Beschluss vom 20.12.2006 -
BVerwG 1 B 84.06ECLI:DE:BVerwG:2006:201206B1B84.06.0

Beschluss

BVerwG 1 B 84.06

  • OVG Rheinland-Pfalz - 10.03.2006 - AZ: OVG 10 A 10665/05.OVG

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Dezember 2006
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Richter und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht Beck
beschlossen:

  1. Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt ..., ..., beigeordnet.
  2. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 10. März 2006 wird aufgehoben.
  3. Die Revision wird zugelassen.
  4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

Gründe

1 Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts liegen vor (§ 166 VwGO, § 114 ff., § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

2 Die Beschwerde der Beklagten ist zulässig. Die Beklagte hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie ohne Verschulden verhindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten. Ihr ist deshalb Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 60 VwGO zu gewähren.

3 Die Beschwerde ist auch begründet. Das Urteil des Berufungsgerichts weicht, wie die Beschwerde zu Recht geltend macht, von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab (Urteile vom 24. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 3.95 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 180 und vom 22. Februar 2005 - BVerwG 1 C 17.03 - BVerwGE 123, 18; vgl. auch Urteil vom 8. Februar 2005 - BVerwG 1 C 29.03 - BVerwGE 122, 376 = Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 1). Nach dieser kommt eine Flüchtlingsanerkennung nach § 60 Abs. 1 AufenthG grundsätzlich nur bei Verfolgung im Staat der Staatsangehörigkeit oder - bei Staatenlosen - im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts in Betracht. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Kläger von der Türkei ausgebürgert worden ist und von einer späteren Wiedereinbürgerungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Gleichwohl hat es dem Kläger - ohne Feststellungen zur Asylerheblichkeit der Ausbürgerung - den Flüchtlingsstatus wegen drohender Verfolgung durch den türkischen Staat zuerkannt. Damit setzt sich das Berufungsgericht in einen rechtsgrundsätzlichen Widerspruch zu der angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.

4 Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht auf dieser Abweichung.
Rechtsmittelbelehrung
Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 1 C 48.06 fortgesetzt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091) einzureichen.
Für den Revisionskläger besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Der Revisionskläger muss sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften ferner durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. In derselben Weise muss sich jeder Beteiligte vertreten lassen, soweit er einen Antrag stellt.