Beschluss vom 21.03.2005 -
BVerwG 7 B 7.05ECLI:DE:BVerwG:2005:210305B7B7.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.03.2005 - 7 B 7.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:210305B7B7.05.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 7.05

  • VG Dresden - 07.10.2004 - AZ: VG 7 K 146/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. März 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht K l e y und K r a u ß
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 7. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Die Kläger beanspruchen die Rückübertragung von zwei ehemaligen Unternehmensgrundstücken an die Liquidationsgesellschaft, die Trägerin des Unternehmens war. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage abgewiesen, weil der Verkauf der Grundstücke durch den Liquidator der Gesellschaft keine Schädigungsmaßnahme im Sinne des § 1 des Vermögensgesetzes - VermG - sei.
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Es liegen weder die nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerügten Verfahrensmängel vor (1.), noch weist die Rechtssache die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf (2.).
1. a) Die Kläger rügen eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des erkennenden Gerichts nach § 138 Abs. 1 Nr. 1 VwGO und damit eine Verletzung ihres Anspruchs auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, weil nach den Regelungen des Geschäftsverteilungsplans des Verwaltungsgerichts Dresden anstelle des offensichtlich verhinderten Kammervorsitzenden die Richterin am Verwaltungsgericht D. als erste Beisitzerin den Vorsitz habe führen müssen und nicht - wie geschehen - der Richter am Verwaltungsgericht G. Dieser habe zudem nicht einmal am Verfahren mitwirken dürfen, weil er einer anderen Kammer angehöre, die nicht zur Vertretung der erkennenden Kammer berufen gewesen sei.
Die Besetzungsrüge ist nicht berechtigt. Wie sich aus den mit den dienstlichen Erklärungen der an der Entscheidung beteiligten Richter vorgelegten Präsidiumsbeschlüssen vom 26. Februar 2004 und 9. März 2004 ergibt, ist Richter am Verwaltungsgericht Groschupp zum 1. März 2004 der erkennenden Kammer als weiterer Berichterstatter zugeteilt und am 9. März 2004 zum Vertreter des Vorsitzenden bestimmt worden. Demgemäß war die Kammer bei der von den Klägern angegriffenen Entscheidung ordnungsgemäß besetzt.
b) Ebenso wenig begründet ist die vorsorglich erhobene Rüge der Kläger, das Urteil sei entgegen § 116 Abs. 2 VwGO nicht binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung vom 7. Oktober 2004 der Geschäftsstelle übergeben worden. Ausweislich der Gerichtsakte sind der Urteilstenor am 8. Oktober 2004 und das vollständige Urteil am 12. Oktober 2004 und damit innerhalb der Frist bei der Geschäftsstelle eingegangen.
c) Gleichfalls zu Unrecht rügen die Kläger eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
Dieser Verfahrensmangel soll darin begründet liegen, dass das Verwaltungsgericht sich nicht mit dem Vorbringen der Kläger
- zur Inverwaltungnahme des Gesellschaftsvermögens am 21. April 1953, und nicht der Gesellschaftsanteile,
- zur Zuständigkeit des Rats der Stadt Leipzig nur für Inverwaltungnahme des Gesellschaftsvermögens, nicht für Inverwaltungnahme der Gesellschafteranteile,
- zur Übersendung des die Inverwaltungnahme von Gesellschafteranteilen begründenden Formulars B erst am 1. März 1956,
- zu dem auf den Willen der Gesellschafter zum Behalten der Immobilien hinweisenden Schreiben des Rechtsanwalts Dr. Z. vom 7. Juli 1954 und dem Vermerk von Dr. B. vom 8. September 1972,
- zu der auf einen manipulativen Charakter hindeutenden Nichteinholung der Zustimmung des Rates der Stadt Leipzig beim Verkauf des Grundstücks im Jahre 1970 und
- zur Unübertragbarkeit der Liquidatorenstellung
befasst habe.
