Beschluss vom 18.10.2005 -
BVerwG 6 VR 5.05ECLI:DE:BVerwG:2005:181005B6VR5.05.0

Beschluss

BVerwG 6 VR 5.05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Oktober 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
V o r m e i e r und Dr. B i e r
beschlossen:

  1. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin zu 1 gegen die Verfügung des Bundesministeriums des Innern vom 30. August 2005 wird wiederhergestellt, soweit in der genannten Verfügung die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist.
  2. Der Antrag der Antragsteller zu 2 bis zu 5 wird abgelehnt.
  3. Die Antragsteller zu 2 bis zu 5 und die Antragsgegnerin tragen jeweils 1/5 der Gerichtskosten des Verfahrens. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 1. Die übrigen Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren auf 12 500 € festgesetzt.

I


II


VereinsG). In entsprechender Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 1 VereinsG kann ein ausländischer Verein aus den Gründen des Art. 9 Abs. 2 GG und denjenigen des § 14 Abs. 2 VereinsG verboten werden. Nicht alle danach in Betracht kommenden Gründe für ein Betätigungsverbot dienen dem Schutz des Staates. So kann ein Betätigungsverbot auch ausgesprochen werden, wenn die Zwecke oder die Tätigkeit des Vereins Strafgesetzen zuwiderlaufen, die nicht zum Schutz des Staates erlassen sind (§ 18 Satz 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 1 Satz 1 und § 3 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative VereinsG sowie Art. 9 Abs. 2 1. Alternative GG). Ist ein Betätigungsverbot auch aus anderen Gründen als zum Schutz des Staates möglich, so ist die strafrechtliche Bewehrung der Zuwiderhandlung gegen ein Betätigungsverbot gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 2. Alternative VereinsG nicht ausschließlich aus Gründen des Staatsschutzes erlassen. Es liegt insoweit anders als bei dem aus Gründen des Staatsschutzes erlassenen § 85 Abs. 1 StGB, der ebenfalls Zuwiderhandlungen gegen ein Vereinsverbot betrifft. Die Bestimmung stellt das Aufrechterhalten des organisatorischen Zusammenhalts einer Partei oder einer Vereinigung unter Strafe. Voraussetzung ist u.a., dass die Partei oder Vereinigung Ersatzorganisation einer verbotenen Partei ist (§ 85 Abs. 1 Nr. 1 StGB) oder dass die Vereinigung verboten ist, weil sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet oder Ersatzorganisation einer solchen verbotenen Vereinigung ist (§ 85 Abs. 1 Nr. 2 StGB). Anders als das Betätigungsverbot nach § 18 Satz 2 VereinsG erfolgt das Parteiverbot nach Art. 21 Abs. 2 GG stets zum Schutze des Staates, so dass kein Zweifel daran besteht, dass auch die Strafvorschrift des § 85 Abs. 1 Nr. 1 StGB aus Gründen des Staatsschutzes erlassen ist. Dies gilt gleichermaßen für § 85 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Das Verbot einer Vereinigung, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, ergeht immer zum Schutze des Staates. Deshalb ist auch die zuletzt genannte Strafvorschrift aus Staatsschutzgründen erlassen.