Verfahrensinformation

Die Klägerin ist Eigentümerin eines bundesweiten Telekommunikationsnetzes auf Festnetzbasis. Sie schließt mit Wettbewerbern auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen Verträge u.a. über den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung als Teil der Teilnehmeranschlussleitung. Diese Verträge enthielten jeweils Klauseln, nach denen die Leistungspflicht der Klägerin erst ab dem Zeitpunkt entstehe, ab dem eine Genehmigung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (Regulierungsbehörde) der Beklagten hinsichtlich des für die jeweilige Leistung von der Klägerin verlangten Entgeltes vorliege. Die Klägerin änderte diese Klausel später dahin ab, dass ihre Leistungspflicht ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehe und der Vertragspartner die Gegenleistung für vor der Erteilung einer Entgeltgenehmigung erbrachte Leistungen innerhalb von zwei Wochen nach Genehmigungserteilung zu erbringen habe. Die Regulierungsbehörde beanstandete diese Klauseln als missbräuchlich und untersagte ihre weitere Verwendung, nachdem die Klägerin erklärt hatte, dass sie der Beanstandung nicht Rechnung tragen werde. Das Verwaltungsgericht hat die Bescheide insoweit aufgehoben, als sie sich auf die zuletzt genannte Vertragsklausel beziehen. Das im Wege der Sprungrevision von der Klägerin und der Beklagten angerufene Bundesverwaltungsgericht wird darüber zu befinden haben, ob die streitigen Vertragsklauseln als missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung der Klägerin anzusehen sind.


Pressemitteilung Nr. 5/2004 vom 21.01.2004

Verpflichtung der Telekom zur sofortigen Gewährung des Netzzugangs und Rückwirkung der Entgeltgenehmigung

Das Bundesverwaltungsgericht hat heute über Klagen der Deutschen Telekom AG gegen Bescheide der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post im Rahmen der so genannten Missbrauchsaufsicht entschieden. Die Klägerin schließt mit Wettbewerbern auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen Verträge u.a. über den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung als Teil der Teilnehmeranschlussleitung. Diese Verträge enthielten jeweils Klauseln, nach denen die Leistungspflicht der Klägerin erst ab dem Zeitpunkt entstand, zu dem eine Genehmigung der Regulierungsbehörde hinsichtlich des von der Klägerin verlangten Entgeltes vorlag. Die Klägerin änderte diese Klausel später dahin ab, dass ihre Leistungspflicht ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses besteht und der Vertragspartner das Entgelt für vereinbarte Leistungen, die sie vor Erteilung einer Entgeltgenehmigung erbracht hat, nach Genehmigungserteilung zu erbringen hat. Die Regulierungsbehörde beanstandete beide Klauseln als missbräuchlich und untersagte ihre weitere Verwendung.


Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass eine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung nur hinsichtlich der Vertragsklausel gegeben ist, nach der eine Leistungspflicht der Klägerin erst ab dem Ergehen der Entgeltgenehmigung besteht:


Hinsichtlich der die Entgeltleistungspflicht der Wettbewerber der Klägerin betreffenden Vertragsklausel sind die Bescheide nicht gerechtfertigt. Es handelt sich um eine Bedingung der Gewährung des Netzzugangs, die im Einklang mit den Vorgaben des Telekommunikationsgesetzes steht. Die Genehmigung der Entgelte für die hier von der Klägerin zu erbringenden Netzzugangsleistungen wirkt auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages zurück, in dem diese Entgelte vereinbart worden sind. Deshalb kann die Klägerin nach Ergehen der Entgeltgenehmigung für vereinbarte Leistungen, die sie zuvor erbracht hat, das genehmigte Entgelt nachträglich verlangen.


Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden. Durch die ihre Leistungspflicht einschränkende Klausel hat die Klägerin den Anspruch der Wettbewerber auf Netzzugang ungerechtfertigt und missbräuchlich eingeschränkt. Die Klägerin ist grundsätzlich nach dem bürgerlichen Recht in Verbindung mit dem Telekommunikationsgesetz bereits ab Vertragsschluss zur Leistungserbringung verpflichtet.


BVerwG 6 C 1.03 - Urteil vom 21.01.2004

BVerwG 6 C 2.03 - Urteil vom 21.01.2004


Urteil vom 21.01.2004 -
BVerwG 6 C 2.03ECLI:DE:BVerwG:2004:210104U6C2.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 21.01.2004 - 6 C 2.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:210104U6C2.03.0]

Urteil

BVerwG 6 C 2.03

  • VG Köln - 28.11.2002 - AZ: VG 1 K 6997/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 21. Januar 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. H a h n , B ü g e , Dr. G r a u l i c h und V o r m e i e r
für Recht erkannt:

  1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit sich die in dem Bescheid der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post vom 17. September 2001 enthaltenen Untersagungen in Nummer 1 und Nummer 2 und die Zwangsgeldandrohung in Nummer 3 des Bescheidtenors auf Vereinbarungen über Carrier-Express-Entstörung, Bereitstellung von Raumlufttechnik und "zusätzliche Leistungen zu besondere Zeiten" beziehen. Insoweit ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 28. November 2002 wirkungslos.
  2. Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 28. November 2002 werden zurückgewiesen.
  3. Die Klägerin und die Beklagte tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte.

