Beschluss vom 19.06.2003 -
BVerwG 5 B 25.03ECLI:DE:BVerwG:2003:190603B5B25.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 19.06.2003 - 5 B 25.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:190603B5B25.03.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 25.03

  • Thüringer OVG - 17.12.2002 - AZ: OVG 2 KO 547/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. Juni 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t und Dr. R o t h k e g e l
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 17. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antrag der Klägerin, ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu bewilligen, wird abgelehnt.
  3. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Die auf Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet.
Die erhobenen Verfahrensrügen rechtfertigen die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht. Zu Unrecht rügt die Klägerin eine Verletzung der Aufklärungspflicht nach § 86 VwGO unter Hinweis darauf, dass ihre Anhörung vor dem Berufungsgericht ergeben hätte, dass sie hervorragend Deutsch spricht und versteht. Denn das Berufungsgericht hatte nicht das deutsche Sprachvermögen der Klägerin zur Zeit der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht im November 2002, sondern zur Zeit ihrer Aussiedlung im Juli 1996 zu ermitteln. Die Rüge der Verletzung von Art. 103 GG geht fehl, weil die Beteiligten und damit auch die anwaltlich vertretene Klägerin, wie es die Niederschrift der Berufungsverhandlung vom 19. November 2002 unwidersprochen ausweist, Gelegenheit hatten, in der Sache Stellung zu nehmen. Nicht verfahrensfehlerhaft ist, dass das Berufungsgericht dem von der Klägerin behaupteten Anfechtungsrecht in Bezug auf ihre Angaben zu ihrem deutschen Sprachvermögen im Lebenslauf nicht nachgegangen ist. Denn das Berufungsgericht hat seine Auffassung von den nicht ausreichenden deutschen Sprachkenntnissen der Klägerin nicht auf deren Angaben im Lebenslauf, sondern auf andere Erkenntnisse (auf deren Angaben im Widerspruchsverfahren und auf Zeugenaussagen) gestützt. Neue Erkenntnisse zum deutschen Sprachvermögen der Klägerin in der Zeit ihrer Aussiedlung im Juli 1996 ergeben sich auch nicht aus der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Erklärung der Frau O. K. vom 17. Januar 2003. Fehler in der Beweiswürdigung selbst - die Klägerin hält dem Berufungsgericht vor, dass es die Aussagen der Zeuginnen Sch. und M. als glaubwürdiger gewertet habe - sind keine Verfahrensmängel (BVerwG, Beschlüsse vom 12. Januar 1995 - BVerwG 4 B 197.94 - <NVwZ-RR 1995, 310> und vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 - <NVwZ-RR 1996, 359>).
Die Revision kann auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen werden. Eine rechtsgrundsätzlicher, revisionsgerichtlicher Klärung fähige und bedürftige Frage hat die Beschwerde nicht aufgeworfen. Inwiefern mit den von ihr bezeichneten, vom Berufungsgericht herangezogenen "sechs Kriterien ... zur Auslegung und Untermauerung des Tatbestandsmerkmals der Vermittlung der deutschen Sprache" ein solcher Klärungsbedarf verbunden ist, hat die Beschwerde nicht dargelegt (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Behauptung, das Berufungsgericht weiche von einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ab, verleiht der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Wenn die Klägerin unter Hinweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs erneut ihre fehlende Anhörung durch das Berufungsgericht rügt, verkennt sie, dass der Schluss von einem noch schwachen deutschen Sprachvermögen vier Jahre nach der Einreise auf ein nicht besseres Sprachvermögen zur Zeit der Aussiedlung (so im Fall des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg) nicht den Gegenschluss von gutem Sprachvermögen sechs Jahre nach der Einreise auf bereits genügendes Sprachvermögen zur Zeit der Aussiedlung rechtfertigt. Die Eintragung "Deutsche" im Pass der Klägerin ersetzt das Erfordernis, im Zeitpunkt der Aussiedlung ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können, nicht (§ 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG). Die Eigenschaft als deutsche Staatsangehörige ist für die Eigenschaft als Spätaussiedlerin nicht entscheidend.
Die Revision kann schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen werden. Zwar behauptet die Beschwerde eine Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, bezeichnet dafür aber nicht von einander abweichende Rechtssätze.
Materielle Rechtsanwendungsfehler, wie sie die Klägerin mit der "Nichtanwendung der Günstigkeitsregelung des § 100 a BVFG" rügt, rechtfertigen die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist abzulehnen, weil es aus den oben genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO, §§ 114, 121 Abs. 2 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 GKG.