Beschluss vom 18.10.2007 -
BVerwG 1 WB 67.06ECLI:DE:BVerwG:2007:181007B1WB67.06.0

Leitsätze:

Zulassung als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes; Altersgrenzen für die Laufbahnzulassung; Berufssoldat; verfrühte Antragstellung

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Beschluss

BVerwG 1 WB 67.06

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
die ehrenamtliche Richterin Oberstabsveterinär Dr. Ernst und
den ehrenamtlichen Richter Hauptfeldwebel Müller
am 18. Oktober 2007 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt, nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes zugelassen zu werden.

2 Der 1955 geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit wird voraussichtlich am 30. April 2008 enden. Zum Oberstabsfeldwebel wurde er am 23. März 2001 ernannt. Derzeit wird der Antragsteller bei der ...bataillon des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr als Datenverarbeitungsfeldwebel (Netzwerkadministratorfeldwebel) verwendet.

3 Mit Schreiben vom 24. April 2006 beantragte der Antragsteller die Übernahme in das Verhältnis eines Reserveoffizieranwärters nach Beendigung seiner aktiven Dienstzeit als Berufssoldat.

4 Unter dem 11. Juli 2006 teilte ihm das Personalamt der Bundeswehr mit, dass seinem Antrag „aus Bedarfsgründen“ nicht entsprochen werden könne. Bewerbungsunterlagen für die Zulassung als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes im Heer außerhalb des Wehrdienstes seien durch den Stammtruppenteil frühestens drei Monate, spätestens einen Monat vor Dienstzeitende, im Falle des Antragstellers also zwischen dem 1. Februar und dem 31. März 2008, zu übersenden. Die vom Antragsteller vorgelegte - zudem unvollständige und inhaltlich falsche - Bewerberakte werde deshalb zurückgegeben. Unabhängig davon habe der Antragsteller bereits das 30. Lebensjahr und damit die Altersgrenze überschritten, bis zu der grundsätzlich eine Zulassung als Anwärter für die Laufbahn der Reserveoffiziere möglich sei. Ein besonderer Bedarf, bei dem eine Zulassung bis zum 35. Lebensjahr möglich sei, sei gegenwärtig zu verneinen. Der Bedarf an Reserveoffizieranwärtern werde in der Fernmeldetruppe durch Bewerber gedeckt, die einen entsprechenden Studiengang (z.B. Nachrichtentechnik, Informatik) nachweisen könnten. Es stünden ausreichend jüngere Reserveoffiziere, die bereits ausgebildet seien, und jüngere Reserveoffizieranwärter, die sich in Ausbildung befänden, zur Verfügung. Schließlich könnten jährlich nur 100 Bewerber nach bzw. mit Ende eines Wehrdienstverhältnisses als Reserveoffizieranwärter außerhalb des Wehrdienstes zugelassen werden; dem stünden zwischen 500 und 600 Bewerbungen gegenüber, so dass auch grundsätzlich geeignete Bewerber abgelehnt werden müssten.

5 Mit Schreiben vom 2. August 2006 legte der Antragsteller Beschwerde gegen die Ablehnung seines Antrags ein und bat um erneute Prüfung unter Berücksichtigung einer Bewertung und Beurteilung des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr. Sein Antrag sei lediglich formal, aber in keiner Weise sachgerecht behandelt worden. Es sei nur ein möglicher Einsatz in der Fernmeldetruppe geprüft sowie der unrealistische Vergleich zwischen theoretisch erworbenen Kenntnissen junger Bewerber und seiner 18-jährigen Berufserfahrung allein im Führungsgrundgebiet 6 angestellt worden. Der Bedarf an qualifiziertem IT-Personal bei Auslandseinsätzen könne schon heute nicht gedeckt werden.

6 Mit Bescheid vom 27. September 2006 wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - die Beschwerde zurück. Ergänzend zur Entscheidung des Personalamts der Bundeswehr führte er aus, dass ein Berufssoldat - wie der Antragsteller - nicht als Reserveoffizieranwärter zugelassen werden könne. Ferner habe der Antragsteller bereits deutlich die Altersgrenzen des 30. bzw. 35. Lebensjahres überschritten; da er als Berufssoldat nicht die zwingenden Zulassungsvoraussetzungen erfülle, komme auch eine Ausnahmegenehmigung nicht in Frage.