I


Die Klägerin ist Eigentümerin eines bundesweiten Telekommunikationsfestnetzes und Anbieterin von Telekommunikationsdienstleistungen. Sie schließt mit anderen Anbietern solcher Leistungen Verträge u.a. über den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung als Teil der Teilnehmeranschlussleitung. Darüber hinaus trifft sie Vereinbarungen u.a. über die Bereitstellung von Raumlufttechnik, Carrier-Express-Entstörung und "zusätzliche Leistungen zu besonderen Zeiten". Die genannten Verträge enthielten jeweils Klauseln, nach denen die Leistungspflicht der Klägerin erst ab dem Zeitpunkt entsteht, zu dem eine Genehmigung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (Regulierungsbehörde) der Beklagten hinsichtlich des für die jeweilige Leistung von der Klägerin verlangten Entgelts vorliegt. Die Klägerin änderte diese Klausel später dahin ab, dass ihre Leistungspflicht ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses besteht und der Vertragspartner die Gegenleistung für vor der Erteilung einer Entgeltgenehmigung erbrachte Leistungen innerhalb von zwei Wochen nach Genehmigungserteilung nachträglich zu erbringen hat.
Mit Bescheid vom 9. August 2001 forderte die Regulierungsbehörde die Klägerin auf, aus der zuerst genannten Klausel in abgeschlossenen Verträgen keine Rechte geltend zu machen und solche Klauseln künftig nicht mehr zu verwenden (Nummer 1 des Bescheidtenors). Darüber hinaus enthielt der Bescheid die Aufforderung, auf die die Pflicht zur Nachzahlung von Entgelten betreffende Klausel zu verzichten (Nummer 2 des Bescheidtenors).
Nachdem die Klägerin erklärt hatte, dass sie den Aufforderungen nicht Rechnung tragen werde, erließ der Beklagte den Bescheid vom 17. September 2001. In Nummer 1 des Tenors dieses Bescheides untersagte sie das in Nummer 1 des Bescheids vom 9. August 2001 beanstandete Verhalten, in Nummer 2 des Bescheidtenors das in der entsprechenden Nummer des vorangegangenen Bescheides beanstandete Verhalten. Darüber hinaus drohte sie für den Fall der Zuwiderhandlung jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 2 000 DM an (Nummer 3 des Bescheidtenors).
Die Klägerin hat gegen beide Bescheide in getrennten Verfahren Klage erhoben. Der Bescheid vom 9. August 2001 ist Gegenstand des mit Urteil des Senats vom heutigen Tag entschiedenen Verfahrens BVerwG 6 C 1.03 .
Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid vom 17. September 2001 insoweit aufgehoben, als die Klägerin in Nummer 2 des Bescheidtenors aufgefordert wird, auf die die Nachzahlung der Entgelte betreffende Klausel zu verzichten. Darüber hinaus hat es die Zwangsgeldandrohung insoweit aufgehoben, als sie sich auf die aufgehobene Aufforderung bezieht. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts die von dem Gericht zugelassene Sprungrevision insoweit eingelegt, als die Klage abgewiesen wurde. Die Beklagte hat Sprungrevision insoweit eingelegt, als das Gericht den Bescheid vom 17. September 2001 aufgehoben hat.
Die Beteiligten haben den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit sich der angefochtene Bescheid auf Klauseln in Vereinbarungen über Carrier-Express-Entstörung, Bereitstellung von Raumlufttechnik und "zusätzliche Leistungen zu besonderen Zeiten" bezieht.

II


Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 141 und 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Die Vorentscheidungen sind in diesem Umfang wirkungslos (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
In dem noch entscheidungsbedürftigen Umfang erweisen sich die zulässigen Sprungrevisionen als unbegründet, so dass sie zurückzuweisen sind (§ 144 Abs. 2 VwGO).
Soweit sich die Klage gegen Auflagen richtet, die sich auf Klauseln in Verträgen über den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung beziehen, ist die Klage zulässig und in dem vom Verwaltungsgericht angenommen Umfang begründet.
Die Klage ist begründet, soweit sich der angefochtene Bescheid gegen diejenige Klausel richtet, wonach der jeweilige Vertragspartner der Klägerin verpflichtet ist, für vor der Entgeltgenehmigung von der Klägerin erbrachte vertraglich vereinbarte Leistungen nach Genehmigungserteilung das genehmigte Entgelt zu entrichten. Die Klägerin ist aus den Gründen des den Bescheid vom 9. August 2001 betreffenden Urteils des Senats vom heutigen Tag (BVerwG 6 C 1.03 ) nicht berechtigt, diese Klausel zu beanstanden. Deshalb ist auch für die auf die Klausel gerichtete Auflage in dem angefochtenen Bescheid kein Raum. Insoweit erweist sich die in dem angefochtenen Bescheid enthaltene Zwangsgeldandrohung auf der Grundlage des § 13 i.V.m. § 11 des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes (VwVG) vom 27. April 1953 (BGBl I S. 157), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 1997 (BGBl I S. 3039), als rechtswidrig. Die Revision der Beklagten ist deshalb unbegründet.
Soweit sich der angefochtene Bescheid auf die Klausel bezieht, nach der die Klägerin ihre vertraglich vereinbarten Leistungen erst ab Erteilung der Entgeltgenehmigung zu erbringen hat, ist die Klage hingegen unbegründet. Der Senat hat in seinem Urteil vom heutigen Tag in dem Verfahren BVerwG 6 C 1.03 entschieden, dass die Beklagte berechtigt war, diese Klausel zu beanstanden. Deshalb war sie auch berechtigt, die Klägerin aufzufordern, auf diese Klausel zu verzichten. Die Androhung eines Zwangsgelds ist mithin ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Revision der Klägerin erweist sich deshalb als unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO entsprechend und § 154 Abs. 2 VwGO.
Bardenhewer Hahn Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Büge
kann wegen Urlaubs
nicht unterschreiben.
Bardenhewer
Graulich Vormeier