Ergänzend zu den Gründen der Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten wird unter anderem Folgendes ausgeführt:
Die Version des Antragstellers, er habe die Reisekostenanträge nicht absenden wollen, sei zweifelhaft, weil der Inhalt seiner Äußerungen gegenüber dem Bundeswehrdienstleistungszentrum ("er habe die Anträge zu schnell abgearbeitet") und die Tatsache, dass er die Reisekostenanträge überhaupt erstellt und unterzeichnet habe, dafür sprächen, dass diese bewusst zur Abrechnung eingereicht werden sollten. Aber auch bei unterstellter Richtigkeit der Version des Antragstellers, er habe die vorbereiteten Anträge noch einmal überprüfen wollen, ergäben sich Zweifel an der Zuverlässigkeit daraus, dass er die unterschriebenen Rechnungen in einer Gittermappe offen auf dem Tisch in einem gemeinsam genutzten Büro habe liegen lassen. Bei realistischer Betrachtung des Dienstbetriebs habe er damit rechnen müssen, dass Mitarbeiter, Vorgesetzte oder andere Personen offen auf dem Schreibtisch liegende Vorgänge einsehen und gegebenenfalls auch weiterbetreiben würden, wie etwa durch das Absenden vermeintlich fertiggestellter Unterlagen. In beiden Varianten lägen Zuverlässigkeitszweifel vor, in der ersten Variante aus dem Versuch, falsch abzurechnen und damit eine Straftat oder ein schweres Dienstvergehen begehen zu wollen, in der zweiten Variante aus dem Umstand, dass mit abrechnungsrelevanten und damit wichtigen dienstlichen Unterlagen nicht sorgfältig genug umgegangen worden sei. Auch die Einschätzung des damaligen Disziplinarvorgesetzten des Antragstellers habe bei der Bewertung der sicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit herangezogen werden dürfen. Die sicherheitserheblichen Erkenntnisse zur mangelnden Sorgfalt im Umgang mit wichtigen Unterlagen, die Verneinung der sicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit durch den Disziplinarvorgesetzten und die zumindest widersprüchlichen Angaben im Sicherheitsüberprüfungsverfahren ließen auf ein nur schwer kalkulierbares Persönlichkeitsbild des Antragstellers schließen. Aus diesem lasse sich nicht ausreichend sicher ableiten, dass der Antragsteller als Flugsicherheitsoffizier die zwingenden Sorgfaltsvorgaben im Umgang mit Verschlusssachen einhalten werde. Zu beachten sei, dass diese Tätigkeit und der Umgang mit den dabei erforderlichen eingestuften Inhalten von hoher Bedeutung für die reibungslose und sichere Abwicklung des Flugbetriebs und -verkehrs seien. Die bereits verkürzte Möglichkeit einer Wiederholungsprüfung nach Ablauf von zwei Jahren könne insoweit einen auch durch die Erfahrungen im vorliegenden Verfahren ausgelösten Persönlichkeitswandel des Antragstellers berücksichtigen.

19 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - Az.: 442/15 und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

20 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

21 1. Der Senat entscheidet der gesetzlichen Regel entsprechend ohne mündliche Verhandlung (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 18 Abs. 2 Satz 3 WBO). Das Erfordernis einer mündlichen Verhandlung ergibt sich auch nicht aus dem Antrag, den Antragsteller persönlich zu hören. Der Antragsteller hat von der Möglichkeit, sich zur Sache zu äußern, umfassend - zuletzt mit Schriftsätzen vom 11. Juli, 15. Juli und 19. Juli 2016 - Gebrauch gemacht. Auf einen aktuellen persönlichen Eindruck des Senats vom Antragsteller kommt es für die Entscheidung nicht an. Denn der gerichtlichen Überprüfung, ob in der Person des Antragstellers ein Sicherheitsrisiko vorliegt, ist nicht die aktuelle Sichtweise des Senats zugrunde zu legen, sondern allein die Einschätzung und Bewertung des Geheimschutzbeauftragten nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Vorlage des Antrags auf gerichtliche Entscheidung (hierzu im Einzelnen unten II.3.).