7 Mit Schreiben vom 20. November 2006 beantragte der Antragsteller die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts - Wehrdienstsenate -. Der Antrag wurde vom Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 7. Dezember 2006 dem Senat vorgelegt.

8 Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Er verfüge über die Fachoberschulreife, eine abgeschlossene Berufsausbildung sowie über die Ausbildung zum Unteroffizier und erfülle damit die bildungsmäßigen Zulassungsvoraussetzungen. Von der Altersgrenze von 35 Jahren könnten, wie die Entscheidung in einem anderen Fall zeige, auch weitere Ausnahmen genehmigt werden. Außerdem habe er Grundwehrdienst geleistet und könne aus diesem Grund als Reserveoffizieranwärter zugelassen werden. Die Aussagen zum Bedarf seien für ihn nur schwer nachvollziehbar. Es gebe aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Situation nur wenige Reservisten, die für längere Zeiträume bereit seien, Wehrdienst zu leisten, bzw. von ihren Arbeitgebern freigestellt würden. Bei entlassenen Berufssoldaten könne dagegen grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass sie für längere Dauer zur Verfügung stünden und dadurch einen größeren Beitrag leisteten. Soldaten, die in einem Bereich eingesetzt werden könnten, in dem sie zuletzt Dienst geleistet hätten, bedürften nur einer kurzen Einarbeitungszeit. Ein kurzfristiger Einsatz sei aber nur dann möglich, wenn sie auch als Reservisten verfügbar seien. Abschließend warf der Antragsteller die Fragen auf, wie es mit dem Recht auf Durchlässigkeit der Laufbahnen stehe, ferner, ob die angeführten Vorschriften über die Zulassung zur Laufbahn der Reserveoffizieranwärter überhaupt auf Berufssoldaten, die aus dem aktiven Dienst ausschieden, anwendbar seien, sowie schließlich, wie die Entscheidung in seinem Fall in Bezug auf ungerechtfertigte Benachteiligungen aus Gründen des Alters zu verstehen sei.

9 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

10 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung könne aus den in den angefochtenen Bescheiden genannten Gründen keinen Erfolg haben. Von der Zulassung zur Laufbahn der Reserveoffizieranwärter im Wege des Laufbahnwechsels seien ausdrücklich die in § 1 Nr. 1 SLV genannten Soldaten, d.h. aktive Berufs- und Zeitsoldaten ausgenommen. Nach dem Ende seiner aktiven Dienstzeit als Berufssoldat könnte der Antragsteller zwar nach der Soldatenlaufbahnverordnung grundsätzlich im Wege einer Ermessensentscheidung als Reserveoffizieranwärter zugelassen werden. Von dieser Möglichkeit habe das Bundesministerium der Verteidigung jedoch für frühere Berufssoldaten keinen Gebrauch gemacht; dem liege die Erwägung zugrunde, dass das Verhältnis zwischen der Ausbildungsdauer zum Reserveoffizieranwärter nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst und den danach noch zu leistenden Wehrübungen in der neuen Laufbahn für den Dienstherrn - vor allem unter Kostengesichtspunkten - zu ungünstig sei. Bei dem vom Antragsteller genannten Bezugsfall habe es sich offensichtlich um einen Soldaten auf Zeit gehandelt. Dass der Antragsteller auch Grundwehrdienst geleistet habe, sei unerheblich, weil es auf den jeweils letzten Status des Soldaten ankomme. Der Antragsteller werde auch nicht wegen seines Alters benachteiligt. Seine Zulassung scheitere bereits an seinem Status als Berufssoldat. Der Antragsteller habe schließlich auch nach seinem Ausscheiden als Berufssoldat keinen Anspruch auf Zulassung als Reserveoffizieranwärter. Selbst wenn die angeführten Zulassungsvoraussetzungen erfüllt wären, läge keine die Zulassung rechtfertigende „Ermessensreduzierung auf Null“ vor. Zudem wäre eine solche Entscheidung noch nicht spruchreif. Wie der Antragsteller selbst vortrage, könne der konkrete Zulassungsbedarf von Reserveoffizieranwärtern derzeit noch nicht mit letzter Gewissheit abgeschätzt werden. Daher habe ihn das Personalamt der Bundeswehr auch darauf hingewiesen, dass die Bewerbungsunterlagen frühestens drei Monate vor dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst vorzulegen seien.