Diese Vorwürfe sind nicht berechtigt. Abgesehen davon, dass die Gerichte nicht verpflichtet sind, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 22, 267 <274>; stRspr), hat das Verwaltungsgericht sich mit der Frage der Inverwaltungnahme des Gesellschaftsvermögens durchaus befasst und sie verneint. Dass es dabei nicht den Vorstellungen der Kläger gefolgt ist und den von ihnen genannten Indizien nicht dieselbe Beweiskraft zugemessen hat wie sie, begründet noch keinen Verstoß gegen § 108 Abs. 2 VwGO oder Art. 103 Abs. 1 GG. Das Verwaltungsgericht setzt sich auch ausdrücklich mit dem angeblich einem Verkauf der Grundstücke entgegenstehenden Willen der Gesellschafter auseinander und erklärt diesen im Ergebnis für unerheblich, weil der Liquidator im Rahmen der ihm obliegenden gesetzlichen Pflichten gehandelt habe. Deshalb kam es aus der Sicht des Gerichts im Ergebnis auch nicht auf die Schreiben des Rechtsanwalts Dr. Z. und den Vermerk von Dr. B. an. Dass das Verwaltungsgericht nicht ausdrücklich auf den Vortrag eingegangen ist, dass der Grundstückskaufvertrag ohne die vorherige Zustimmung der Abteilung Verwaltung staatlichen Eigentums des Rats der Stadt Leipzig abgeschlossen worden sei, deutet ebenfalls nicht auf einen Verfahrensmangel hin; denn es liegt mehr als fern, dass damit eine Manipulation zu Lasten der Gesellschaft ermöglicht werden sollte. Ebenso an den tatsächlichen Gegebenheiten geht die Rüge vorbei, dass der Vortrag zur Unübertragbarkeit der Liquidatorenstellung nicht berücksichtigt worden sei. Zu Recht weist der Beklagte darauf hin, dass nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts sämtliche Gesellschaftsanteile unter staatlicher Verwaltung standen und damit auch die Bestellung eines neuen Liquidators, an der der vorläufige Verwalter ausweislich des Urteils des Verwaltungsgerichts maßgeblich beteiligt war, selbst unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung geäußerten rechtlichen Einwände der Kläger unproblematisch war.
d) Aus den Ausführungen zu c) ergibt sich zugleich, dass der in demselben Zusammenhang gerügte Verstoß gegen eine ordnungsgemäße richterliche Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht berechtigt ist; denn es trifft nicht zu, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidungsfindung von einem unvollständigen oder unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist. Dasselbe gilt für den angeblichen Verstoß gegen die Begründungspflicht nach § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO; denn es ist nicht erkennbar, dass das Verwaltungsgericht in seiner Urteilsbegründung zentrales Parteivorbringen unberücksichtigt gelassen hat.
2. Schließlich weist die Rechtssache auch nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf.
Die Kläger halten für grundsätzlich klärungsbedürftig,
ob im Rahmen der Entziehungstatbestände gemäß § 1 Abs. 1 Buchst. c oder § 1 Abs. 3 VermG das Handeln eines staatlichen Zwangsverwalters, der anstelle des zuvor von den Gesellschaftern einer GmbH auf der Grundlage des Liquidationsbeschlusses bestellten Liquidators die Verwaltung des Gesellschaftsvermögens übernimmt, dem Handeln des von den Gesellschaftern bestellten und deren Weisungen unterliegenden Liquidators gleichgestellt werden könne.
Diese Frage verleiht der Rechtssache schon deswegen keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie in einem Revisionsverfahren so generell nicht zu beantworten wäre. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts hat der staatliche Verwalter bei dem Verkauf der umstrittenen Grundstücke als Liquidator den von den Gesellschaftern gefassten Liquidationsbeschluss ausgeführt. Dass dies keine Eigentumsentziehung im Sinne des § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG ist, liegt auf der Hand und bedarf zur Klärung keiner Durchführung eines Revisionsverfahrens. Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus festgestellt, dass der Grundstücksverkauf auch keine unlautere Machenschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG gewesen sei, weil der staatliche Verwalter im Rahmen der einem Liquidator obliegenden gesetzlichen Pflichten gehandelt habe. Ausgehend davon gibt es keinen weiteren rechtlichen Klärungsbedarf; denn maßgeblich ist allein, dass das konkrete Handeln des staatlichen Verwalters nicht unlauter im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG war, nicht aber, ob das Handeln eines als Liquidator tätigen staatlichen Verwalters allgemein dem eines von den Gesellschaftern bestellten Liquidators gleichgesetzt werden kann.
Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 i.V.m. § 159 Satz 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und Abs. 4 sowie § 72 Nr. 1 GKG.