22 2. Der Antrag ist nur teilweise zulässig.

23 Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 SÜG kann nach ständiger Rechtsprechung des Senats durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor den Wehrdienstgerichten mit dem Ziel der Aufhebung des entsprechenden Bescheids angefochten werden. Die aus § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) folgende Zuständigkeit der Wehrdienstgerichte für Streitigkeiten, die die dienstliche Verwendung eines Soldaten betreffen, erstreckt sich auch auf die Überprüfung sicherheitsrechtlicher Bescheide im Sinne des § 14 Abs. 3 SÜG, weil mit der Feststellung des Geheimschutzbeauftragten über die Frage des Bestehens eines Sicherheitsrisikos im Kern über die sicherheitsrechtliche Eignung eines Soldaten für eine bestimmte dienstliche Verwendung entschieden wird (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 20. November 2012 - 1 WB 21.12 und 1 WB 22.12 - juris Rn. 24 m.w.N.).

24 Zulässig ist deshalb das auf die Aufhebung des Bescheids des Geheimschutzbeauftragten ... vom ... und des Beschwerdebescheids des Bundesministeriums der Verteidigung vom 16. März 2015 gerichtete Anfechtungsbegehren, das darauf zielt, die den Antragsteller belastende, seinen Einsatz in einer sicherheitsempfindlichen Verwendung hindernde Feststellung eines Sicherheitsrisikos zu beseitigen.

25 Der außerdem gestellte Verpflichtungsantrag, dem Antragsteller "eine Ü 2-Sicherheitsfreigabe zu erteilen", ist zwar grundsätzlich statthaft, jedoch mangels Antragsbefugnis unzulässig (Klarstellung der Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 28. August 2012 - 1 WB 10.12 - juris Rn. 23 m.w.N.). Der Antragsteller ist derzeit nicht mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut. Sofern die Personalführung beabsichtigen sollte, den Antragsteller künftig wieder mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit zu betrauen, ist er vorher einer - an den Anforderungen des jeweiligen Dienstpostens orientierten - Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SÜG). Hierzu ist die zuständige Stelle von Amts wegen verpflichtet. Es kann dahingestellt bleiben, ob es nach der gesetzlichen Konstruktion überhaupt ein dieser Verpflichtung korrespondierendes individuelles "Recht auf Sicherheitsüberprüfung" gibt oder ob sich die Rechtsposition des Betroffenen darauf beschränkt, durch Verweigerung der erforderlichen Zustimmung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 SÜG) eine von ihm nicht gewünschte Sicherheitsüberprüfung zu verhindern. Der Antragsteller hat jedenfalls keinen Anspruch darauf, dass eine von einer konkret beabsichtigten Betrauung mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit unabhängige Sicherheitsüberprüfung gleichsam "auf Vorrat" durchgeführt wird, etwa um seine Bewerbungschancen für bestimmte Dienstposten zu erhöhen.

26 3. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er unbegründet.

27 Der Bescheid des Geheimschutzbeauftragten ... vom ... und der Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 16. März 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

28 a) Die Überprüfung von Angehörigen der Bundeswehr auf Sicherheitsbedenken ist eine vorbeugende Maßnahme, die Sicherheitsrisiken nach Möglichkeit ausschließen soll (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 11. März 2008 - 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 Rn. 23 m.w.N.). Dabei obliegt es der zuständigen Stelle - hier: dem Geheimschutzbeauftragten ... (Nr. 2416 ZDv 2/30) -, aufgrund einer an diesem Zweck der Sicherheitsüberprüfung orientierten Gesamtwürdigung des Einzelfalls die ihr übermittelten Erkenntnisse im Hinblick auf die vorgesehene Tätigkeit zu bewerten (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 14 Abs. 3 Satz 1 und 2 SÜG).

29 Dem zuständigen Geheimschutzbeauftragten steht bei der Entscheidung, ob in der Person eines Soldaten ein Sicherheitsrisiko festzustellen ist, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der Geheimschutzbeauftragte von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 2011 - 1 WB 12.11 - BVerwGE 140, 384 Rn. 24 ff. m.w.N.; siehe auch Urteil vom 17. September 2015 - 2 A 9.14 - BVerwGE 153, 36 Rn. 23 ff.).

