Beschluss vom 20.01.2004 -
BVerwG 7 B 118.03ECLI:DE:BVerwG:2004:200104B7B118.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.01.2004 - 7 B 118.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:200104B7B118.03.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 118.03

  • VG Dresden - 20.08.2003 - AZ: VG 14 K 867/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Januar 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht H e r b e r t und N e u m a n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 20. August 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 175 598 € festgesetzt.

Die Kläger begehren die Feststellung ihrer Berechtigung, die Auskehr des Erlöses aus der investiven Veräußerung eines Grundstücks an sich zu verlangen. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage abgewiesen, weil die Enteignung des in Rede stehenden Grundstücks keine unlautere Machenschaft dargestellt habe. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Kläger ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Das angefochtene Urteil weicht nicht im Verständnis von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ab, welche die Kläger bezeichnet haben.
a) In seinem Beschluss vom 10. Juni 2003 - BVerwG 8 B 32.03 - (ZOV 2003, 273) hat das Bundesverwaltungsgericht den abstrakten Rechtssatz aufgestellt, es müsse aktenkundig sein, mit welcher Begründung das Gericht einen förmlichen Beweisantrag abgelehnt habe; soweit das Gericht die Begründung nicht in die Sitzungsniederschrift aufnehme, müsse es sie in den Entscheidungsgründen darlegen. Das Verwaltungsgericht hat einen gegenteiligen Rechtssatz weder ausdrücklich noch der Sache nach aufgestellt. Vielmehr hat es bereits in der Sitzungsniederschrift als Begründung für die Ablehnung der Beweisanträge angeführt, die unter Beweis gestellten Tatsachen seien nach seiner Rechtsauffassung nicht entscheidungserheblich. In den Entscheidungsgründen des Urteils hat das Verwaltungsgericht jeweils näher dargelegt, warum es gemeint hat, ausgehend von seiner Rechtsauffassung den unter Beweis gestellten Tatsachen nicht weiter nachgehen zu müssen.
b) Die Kläger entnehmen dem Beschluss vom 4. Januar 1994 - BVerwG 7 B 99.93 - (Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 12) sowie den Urteilen vom 28. Juli 1994 - BVerwG 7 C 41.93 - (Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 28), vom 31. August 1995 - BVerwG 7 C 39.94 - (Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 53), vom 5. März 1998 - BVerwG 7 C 8.97 - (Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 140) und - BVerwG 7 C 30.97 - (BVerwGE 106, 210 = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 142) den abstrakten Rechtssatz, eine machtmissbräuchliche Enteignung komme in Betracht, wenn feststehe, dass keine notwendigen Baukennziffern für ein angebliches Bauvorhaben bereitgestellt worden seien und im Volkswirtschaftsplan keine Baumaßnahme für das enteignete Grundstück vorgesehen gewesen sei.
Zwar behandeln die von den Klägern benannten Entscheidungen sämtlich die vom Verwaltungsgericht erörterte Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Enteignung nach dem Aufbaugesetz oder dem Baulandgesetz eine unlautere Machenschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG darstellt. Sie beruhen übereinstimmend auf der auch vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Rechtsauffassung, willkürlich und deshalb machtmissbräuchlich sei eine Enteignung insbesondere in den Fällen, in denen ihr ein gesetzlich zugelassener Enteignungszweck offensichtlich nicht zugrunde gelegen habe und die staatlichen Organe in Ausnutzung ihrer Machtstellung eine formelle Rechtsgrundlage nur vorgeschoben hätten, um zu gänzlich anderen Zwecken das Eigentum an dem Vermögenswert zu erlangen, ferner in den Fällen, in denen der wahrheitsgemäß angegebene Zweck der Inanspruchnahme offenkundig von keiner Rechtsgrundlage gedeckt sein konnte, der Enteignungsbeschluss also nur den äußeren Schein einer gesetzmäßigen Vermögensentziehung begründen sollte.
Welche Bedeutung es in diesem Zusammenhang hat, wenn für ein angebliches Bauvorhaben keine notwendigen Baukennziffern bereitgestellt waren oder für ein enteignetes Grundstück im Volkswirtschaftsplan keine Baumaßnahme vorgesehen war, ist indes weder im Beschluss vom 4. Januar 1994 noch in den Urteilen vom 28. Juli 1994 und vom 31. August 1995 erörtert. Lediglich das Urteil vom 5. März 1998 (Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 140) behandelt den Umstand, dass für das behauptete Vorhaben notwendige Baukennziffern nicht bereitgestellt waren, neben anderen Indizien als möglichen Anhaltspunkt dafür, der behauptete Enteignungszweck könne nur vorgeschoben gewesen sein. Ebenso wird in dem Urteil vom 5. März 1998 (Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 142), ausgehend von der seinerzeit herangezogenen Enteignungsgrundlage, als ein Indiz für eine beabsichtigte Gesetzesumgehung der Umstand erwähnt, dass die in Rede stehende Baumaßnahme nicht in einem Plan vorgesehen gewesen sei. Welche Bedeutung derartigen Anhaltspunkten für eine manipulative und machtmissbräuchliche Enteignung zukommt, hat jedoch keinen Niederschlag in über den konkreten Fall hinausweisenden abstrakten Rechtssätzen gefunden.
Das Verwaltungsgericht hat hier festgestellt, dass der angegebene Enteignungszweck von einer Rechtsgrundlage gedeckt war. Es hat ferner festgestellt, dass das Vorhaben "Garagenkomplexstandort" als Aufbaumaßnahme vorgesehen gewesen sei, die Errichtung der insgesamt geplanten 138 Garagen im Zeitpunkt der Enteignung noch nicht vollständig verwirklicht war und die rechtliche Absicherung des "Garagenkomplexstandortes" den Entzug des Eigentums erforderlich machte. Wenn es namentlich aus der tatsächlichen endgültigen Verwirklichung der Maßnahme nach Enteignung des Grundstücks darauf geschlossen hat, der angegebene Enteignungszweck sei nicht nur vorgeschoben gewesen, ist dies keine Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalles, die mit einem abstrakten Rechtssatz in einem der genannten Urteile nicht vereinbar wäre.
2. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf dem gerügten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Kläger machen als Verfahrensfehler nur geltend, das Verwaltungsgericht habe die Ablehnung ihrer Beweisanträge nicht begründet. Das trifft indes nicht zu, wie bereits zur Divergenzrüge ausgeführt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.