Beschluss vom 19.06.2007 -
BVerwG 2 B 60.07ECLI:DE:BVerwG:2007:190607B2B60.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 19.06.2007 - 2 B 60.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:190607B2B60.07.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 60.07

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 28.02.2007 - AZ: OVG 21d A 2039/05.BDG

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. Juni 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller und Groepper
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 69 BDG, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet. Der Sache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Eine solche Bedeutung kommt einer Frage nur dann zu, wenn sie das revisible Recht betrifft, von fallübergreifender Bedeutung ist, sich in allgemeiner Form klären lässt, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit und der Fortentwicklung des Rechts einer Klärung bedarf (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 11. August 1999 - BVerwG 11 B 61.98 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19). Daran fehlt es hier.

2 Die Beklagte hält die Frage für klärungsbedürftig, ob der Beklagten bei objektiver Gewichtung des Dienstvergehens und Abwägung aller feststehenden belastenden und entlastenden Umstände noch vertraut werden könne, ihren Dienst zukünftig pflichtgemäß zu verrichten.

3 Mit dieser Frage umreißt die Beschwerde keine Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung, sondern stellt in Frage, ob das Berufungsgericht aus den von ihm festgestellten Tatsachen zu Recht den Schluss gezogen hat, die Beklagte habe aufgrund des ihr nachgewiesenen schweren Dienstvergehens das Vertrauen ihres Dienstherrn endgültig verloren und sei deshalb aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§ 13 Abs. 2 Satz 1 BDG). Dies ist eine Frage des Einzelfalles, die sich einer rechtsgrundsätzlichen Klärung entzieht.

4 Zudem hat das Bundesverwaltungsgericht die hierbei anzulegenden Maßstäbe wiederholt dargelegt. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Den Bedeutungsgehalt dieser gesetzlichen Begriffe, an denen die Tatbestandsmerkmale des § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG („schweres Dienstvergehen“ und „endgültiger Vertrauensverlust“) anknüpfen, hat der Senat in dem Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.> näher bestimmt. Danach ist maßgebendes Kriterium für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tat (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens. Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor und nach der Tat. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten entspricht oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 BDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

5 Die Beschwerde zeigt nicht in einer den Darlegungserfordernissen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise auf, dass der Fall über diese allgemeinen Maßstäbe hinaus Fragen aufwirft, die einer generellen Klärung in einem Revisionsverfahren bedürften. Vielmehr greift die Beschwerde nach Art einer Revision die der Bemessung der Disziplinarmaßnahme vorausgehende Würdigung des Berufungsgerichts an, die sie für unzutreffend hält.

6 Nicht hinreichend dargelegt ist auch die weitere Frage, ob einem Beamten ein Anspruch auf Zuweisung eines Teilzeitarbeitsplatzes zustehe, der sich für Angestellte und Arbeiter aus dem „Teilzeit- und Befristungsgesetz“ ergebe. Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, inwieweit sich hier anwendbare Vorschriften des Beamtenrechts von solchen des Tarifrechts für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes unterscheiden und inwiefern eine etwa bestehende Abweichung Fragen aufwirft, die einer rechtsgrundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren bedürften. Zudem fehlt es an einer Darlegung, wieso diese Frage die Feststellung des ungenehmigten Fernbleibens vom Dienst entkräften und damit für den Fall der Beklagten von Bedeutung sein könnte.

7 Soweit die Beschwerde behauptet, das Berufungsgericht sei von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen oder habe den tatsächlichen Sachverhalt nicht zutreffend wiedergegeben, hat sie die Voraussetzungen einer Verletzung der Aufklärungspflicht des Gerichts oder eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten - Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO - ebenfalls nicht dargetan. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass dem Berufungsgericht ein derartiger Verfahrensmangel unterlaufen ist. Der Sache nach beanstandet die Beklagte, dass das Berufungsgericht den zwischen den Beteiligten zur Frage der Beurlaubung ohne Dienstbezüge gewechselten Schriftverkehr disziplinarrechtlich anders gewürdigt hat, als die Beklagte dies für geboten hält. Sie legt jedoch nicht dar, dass das Berufungsgericht ein wesentliches Element des Streitstoffes unaufgeklärt gelassen oder eine rechtserhebliche Tatsache nicht zur Kenntnis genommen hat. Zu der Frage, ob die Klägerin der Beklagten eine „Option“ eingeräumt und aufrechterhalten hatte, mit einer von ihrer disziplinarrechtlichen Verantwortung befreienden Wirkung jederzeit auch rückwirkend eine Beurlaubung ohne Dienstbezüge zu beantragen, hat das Berufungsgericht überdies eingehend Stellung genommen (UA S. 26 ff.).

8 Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 4 BDG, § 154 Abs. 2 VwGO.