30 Wegen der präventiven Funktion der Sicherheitsüberprüfung und wegen des hohen Rangs der zu schützenden Rechtsgüter liegt ein Sicherheitsrisiko bereits dann vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für einen der Tatbestände des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SÜG bestehen. Dabei hat im Zweifel das Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belangen (§ 14 Abs. 3 Satz 3 SÜG). Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos, die zugleich eine Prognose über die künftige Zuverlässigkeit und Integrität des Soldaten darstellt, darf sich jedoch nicht auf eine vage Vermutung oder eine rein abstrakte Besorgnis stützen. Dabei gibt es keine "Beweislast", weder für den Soldaten dahingehend, dass er die Sicherheitsinteressen der Bundeswehr bisher gewahrt hat und künftig wahren wird, noch für die zuständige Stelle, dass der Soldat diesen Erwartungen nicht gerecht geworden ist oder ihnen künftig nicht gerecht werden wird (stRspr, z.B. BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2012 - 1 WB 58.11 - juris Rn. 30; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334 <353>).

31 b) Maßgeblich für die gerichtliche Kontrolle ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Vorlage des Antrags auf gerichtliche Entscheidung an den Senat (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 11. März 2008 - 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 Rn. 35). Bis zu diesem Zeitpunkt - und damit auch durch das Vorlageschreiben - können tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Sicherheitsrisikos einschließlich der dabei zu treffenden Prognose in Ergänzung zu der Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten in das Verfahren eingeführt werden (stRspr, vgl. - auch zum Folgenden - BVerwG, Beschlüsse vom 27. September 2007 - 1 WDS-VR 7.07 - Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 13 Rn. 23, vom 11. März 2008 - 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 Rn. 35 und vom 30. Januar 2014 - 1 WB 47.13 - beck-online Rn. 29). Allerdings kann eine solche Ergänzung nur mit Zustimmung des Geheimschutzbeauftragten, dem der gerichtlich nur beschränkt überprüfbare Beurteilungsspielraum zugewiesen ist, und nach dessen neuerlicher Beurteilung des Sachverhalts erfolgen. Sollen neue entscheidungserhebliche Tatsachen in das Verfahren eingeführt werden, so ist dem Betroffenen hierzu gemäß § 14 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 SÜG Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

32 Danach sind im vorliegenden Fall neben den Gründen des Bescheids des Geheimschutzbeauftragten ... auch die ergänzenden Ausführungen in dem Beschwerdebescheid und in dem Vorlageschreiben des Bundesministeriums der Verteidigung zu berücksichtigen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat hinsichtlich der erforderlichen Beteiligung des Geheimschutzbeauftragten auf die ständige Verwaltungspraxis verwiesen, dass im Beschwerdeverfahren und bei der Vorlage eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung der fachlich vorgesetzte Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung (auf der Grundlage eines Berichts des Geheimschutzbeauftragten ...) mitwirkt, und hierzu die in das Vorlageschreiben vom 2. September 2015 umgesetzte Stellungnahme des Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung vom 31. August 2015 übermittelt. Gegen diese Form der Mitwirkung im Rechtsbehelfsverfahren, bei der der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung die - durch eine von der Personalverwaltung getrennte Organisationseinheit wahrzunehmenden (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SÜG) - Aufgaben der zuständigen Stelle erfüllt, bestehen nach der Rechtsprechung des Senats keine rechtlichen Bedenken (vgl. im Einzelnen BVerwG, Beschluss vom 26. November 2013 - 1 WB 57.12 - juris Rn. 34 ff.). Eine erneute Anhörung des Antragstellers war nicht erforderlich, weil keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen in das Verfahren eingeführt wurden, sondern lediglich die sicherheitsrechtliche Bewertung der bekannten Tatsachen ergänzt und deutlicher akzentuiert wurde.

