Beschluss vom 03.09.2003 -
BVerwG 7 B 6.03ECLI:DE:BVerwG:2003:030903B7B6.03.0

Beschluss

BVerwG 7 B 6.03

  • OVG Rheinland-Pfalz - 05.12.2002 - AZ: OVG 1 A 10202/02.OVG

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. September 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l und N e u m a n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 5. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, durch den diese der Beigeladenen die wasserrechtliche Erlaubnis erteilt hat, Mischwasser in ein Gewässer dritter Ordnung einzuleiten.
Der Kläger ist Landwirt und Eigentümer von Grundstücken, die an einem namenlosen Bach liegen. Er nutzt diese Grundstücke als Weide für sein Rindvieh.
Die Beigeladene betreibt eine Anlage zur Sammlung und Beseitigung des Abwassers, das in den ihr zugehörigen Verbandsgemeinden anfällt. In der Vergangenheit leitete sie bei Hochwasser ungedrosselt Abwasser aus dem Verbindungssammler in den erwähnten namenlosen Bach. Das Abwasser überflutete die angrenzenden Weiden des Klägers. Auf ihnen verendeten Rinder und Kälber. Ein Sachverständiger stellte fest, das eingeleitete Abwasser sei mit Kolibakterien verseucht gewesen; hierauf sei der Tod der Tiere zurückzuführen.
Der Beklagte erteilte danach der Beigeladenen auf deren Antrag eine (einfache) wasserrechtliche Erlaubnis. Sie erlaubt zum einen den Bau eines Regenüberlauf- und -rückhalte-beckens. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann das Regenrückhaltebecken aufgrund seines Volumens ein zweieinhalbjähriges Hochwasser auffangen. Die wasserrechtliche Erlaubnis gestattet zum anderen, unter weiteren Maßgaben Mischwasser in das erwähnte Gewässer einzuleiten, wobei eine Einleitungsmenge des Mischwasserabflusses von 340 l/s nicht überschritten werden darf.
Der Kläger hat nach erfolglosem Widerspruch Klage gegen die wasserrechtliche Erlaubnis erhoben. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat angenommen: Die schützenswerten Interessen des Klägers seien gewahrt. Die Einleitung entspreche den Regeln der Technik. Wegen der Situationsgebundenheit seines Eigentums an Ufergrundstücken könne dem Kläger zugemutet werden, bei größeren mehrjährigen Hochwasserereignissen Vorkehrungen zu treffen, dass die überflutete Fläche für einen bestimmten Zeitraum nicht als Weidefläche genutzt wird. Es sei aus wirtschaftlichen Gründen nicht vertretbar, das Mischwasser insgesamt in den Kanal zurückzuführen, weil hierfür eine unverhältnismäßige Regenrückhalteanlage gebaut werden müsste. Zum anderen sei es bei dem derzeit bestehenden Mischwassersystem nicht möglich, einen höheren Abwasserzulauf zu unterbinden. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Fragen, die der Kläger aufwirft, brauchen nicht in einem Revisionsverfahren geklärt zu werden. Die Antwort auf sie ergibt sich unmittelbar aus den einschlägigen Vorschriften und den hierzu bereits ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts.
Der Kläger möchte die Fragen geklärt wissen,
ob der Eigentümer landwirtschaftlich genutzter Weiden im Rahmen der Selbstbindung des Eigentums hinzunehmen hat, dass seine Flächen, welche bei Hochwasserereignissen überschwemmt werden, wegen der Einleitung von Mischwasser gemäß den technischen Regelwerken aus einem gemeindlichen Mischwasserkanal durch Bakterien voraussichtlich oder sogar höchstwahrscheinlich verunreinigt werden, wodurch Leib und Leben seines Viehs sowie von Dritten gefährdet werden,
ob es im Rahmen einer wasserrechtlichen Erlaubnis, welche das Einleiten von Mischwasser in ein Gewässer dritter Ordnung beinhaltet, zumutbar ist, von einem Landwirt mit landwirtschaftlichen Flächen, durch welche das mit Mischwasser belastete Gewässer dritter Ordnung fließt, zu verlangen, zur Abwendung von Gefahren durch Bakterien überflutete Grundstücksteile solange einzuzäunen und unzugänglich zu machen, bis die Gefahrenlage beseitigt ist,
ob technische Regelwerke eine verlässliche Grundlage darstellen, sofern diese die Einleitung von Mischwasser in ein Gewässer dritter Ordnung ohne Rücksicht auf den Verdünnungsfaktor oder eine Gefahrenlage wegen mikrobieller Verseuchung des Gewässerbettes oder der am Gewässer liegenden Grundstücke zulassen.