11 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - 874/06 - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

12 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

13 Der (anwaltlich nicht vertretene) Antragsteller hat keinen förmlichen (Sach-)Antrag gestellt. Bei sach- und interessengerechter Auslegung seines Vorbringens beantragt er sinngemäß, den Bundesminister der Verteidigung unter Aufhebung des Bescheids des Personalamts der Bundeswehr vom 11. Juli 2006 und des Beschwerdebescheids vom 27. September 2006 zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, nach Beendigung seines Dienstverhältnisses als Berufssoldat zum nächstmöglichen Termin als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes außerhalb des Wehrdienstes zuzulassen, hilfsweise ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

14 Dieser Antrag ist zulässig.

15 Die Entscheidung über die Zulassung als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes gemäß § 43 Abs. 2 und 3 SLV in Verbindung mit den konkretisierenden Regelungen der Nr. 610 ff. ZDv 20/7 und Nr. 700 ff., 906 ff. ZDv 20/3 betrifft keine statusrechtliche Angelegenheit, sondern stellt - auch dann, wenn die Zulassung erst nach Beendigung des Dienstverhältnisses erfolgen soll - eine truppendienstliche Verwendungsentscheidung dar. Für diese ist, weil § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO Streitigkeiten über Rechte und Pflichten nach den Laufbahnvorschriften (§ 27 Abs. 1 SG i.V.m. der Soldatenlaufbahnverordnung) nicht ausnimmt, der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten - hier: zum Bundesverwaltungsgericht als sachlich zuständigem Gericht (§ 21 Abs. 1 WBO) - eröffnet (vgl. Beschluss vom 8. September 1988 - BVerwG 1 WB 76.87 - BVerwGE 86, 70 = NZWehrr 1989, 255 <insoweit jeweils nicht veröffentlicht>).

16 Der Antrag ist jedoch unbegründet.

17 Der Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 11. Juli 2006 und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 27. September 2006 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

18 1. Der Antrag auf Zulassung als Reserveoffizieranwärter durfte schon deshalb abgelehnt werden, weil er verfrüht gestellt war.

19 Das Personalamt der Bundeswehr hat seine ablehnende Entscheidung in erster Linie darauf gestützt, dass der Antrag nicht innerhalb der Frist von frühestens drei Monaten, spätestens einem Monat vor dem Dienstzeitende des Antragstellers vorgelegt worden war. Eine solche Fristbestimmung sieht Nr. 925 ZDv 20/7 für Vorschläge und Bewerbungen von Soldaten vor, die eine Zulassung als Reserveoffizieranwärter mit Ablauf des Grundwehrdienstes, des freiwilligen zusätzlichen Wehrdienstes oder der Dienstzeit als Soldat auf Zeit anstreben. Eine Fristbestimmung für Vorschläge und Bewerbungen von Soldaten, die - wie der Antragsteller - die Zulassung für die Zeit nach dem Ende ihres Dienstverhältnisses als Berufssoldat begehren, findet sich in der ZDv 20/7 dagegen nicht; dies hat seinen Grund darin, dass die ZDv 20/7 die Zulassung von aktiven und früheren Berufssoldaten als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes generell nicht vorsieht (vgl. Nr. 610 Abs. 1 Spiegelstrich 1 und 2 ZDv 20/7) und daher auch keine diesbezüglichen Verfahrensvorschriften enthält.