33 c) Die Feststellung, dass die erweiterte Sicherheitsüberprüfung des Antragstellers Umstände ergeben hat, die im Hinblick auf eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ein Sicherheitsrisiko darstellen, ist nach diesen Maßstäben rechtlich nicht zu beanstanden.

34 aa) Die Feststellung des Sicherheitsrisikos beruht nicht auf einem unrichtigen Sachverhalt.

35 Die Gründe des Bescheids vom ... verweisen hinsichtlich des Sachverhalts auf die bereits in dem Anhörungsschreiben vom ... mitgeteilten Umstände. Danach werden dem Antragsteller zwei Vorgänge vorgehalten, nämlich in erster Linie sein Umgang mit den fehlerhaften Reisekostenabrechnungen vom Sommer 2012, daneben eine Überschreitung seines Tankkartenkontingents im Dezember 2008.

36 Hinsichtlich der fehlerhaften Reisekostenabrechnungen wurde gegen den Antragsteller ein Strafverfahren wegen Betrugs geführt, das von der Staatsanwaltschaft nach Zahlung eines Geldbetrags in Höhe von 500 € durch den Antragsteller mit Verfügung vom 16. Mai 2013 gemäß § 153a Abs. 1 StPO eingestellt wurde. Der Kommandeur ... hat als Einleitungsbehörde das sachgleiche gerichtliche Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller mit Verfügung vom 13. Dezember 2013 eingestellt, weil sich ein Dienstvergehen nicht mit der erforderlichen hinreichenden Sicherheit nachweisen lassen werde (§ 98 Abs. 1 Nr. 4 WDO). Damit fehlt es an einem strafgerichtlichen Urteil oder einem im gerichtlichen Disziplinarverfahren ergangenen Urteil eines Wehrdienstgerichts, dessen tatsächliche Feststellungen im Sicherheitsüberprüfungsverfahren zugrundegelegt werden dürfen, sofern nicht besondere Umstände zu Zweifeln an deren Richtigkeit Anlass geben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. März 2008 - 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 Rn. 27 ff.). Den deshalb erforderlichen eigenen Feststellungen und Bewertungen des Geheimschutzbeauftragten steht die im Straf- und Disziplinarverfahren geltende Unschuldsvermutung nicht entgegen.

37 Unabhängig davon, dass eine rechtliche Bindung nicht besteht, ist der Geheimschutzbeauftragte nicht gehindert, an die tatsächlichen Feststellungen der vorangegangenen Verfahren anzuknüpfen, zumal die folgenden Eckdaten des objektiven Sachverhalts als solche - anders als deren sicherheitsrechtliche Bewertung - zwischen den Beteiligten nicht strittig sind. Danach hat der Antragsteller unter dem 30. August 2012 von ihm unterschriebene Reisekostenrechnungen für Dienstreisen am 3., 4., 10. und 12. Juli 2012 mit der unrichtigen Angabe erstellt, an diesen Tagen jeweils aufgrund einer Kommandierung von seiner Dienststelle in Y zum Flugplatz Z und von dort zurück nach B gefahren zu sein. Tatsächlich war der Antragsteller am 3., 4. und 10. Juli 2012 jedoch wegen Krankheit nicht im Dienst und für den 12. Juli 2012 durch den Fliegerarzt als nicht dienstfähig beurteilt worden; er hatte deshalb die Dienstreisen nicht angetreten. Die Reisekostenrechnungen gelangten an das Bundeswehrdienstleistungszentrum A, das dem Antragsteller tatsächlich nicht entstandene Reisekosten in Höhe von insgesamt 163,20 € (4 x 40,80 €) erstattete.