Werden die Fragen auf ihren verallgemeinerungsfähigen Kern beschränkt, der allein der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung verleihen könnte, sollen die Voraussetzungen und Grenzen des Schutzes geklärt werden, den ein Dritter gegen nachteilige Einwirkungen einfacher wasserrechtlicher Erlaubnisse auf sein Eigentum beanspruchen kann.
Der öffentlich-rechtliche Drittschutz kann auch im Wasserrecht nur aus Rechtsnormen abgeleitet werden, die der Behörde den Schutz bestimmter Belange Dritter auferlegen. Erteilt die Behörde eine einfache wasserrechtliche Erlaubnis, hat sie die Belange Dritter zu berücksichtigen. Ob sie eine einfache wasserrechtliche Erlaubnis erteilt, hat sie nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes in der hier noch anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1996 (WHG 1996) kann sie die wasserrechtliche Erlaubnis unter Auflagen erteilen, die nachteilige Wirkungen für andere verhüten oder ausgleichen sollen. Ob sie derartige Auflagen anordnen will, steht ebenfalls in ihrem Ermessen. Daraus folgt zugleich, dass nachteilige Wirkungen für andere auch Anlass geben können, eine beantragte Erlaubnis zu versagen. Die Behörde hat ihr Ermessen nicht nur im öffentlichen Interesse zu gebrauchen; vielmehr können die betroffenen Dritten beanspruchen, dass ihre Belange beachtet und ermessensgerecht gewürdigt werden (Urteil vom 15. Juli 1987 - BVerwG 4 C 56.83 - BVerwGE 78, 40).
Zu den Belangen Dritter gehört namentlich das Eigentum an Grundstücken, die durch die in Rede stehende Benutzung des Gewässers beeinträchtigt werden können. Mit § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG 1996 hat der Gesetzgeber Inhalt und Schranken des Eigentums betroffener Dritter bestimmt. Sie haben eine wasserrechtliche Erlaubnis und Einwirkungen hinzunehmen, die von der erlaubten Nutzung des Gewässers ausgehen, wenn ihre auf das Eigentum gestützten Belange bei der Erteilung der Erlaubnis beachtet und ermessensgerecht gewürdigt sind. Das ist andererseits nur der Fall, wenn die Auswirkungen der erlaubten Benutzung des Gewässers das Eigentum Dritter nicht unverhältnismäßig beeinträchtigen.
Hat sich die in Rede stehende Benutzung eines Gewässers an dem jeweiligen Stand der Technik oder an allgemein anerkannten Regeln der Technik auszurichten, liegt auf der Hand, dass es für die sachgerechte Würdigung der Belange Dritter von Bedeutung ist, ob der Stand der Technik gewahrt und die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten sind. Sie können konkretisieren, welche Vorkehrungen zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit, aber auch zum Schutze Dritter dem Nutzer des Gewässers möglich sowie zumutbar sind, und spiegelbildlich damit, welche Einwirkungen dem betroffenen Dritten zumutbar sind.
Soweit die wasserrechtliche Erlaubnis das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer zum Gegenstand hat, darf sie nach § 7 a Abs. 1 Satz 1 WHG 1996 nur erteilt werden, wenn die Schadstofffracht des Abwassers so gering gehalten wird, wie dies bei Einhaltung der jeweils in Betracht kommenden Verfahren nach dem Stand der Technik möglich ist. Im Übrigen gelten gemäß § 18 b Abs. 1 Satz 2 WHG 1996 für die Errichtung und den Betrieb von Abwasseranlagen die allgemein anerkannten Regeln der Technik.
Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts werden die allgemein anerkannten Regeln der Technik im Sinne des § 18 b Abs. 1 Satz 2 WHG 1996 auch durch das ATV-Regelwerk "Abwasser/Abfall" und hier insbesondere das ATV-Arbeitsblatt A 128 zur Bemessung und Gestaltung von Regenentlastungsanlagen in Mischwasserkanälen konkretisiert, ferner durch das ATV-Arbeitsblatt A 117, das für die Bemessung von einzelnen Regenrückhalteräumen sowie komplexen Regenrückhaltesystemen sowohl im Trenn- als auch im Mischsystem anwendbar ist.
Der Kläger will die Frage geklärt wissen, ob diese technischen Regelwerke geeignet sind, die anerkannten Regeln der Technik im Sinne des § 18 b Abs. 1 Satz 2 WHG verlässlich zu konkretisieren, insbesondere ob sie die Rechte betroffener Eigentümer hinreichend berücksichtigen.
Damit ist keine Rechtsfrage, sondern eine Tatfrage aufgeworfen, die im Revisionsverfahren nicht geklärt werden kann. Verweist der Gesetzgeber in gesetzlichen Bestimmungen - wie hier in § 18 b Abs. 1 Satz 2 WHG 1996 - auf die „Regeln der Technik“ und nimmt er diese dadurch in seinen Regelungswillen auf, werden die Regeln der Technik nicht ihrerseits selbst zu Rechtsnormen. Welche anerkannten Regeln der Technik bestehen und wie sie mit Blick auf den Einzelfall anzuwenden sind, hat das Tatsachengericht zu ermitteln. Wie weit technische Regelwerke ihrem Anspruch gerecht werden, die anerkannten Regeln der Technik zu konkretisieren, ist ebenfalls keine Rechtsfrage, sondern eine Frage der praktischen Tauglichkeit der Arbeitsergebnisse zu dem ihnen zugedachten Zweck (Beschluss vom 30. September 1996 - BVerwG 4 B 175.96 - Buchholz 445.4 § 18 b WHG Nr. 2).
Abgesehen davon hat das Oberverwaltungsgericht mit Hilfe der erwähnten technischen Regelwerke nicht abschließend die Anforderungen konkretisiert, die zum Schutze des Eigentums Dritter an Abwasseranlagen zu stellen sind. Es hat den herangezogenen technischen Regelwerken entnommen, Regenentlastungsanlagen in Mischwasserkanälen seien so zu bemessen, dass ein zweijähriges Hochwasser aufgefangen werden könne. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht entschieden, der Kläger müsse die Auswirkungen eines mehrjährigen Hochwassers schon deshalb ohne weiteres hinnehmen, weil die Abwasseranlage nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik auf ein solches Hochwasser nicht ausgelegt werden müsse. Es hat vielmehr erörtert, ob die Auswirkungen auch eines mehrjährigen Hochwassers dem Kläger zumutbar sind.
Zudem geht der Kläger zu Unrecht davon aus, dass die herangezogenen technischen Regelwerke es zuließen, Mischwasser in das Gewässer ohne Rücksicht auf den Verdünnungsfaktor oder eine Gefahrenlage wegen mikrobieller Verseuchung des Gewässerbettes oder der am Gewässer liegenden Grundstücke einzuleiten. Das Oberverwaltungsgericht hat die technischen Regelwerke, nämlich das ATV-Arbeitsblatt A 128 zur Bemessung und Gestaltung von Regenentlastungsanlagen in Mischwasserkanälen und das ATV-Arbeitsblatt A 117, zwar ausdrücklich nur im Zusammenhang mit der Frage erörtert, ob das Regenrückhaltebecken ausreichend dimensioniert ist und ob deshalb den Anforderungen des § 18 b Abs. 1 Satz 2 WHG 1996 an die Errichtung und den Betrieb von Abwasseranlagen genügt ist. Daneben ist, wie schon erwähnt, nach § 7 a Abs. 1 Satz 1 WHG 1996 die Schadstofffracht des Abwassers so gering zu halten, wie dies bei Einhaltung der jeweils in Betracht kommenden Verfahren nach dem Stand der Technik möglich ist. Hierzu enthält die wasserrechtliche Erlaubnis nähere Maßgaben. Das Oberverwaltungsgericht hat aufgrund des Sach- und Streitstands offensichtlich keinen Anlass gesehen, ungefragt darauf einzugehen, ob diese Maßgaben dem Stand der Technik entsprechen, wie er in den insoweit einschlägigen technischen Regelwerken Niederschlag gefunden hat.