20 Die Fristbestimmung der Nr. 925 ZDv 20/7 kann jedoch auf einen - gleichwohl gestellten - Zulassungsantrag eines Berufssoldaten entsprechend angewendet werden. Der Fall des Antragstellers und die in Nr. 925 ZDv 20/7 geregelten Fallkonstellationen haben gemeinsam, dass es jeweils um die Zulassung als Reserveoffizieranwärter nach Ablauf der Dienstzeit eines anderen Wehrdienstverhältnisses geht; die Sachverhalte sind damit in dem hier maßgeblichen Gesichtspunkt miteinander vergleichbar. Es entspricht deshalb dem Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG), wenn das Personalamt seine an Nr. 925 ZDv 20/7 orientierte Verwaltungspraxis auf den Zulassungsantrag des Antragstellers erstreckt hat. Dem Antragsteller, der sich um die Zulassung als Reserveoffizieranwärter bewirbt, muss es einerseits möglich sein, eine inhaltliche Klärung seines Begehrens zu erlangen; seinem Antrag darf nicht entgegengehalten werden, dass Vorschläge und Bewerbungen von Berufssoldaten für die Zulassung als Reserveoffizieranwärter nicht vorgesehen sind, wenn der Antragsteller gerade dies beanstanden möchte. Andererseits kann der Antragsteller nicht beanspruchen, verfahrensrechtlich besser gestellt zu werden als diejenigen Soldaten, die einer der in Nr. 610 ZDv 20/7 genannten Gruppen angehören; auch in seinem Fall kann deshalb nicht ein zu einem beliebigen Zeitpunkt, sondern nur ein innerhalb der Frist von frühestens drei Monaten und spätestens einem Monat vor dem Dienstzeitende gestellter Antrag zu einer Entscheidung in der Sache führen.

21 Die Fristbestimmung der Nr. 925 ZDv 20/7 bzw. die hieran orientierte Verwaltungspraxis verstößt nicht gegen geltendes Recht. Anders als hinsichtlich der Folgen einer verspäteten Antragstellung bestehen keine allgemeinen Vorschriften darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Behörde einen Antrag als verfrüht ablehnen darf. Die Frage ist daher aus dem jeweiligen materiellen Recht zu beantworten.

22 Die Ermessensvorschrift des § 43 Abs. 2 und 3 SLV wird durch die Regelungen über die Zulassung der Anwärter für die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes in Nr. 906 f. ZDv 20/3 und Nr. 612 f., 920 ff. ZDv 20/7 näher konkretisiert. Diese gliedern das Annahme- oder Auswahlverfahren durch Vorlage- und Übernahme- bzw. Zulassungstermine (siehe Nr. 923, 929 ff. ZDv 20/7) und schreiben die Beachtung bestimmter bewerber- und bedarfsbezogener Entscheidungskriterien (siehe im Einzelnen Nr. 907 ZDv 20/3) sowie die Bildung von Reihenfolgen vor, wenn - wie das offenkundig zumeist der Fall ist - die Zahl der Bewerbungen den Bedarf überschreitet (Nr. 613 Satz 2 ZDv 20/7). Dieser Regelungszusammenhang macht deutlich, dass eine sachgerechte Beurteilung von Bewerbungen, die auf die Zulassung als Reserveoffizieranwärter nach Beendigung eines anderen Wehrdienstverhältnisses gerichtet sind, nur in zeitlicher Nähe zu dem jeweiligen Dienstzeitende in Betracht kommt; erst dann lässt sich - bezogen auf den nächsten in Betracht kommenden Zulassungstermin - die aktuelle Eignung des Bewerbers feststellen und in Relation zu der Qualifikation der Mitbewerber und der Bedarfslage der Bundeswehr setzen. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn die zuständige Stelle Anträge, die danach verfrüht gestellt sind, schon aus diesem Grunde ablehnt. Auf eine gewissermaßen abstrakte Beurteilung von Bewerbungschancen für irgendeinen künftigen Termin hat der Antragsteller keinen Anspruch.

23 Die ablehnende Entscheidung musste schließlich auch nicht gemäß Nr. 613 Satz 1 ZDv 20/7 durch den Amtschef des Personalamts der Bundeswehr erfolgen. Bei Entscheidungen, die nicht die „Zulassung zur Laufbahn“ im Sinne einer materiellen Auswahl unter den Bewerbern, sondern - wie hier - (nur) die formalen Voraussetzungen für die Zulassung betreffen, bleibt das Personalamt der Bundeswehr in Gestalt des zuständigen Dezernats zuständig.