38 Im Übrigen gibt der Geheimschutzbeauftragte hinsichtlich des Sachverhalts die Darstellung des Antragstellers wieder. Der Fehler sei dem Antragsteller, wie er auch bereits in dem Schreiben an das Bundeswehrdienstleistungszentrum vom ... erklärt habe, im Zuge einer zu schnellen "Abarbeitung" seiner Reisekostenabrechnungen für Dienstfahrten nach Z unterlaufen. Da er häufig entsprechende Kommandierungen abzurechnen habe, bei denen sich nur das Fahrdatum ändere, während die Zeiten und Entfernungen gleich blieben, sei ihm bei der Erledigung einer Mappe, in der er die Kommandierungen vor der Abrechnung ansammle, entgangen, dass er die Reise an den genannten vier Tagen nicht angetreten habe. Der Antragsteller habe die fehlerhaften Reisekostenabrechnungen auch nicht selbst zum Bundeswehrdienstleistungszentrum gesandt. Die Reisekostenabrechnungen hätten sich vielmehr in einer offenen Gittermappe auf dem Schreibtisch in dem Dienstzimmer, das sich der Antragsteller mit einem Oberstabsfeldwebel teilte, befunden. Er habe den Oberstabsfeldwebel zwar hin und wieder gebeten, Post zur Dienststelle mitzunehmen, was jedoch nur auf einen Auftrag im jeweiligen Einzelfall hin geschehen sei. Vorliegend habe der Oberstabsfeldwebel die Mappe mit den erstellten Reisekostenrechnungen selbstständig vom Schreibtisch genommen und auf den Weg gebracht, wobei er offenbar die Abrechnungen gesehen und deren Fehlerhaftigkeit erkannt und gemeldet habe.

39 Die Überschreitung des Tankkartenkontingents für steuerbefreites Benzin während der Auslandsverwendung in X betrifft eine - als solche vom Antragsteller eingeräumte - einmalige Überschreitung der Höchstgrenze von 200 Liter um ca. 80 bis 90 Liter durch die Ehefrau des Antragstellers im Dezember 2008.

40 bb) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Geheimschutzbeauftragte ... in diesem Sachverhalt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit erkannt hat (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG, Nr. 2414 Satz 1 Nr. 1 ZDv 2/30). Mit dieser Einschätzung hat der Geheimschutzbeauftragte weder den anzuwendenden Begriff noch den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt; er hat auch nicht allgemeingültige Wertmaßstäbe missachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt.

41 Der angefochtene Bescheid des Geheimschutzbeauftragten und die ergänzenden Ausführungen in dem Beschwerdebescheid und dem Vorlageschreiben des Bundesministeriums der Verteidigung begründen die Zweifel an der Zuverlässigkeit ausschlaggebend mit den Vorgängen um die vom Antragsteller erstellten unrichtigen Reisekostenabrechnungen vom 30. August 2012. Die hierzu gegebene Einschätzung trägt für sich genommen die Feststellung eines Sicherheitsrisikos. Auf den weiteren Vorwurf der (einmaligen) Überschreitung des Tankkartenkontingents im Jahre 2008 kommt es daher - sofern dieser nicht ohnehin im Laufe des Verfahrens stillschweigend fallengelassen worden sein sollte - nicht an.

42 Tatsächliche Anhaltspunkte, die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit und damit ein Sicherheitsrisiko begründen, können sich nach der Rechtsprechung des Senats unter anderem daraus ergeben, dass der Betroffene eine Straftat oder ein Dienstvergehen begangen hat (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. März 2008 - 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 Rn. 26 <Fall eines disziplinargerichtlich geahndeten Reisekostenbetrugs in Höhe von 260 €> und vom 30. Mai 2012 - 1 WB 58.11 - juris Rn. 35 m.w.N.) In Übereinstimmung hiermit nennt Hinweis Nr. 9 zu Nr. 2414 Satz 1 Nr. 1 ZDv 2/30 (Anlage C 18) als Beispiele für entsprechende Anhaltspunkte strafrechtliche Verfahren gegen den Betroffenen, insbesondere Verurteilungen, und Verstöße des Betroffenen gegen Dienstpflichten. Es handelt sich hierbei um typische Beispiele mit Indizcharakter, nicht jedoch - auch nicht in Verbindung mit den dort weiter genannten Beispielen - um eine abschließende Aufzählung. Maßgeblich bleibt stets der gesetzliche Tatbestand, der voraussetzt, dass tatsächliche Anhaltspunkte Zweifel an der Zuverlässigkeit begründen.