Es liegt des Weiteren auf der Hand und bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass die Behörde im Rahmen ihres Ermessens berücksichtigen darf, inwieweit zu Lasten des Betreibers der Abwasseranlage Auflagen wirtschaftlich vertretbar sind, die über das nach dem Stand der Technik Erforderliche hinausgehen (vgl. zum Planfeststellungsrecht Beschluss vom 16. Mai 1989 - BVerwG 4 B 90.89 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 83). In diesem Zusammenhang versteht es sich von selbst, dass der betroffene Eigentümer stattdessen auf die Möglichkeit eigener Vorkehrungen verwiesen werden darf, die ihm selbst wirtschaftlich zumutbar sind (vgl. hierzu Urteil vom 27. Oktober 1999 - BVerwG 11 A 31.98 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 53). Dass diese Zumutbarkeit wiederum durch eine Situationsgebundenheit des Eigentums und eine dadurch gegebene Vorbelastung mitbestimmt wird, bedarf ebenfalls keiner Erörterung in einem Revisionsverfahren mehr (vgl. zu diesem Gesichtspunkt etwa Urteil vom 21. März 2002 - BVerwG 4 CN 14.00 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 110).
Das Oberverwaltungsgericht hat diese Gesichtspunkte herangezogen. Es ist eine Frage allein des konkreten Einzelfalles, ob das Oberverwaltungsgericht danach zu Recht angenommen hat, der Kläger dürfe darauf verwiesen werden, bei einem mehrjährigen Hochwasser durch eigene Vorkehrungen sein Vieh von den überfluteten Flächen vorübergehend fernzuhalten, weil es andererseits wirtschaftlich nicht vertretbar sei, eine Regenrückhalteanlage zu bauen, die auch bei einem mehrjährigen Hochwasser das gesamte Mischwasser in der Abwasseranlage zurückhalte.
2. Die gerügten Verfahrensfehler liegen nicht vor, sind jedenfalls nicht ausreichend dargelegt (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
a) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts insoweit verletzt, als es angenommen hat, das eingeleitete Mischwasser werde auch in den Sommermonaten ausreichend mit Wasser in dem namenlosen Bach vermischt. Es hat sich darauf gestützt, in dieser Zeit werde allenfalls bei Starkregenereignissen Mischwasser gedrosselt in den Bach eingeleitet; dann führe der Bach aber ebenfalls wesentlich mehr Wasser, als Mischwasser aus der Regenrückhalteanlage eingeleitet werde.
Entgegen der Rüge des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht dabei keine eigene Einschätzung zugrunde gelegt. Es hat sich vielmehr auf die Berechnungen des Beklagten und des Planungsbüros gestützt, das die Beigeladene eingeschaltet hat. Der Kläger hat in seiner Beschwerdebegründung nicht dargelegt, dass sich dem Oberverwaltungsgericht eine Unzulänglichkeit dieser Berechnungen und damit die Notwendigkeit hätte aufdrängen müssen, zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen. Einen hierauf gerichteten Beweisantrag hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt.