24 Das Personalamt der Bundeswehr hat den Antragsteller, dessen Dienstzeit als Berufssoldat voraussichtlich am 30. April 2008 enden wird (§ 96 Nr. 5 SG i.d.F. vom 1. Januar 2007), deshalb zutreffend auf den Bewerbungszeitraum vom 1. Februar bis 31. März 2008 verwiesen. Auch im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung des Bundesministers der Verteidigung (vom 27. September 2006) ebenso wie im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats war bzw. ist der Antrag auf Zulassung als Reserveoffizieranwärter noch verfrüht.

25 2. Der Bundesminister der Verteidigung hat den Antragsteller im Übrigen zutreffend darauf hingewiesen, dass er - auch bei fristgerechter Antragstellung - als Berufssoldat weder während seiner aktiven Dienstzeit noch nach deren Ende als Reserveoffizieranwärter zugelassen werden könnte.

26 Für die aktive Dienstzeit folgt dies unmittelbar aus § 43 Abs. 2 Satz 1 SLV, der sich nur auf die in § 1 Nr. 2 bis 6 SLV genannten Soldaten, nicht aber auf die in § 1 Nr. 1 SLV unter anderem genannten (aktiven) Berufssoldaten bezieht.

27 Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst gehört der Antragsteller als früherer Soldat, der noch der Wehrpflicht unterliegt (§ 3 Abs. 4 WPflG), gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Nr. 5 SLV zwar grundsätzlich zu dem Kreis der Soldaten, die als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes zugelassen werden können. Für die Ausübung des in § 43 Abs. 2 Satz 1 SLV eingeräumten Ermessens bei der Zulassung hat das Bundesministerium der Verteidigung jedoch in Nr. 610 Abs. 1 Spiegelstrich 2 ZDv 20/7 einschränkende Vorgaben aufgestellt. Danach können bei Eignung und Bedarf als Reserveoffizieranwärter (nur) frühere Soldaten zugelassen werden, die Grundwehrdienst, freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst oder Wehrdienst als Soldat auf Zeit geleistet haben, nicht jedoch frühere Berufssoldaten wie der Antragsteller.

28 Die Vorschrift der Nr. 610 Abs. 1 Spiegelstrich 2 ZDv 20/7 (bzw. eine daran orientierte Verwaltungspraxis) verstößt nicht gegen geltendes Recht. Sie ist im Zusammenhang mit einer Altersgrenzenregelung zu sehen, die zugleich den Ausschluss früherer Berufssoldaten von der Laufbahn der Reserveoffiziere des Truppendienstes rechtfertigt.

29 Gemäß Nr. 610 Abs. 1 ZDv 20/7 können als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes Bewerber zugelassen werden, die das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Bei besonderem Bedarf ist die Zulassung bis zum vollendeten 35. Lebensjahr - in Einzelfällen mit Ausnahmegenehmigung auch darüber hinaus, jedoch nur innerhalb der Wehrpflichtgrenzen - möglich (Nr. 610 Abs. 2 Satz 1 ZDv 20/7). Gegen diese Altersgrenzen bestehen keine rechtlichen Bedenken. Höchstaltersgrenzen für den Zugang zur Laufbahn, wie sie für nahezu sämtliche Laufbahngruppen vorgesehen sind (siehe z.B. § 11 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 23 Abs. 1 Nr. 1, § 26 Abs. 1 Nr. 1, § 27 Abs. 1 Nr. 1 SLV), gehören zu den üblichen und legitimen Regelungsinstrumenten des Laufbahnrechts. Sie dienen - vor dem Hintergrund des Verteidigungsauftrags der Bundeswehr, aber auch der vom Bundesminister der Verteidigung angeführten Kosten-/Nutzen-Erwägungen - der Gewinnung eines leistungsfähigen Personalbestands in einer günstigen Altersstruktur. Die Höchstaltersgrenzen der Vollendung des 30. bzw. 35. Lebensjahrs für die Zulassung als Reserveoffizieranwärter stellen danach - auch in Relation zu der Höchstaltersgrenze der Vollendung des 25. Lebensjahres für Offizieranwärter (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 SLV) - eine angemessene Zulassungsvoraussetzung dar, die rechtlich nicht zu beanstanden ist (ebenso Dolpp/Klewitz/Weniger, Soldatenlaufbahnverordnung, 6. Aufl. 2003, § 43 Rn. 4309).