43 Auch die Tatsache, dass ein bestimmter Sachverhalt bereits Gegenstand eines Straf- oder Disziplinarverfahrens gewesen ist, das anders als mit einer Strafe oder Disziplinarmaßnahme abgeschlossen wurde, steht der Würdigung desselben Sachverhalts in einer Sicherheitsüberprüfung und ggf. der Feststellung eines Sicherheitsrisikos nicht entgegen. Dies folgt aus der sich vom Straf- und Disziplinarrecht unterscheidenden, nämlich präventiven, auf Gefahrenabwehr gerichteten Funktion des Sicherheitsüberprüfungsrechts. Dieser Funktion und dem hohen Rang der zu schützenden Rechtsgüter entspricht es, dass der Begriff des Sicherheitsrisikos bereits an das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für einen der Tatbestände des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SÜG anknüpft. Auf materiellrechtlicher Ebene ist schließlich die Gewichtung des § 14 Abs. 3 Satz 3 SÜG von Bedeutung, wonach im Zweifel das Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belangen hat; nicht anwendbar ist hingegen auch insoweit der Grundsatz "in dubio pro reo", auf den sich der Antragsteller beruft.

44 Die Einschätzung, dass das Verhalten des Antragstellers im Zusammenhang mit den unrichtigen Reisekostenabrechnungen vom 30. August 2012 Zweifel an dessen Zuverlässigkeit begründe, überschreitet danach nicht die Grenzen des dem Geheimschutzbeauftragten eingeräumten Beurteilungsspielraums.

45 Dies gilt - zum einen - hinsichtlich der Tatsache, dass diese Reisekostenabrechnungen überhaupt erstellt wurden. Zutreffend betont der Geheimschutzbeauftragte insoweit, dass es sich bei den unrichtigen Abrechnungen nicht bloß um "teilbefüllte Formulare" im Computer oder um ausgedruckte Entwürfe, sondern um vollständig ausgefüllte, datierte und unterschriebene Erstattungsanträge handelte, denen lediglich noch die Absendung an das Bundeswehrdienstleistungszentrum fehlte. Dem Antragsteller konnte deshalb zu Recht vorgehalten werden, dass er hierdurch zumindest den äußeren Anschein erweckte, er bereite einen Abrechnungsbetrug vor, dass er aber auch bei Zugrundelegung seiner Darstellung, er habe die fertiggestellten Anträge noch einmal überprüfen wollen, ein äußerst leichtfertiges Verhalten an den Tag legte.

46 Nicht zu beanstanden ist ferner, dass die Zweifel an der Zuverlässigkeit - zum anderen - darauf gestützt wurden, der Antragsteller habe die fertiggestellten unrichtigen Reisekostenabrechnungen in einer Gittermappe offen und ungesichert auf dem Schreibtisch in einem gemeinsam genutzten Büro liegen lassen, zumal er dem Oberstabsfeldwebel, mit dem er das Dienstzimmer teilte, misstraut habe; der Antragsteller sei auf diese Weise mit wichtigen dienstlichen Unterlagen nicht sorgfältig genug umgegangen. Dieser Vorwurf wird durch den Einwand des Antragstellers, dass er die Gittermappe nicht in den Postausgangsbereich gelegt und keinen Auftrag, sie abzusenden, erteilt habe, nicht entkräftet. Denn mit der leichtfertigen Erstellung unrichtiger, aber bereits unterschriebener Reisekostenabrechnungen schaffte der Antragsteller selbst eine Risikolage, die ihn dazu verpflichtete, dieses Risiko im Griff zu halten und zu verhindern, dass die fehlerhaften Anträge in den Verkehr kommen. Diesen Sorgfaltsanforderungen genügte der Antragsteller, indem er die Unterlagen ungeschützt auf dem Schreibtisch liegen ließ, ersichtlich nicht. Das Bundesministerium der Verteidigung verweist insoweit zu Recht darauf, dass der Antragsteller bei realistischer Betrachtung des Dienstbetriebs damit habe rechnen müssen, dass Mitarbeiter, Vorgesetzte oder andere Personen offen auf dem Schreibtisch liegende Vorgänge einsehen und gegebenenfalls auch weiterbetreiben könnten, wie etwa durch das Absenden vermeintlich fertiggestellter Unterlagen.

47 Bei der Einschätzung der Person des Antragstellers durfte der Geheimschutzbeauftragte die Stellungnahme von dessen Disziplinarvorgesetzten, dem Kommandeur ..., heranziehen, der auf die Bedeutung einer zweifelsfrei vorliegenden Zuverlässigkeit für die herausgehobene Position des Flugsicherheitsoffiziers und auf spürbare Beeinträchtigungen der allgemeinen dienstlichen Leistungsfähigkeit des Antragstellers hinwies, die er auf mehrfache dienstliche Enttäuschungen und das damals laufende Scheidungsverfahren des Antragstellers zurückführte. Es ist nicht erkennbar, dass sich der Disziplinarvorgesetzte bei dieser abgewogenen, auch die Stärken des Antragstellers benennenden Stellungnahme von sachfremden Motiven oder persönlichen Animositäten hat leiten lassen. Insbesondere lassen sich sachfremde Motive nicht aus der Tatsache ableiten, dass der Disziplinarvorgesetzte nach Darstellung des Antragstellers ab April 2013 seine, des Antragstellers, Wegversetzung von seinem bisherigen Dienstposten betrieben habe; der Wunsch, den Antragsteller anderweitig zu verwenden, erscheint durchaus nachvollziehbar, nachdem dieser bereits seit November 2012 wegen der gegen ihn laufenden Ermittlungen vorläufig von seinen sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten und Berechtigungen entbunden worden war.

48 Das dem Antragsteller vorgeworfene sorgfaltswidrige und leichtfertige Verhalten mit den Abrechnungsunterlagen weist schließlich einen hinreichenden Bezug zum Verschlusssachenschutz auf, um Zweifel daran zu rechtfertigen, dass dem Antragsteller unbedenklich eine entsprechende sicherheitsempfindliche Tätigkeit anvertraut werden kann.

49 cc) Auf dieser Grundlage ist auch die getroffene negative Prognose nicht zu beanstanden (vgl. zum prognostischen Element bei der Feststellung eines Sicherheitsrisikos BVerwG, Beschluss vom 11. März 2008 - 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 Rn. 31 ff.). Der Beschwerdebescheid und das Vorlageschreiben des Bundesministeriums der Verteidigung stellen hierzu insbesondere auf das teils widersprüchliche, insgesamt schwer kalkulierbare Persönlichkeitsbild des Antragstellers ab, das sich bei dessen Umgang mit den fehlerhaften Reisekostenabrechnungen gezeigt habe und eine hinreichend verlässliche positive Prognose derzeit nicht gestatte. Mit dieser Einschätzung hat der Geheimschutzbeauftragte die Grenzen seines Beurteilungsspielraums nicht überschritten. Die für den Antragsteller sprechenden Gesichtspunkte - insbesondere seine langjährige Bewährung in verantwortlicher und sicherheitsrelevanter Funktion - hat der Geheimschutzbeauftragte mit der Zulassung der Wiederholungsprüfung bereits nach zwei Jahren und damit im Sinne einer deutlichen Verkürzung der regelmäßigen Frist von fünf Jahren (Nr. 2710 Abs. 2 Satz 1 ZDv 2/30) berücksichtigt. Er hat damit zugleich einzelfallbezogen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen.

50 dd) Verfahrensfehler sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Insbesondere wurde der Antragsteller nicht nur schriftlich, sondern auch persönlich durch den Geheimschutzbeauftragten angehört (§ 6 Abs. 1 SÜG).

51 ee) Keine rechtlichen Bedenken bestehen schließlich dagegen, dass der Geheimschutzbeauftragte die Feststellung eines Sicherheitsrisikos auch auf die Verwendung des Antragstellers in sicherheitsempfindlicher Tätigkeit der Überprüfungsart Ü 1 (Verschlusssachenschutz) erstreckt hat. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Antragstellers und für die Risikoeinschätzung ergeben sich insoweit keine abweichenden Gesichtspunkte.