30 Ausgehend von diesen Höchstaltersgrenzen ist eine Berücksichtigung früherer Berufssoldaten bei der Zulassung als Reserveoffizieranwärter schon deshalb nicht angezeigt, weil die allgemeine und die besonderen Altersgrenzen für Berufssoldaten durchweg und deutlich jenseits der Vollendung des 30. bzw. 35. Lebensjahres liegen (vgl. im Einzelnen § 45 Abs. 1 und 2 SG). Der Ausschluss früherer Berufssoldaten von der Laufbahn der Reserveoffiziere stellt insofern die (mittelbare) Folge oder Kehrseite der zulässigen Altersgrenzenregelung dar. Eine Möglichkeit der Zulassung von früheren Berufssoldaten muss auch nicht im Wege der Ausnahmegenehmigung eröffnet werden. Mit der Beendigung des Dienstverhältnisses bei Erreichen der (allgemeinen oder besonderen) Altersgrenze (§ 44 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SG) verbindet der Gesetzgeber die Vermutung, dass zu diesem Zeitpunkt die militärische Verwendbarkeit grundsätzlich nicht mehr in einem hinreichenden Maße gegeben ist. Es liegt deshalb nahe und ist jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn Berufssoldaten bei bzw. nach Erreichen der Altersgrenze auf die gesetzlich eröffneten Möglichkeiten des Hinausschiebens des Eintritts in den Ruhestand (§ 44 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SG), der Fortsetzung des Dienstverhältnisses (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SG) und der Wiederverwendung (§ 51 SG) sowie insbesondere auch des Einsatzes im Rahmen von Wehrübungen verwiesen bleiben.

31 Die Nichtberücksichtigung früherer Berufssoldaten beim Zugang zur Laufbahn der Reserveoffiziere stellt keine ungerechtfertigte Benachteiligung wegen des Alters dar. Die Altersgrenzenregelung ist durch die genannten sachlichen Gründe auch unter dem Blickwinkel des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) gerechtfertigt. Die speziellen Gleichbehandlungsgebote des Art. 3 Abs. 3 GG beziehen sich nicht auf das Merkmal des Alters. Die Frage, inwieweit eine unterschiedliche Behandlung von Beschäftigten wegen des Alters nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zulässig ist (siehe dazu insb. § 1, § 8 Abs. 1, § 10 AGG), muss nicht erörtert werden, weil dieses Gesetz auf Soldaten nicht, auch nicht entsprechend (Umkehrschluss aus § 24 AGG), anwendbar ist (vgl. Thüsing, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 1, Halbbd. 2, 5. Aufl. 2007, § 24 AGG Rn. 5). Für Soldaten gilt vielmehr das Gesetz über die Gleichbehandlung der Soldatinnen und Soldaten (Soldatinnen- und Soldaten-Gleichbehandlungsgesetz - SoldGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1897 <1904 ff.>). Anders als das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz erstreckt sich das Soldatinnen- und Soldaten-Gleichbehandlungsgesetz jedoch nicht auf (mögliche) Benachteiligungen wegen des Alters (siehe § 1 SoldGG); der Gesetzgeber hat insoweit bewusst von der durch Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 (ABl EG Nr. L 303 S. 16) eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, auf eine Umsetzung für den Bereich der Streitkräfte zu verzichten (vgl. zur Begründung im Einzelnen BTDrucks 16/1780 S. 27).

32 Der Antragsteller kann sich für die Zulassung als Reserveoffizieranwärter schließlich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er Grundwehrdienst geleistet hat. Die Aufzählung in Nr. 610 Abs. 1 Spiegelstrich 2 ZDv 20/7 ist nach dem Gesamtzusammenhang der Vorschrift, insbesondere der Altersgrenzenregelung, so zu verstehen, dass es sich bei den dort genannten Wehrdienstverhältnissen nicht um einen irgendwann einmal durchlaufenen, sondern um den jeweils letzten Status des Bewerbers handelt.