b) Das Oberverwaltungsgericht musste nicht der Frage weiter nachgehen, ob das streitige Einleitungsbauwerk dem Stand der Technik entspricht. Für die Rechtmäßigkeit der erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis kam es darauf an, ob die herangezogenen technischen Regelwerke die allgemein anerkannten Regeln der Technik für den Bau von Abwasseranlagen zutreffend konkretisieren und ob auf der Grundlage dieser technischen Regelwerke das Volumen der konkret geplanten Anlage so berechnet ist, dass ein zweijähriges Hochwasser zurückgehalten werden kann. Dem Oberverwaltungsgericht musste sich nicht die Notwendigkeit aufdrängen, die Berechnung des Planungsbüros der Beigeladenen durch einen Sachverständigen überprüfen zu lassen. Der Kläger hat ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung dort keinen hierauf gerichteten Beweisantrag gestellt. Er hat sich nach der Feststellung des Oberverwaltungsgerichts mit der Planung und den Berechnungen nicht substantiiert auseinander gesetzt, sondern in der mündlichen Verhandlung lediglich Lichtbilder vorgelegt, die nach seinen Angaben zeigen, dass das errichtete Regenrückhaltebecken nach einem Gewitterregen übergelaufen sei und seine Weiden überschwemmt worden seien. Der Kläger leitet aus diesen Aufnahmen her, dass die errichtete Regenrückhalteanlage die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfülle. Wenn das Oberverwaltungsgericht die ihm vorgelegten Lichtbilder dahin würdigt, sie allein gäben keinen begründeten Anlass, die von der Fachbehörde überprüften Berechnungen in Zweifel zu ziehen, kann dies als Ergebnis der Beweiswürdigung nicht mit der Verfahrensrüge angegriffen werden. Ob die Beigeladene die Abwasseranlage entsprechend der ihr erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis tatsächlich errichtet hat, ist im Übrigen für die allein entscheidungserhebliche Rechtmäßigkeit der Erlaubnis ohne Belang.
Der Schriftsatz des Klägers vom 11. Februar 2003 ist erst am 12. Februar 2003, und damit nach Ablauf der Frist zur Begründung der Beschwerde, beim Oberverwaltungsgericht eingegangen. Soweit in diesem Schriftsatz weitere Fragen grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen und Verfahrensfehler gerügt oder erstmals ordnungsgemäß bezeichnet werden, können diese Ausführungen nicht berücksichtigt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Beschluss vom 17.12.2003 -
BVerwG 7 B 6.03ECLI:DE:BVerwG:2003:171203B7B6.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.12.2003 - 7 B 6.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:171203B7B6.03.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 6.03

  • OVG Rheinland-Pfalz - 05.12.2002 - AZ: OVG 1 A 10202/02.OVG

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Dezember 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l und N e u m a n n
beschlossen:

Die Gegenvorstellungen des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 3. September 2003 werden zurückgewiesen.

Die Gegenvorstellungen des Klägers sind unbegründet. Er rügt zwar zu Recht, dass der Senat seinen Schriftsatz vom 11. Februar 2003 bei seiner Entscheidung hätte berücksichtigen müssen. Der Schriftsatz ist noch vor Ablauf der Frist für die Begründung der Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht als Telefax eingegangen, allerdings nicht den Akten beigefügt worden, die das Oberverwaltungsgericht dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt hat. In der Sache ermöglicht dieser Schriftsatz jedoch keine andere Entscheidung. Aus ihm ergibt sich kein Grund für die Zulassung der Revision.
1. Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
a) Der Kläger möchte zum einen die Frage geklärt wissen,
ob die Urteile des Oberverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichts unter Anwendung der §§ 18 b Abs. 1 WHG in Verbindung mit dem ATV-Regelwerk "Abwasser/Abfall" und hier insbesondere dem ATV-Arbeitsblatt A 128 sowie dem Arbeitsblatt A 117, welche die Überflutung der Eigentumsflächen des Klägers mit bakteriell verunreinigtem Abwasser ermöglichen und dem Kläger als Eigentümer das alleinige Schadensrisiko aufbürden, Art. 14 Abs. 1 GG verletzen.
Die Frage weist nicht über den Einzelfall hinaus und entbehrt deshalb der grundsätzlichen Bedeutung. Wird sie auf ihren verallgemeinerungsfähigen Kern beschränkt, der allein der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung verleihen könnte, variiert sie nur die Fragen, die der Kläger in seinem Begründungsschriftsatz vom 10. Januar 2003 in ähnlicher Form aufgeworfen hat. Insoweit hat der Senat in seinem Beschluss vom 3. September 2003 bereits ausgeführt, warum diese Fragen einer Klärung in einem Revisionsverfahren nicht mehr bedürfen. Die Darlegungen im Schriftsatz vom 11. Februar 2003 erheischen keine weitergehende Begründung.
b) Der Kläger wirft zum anderen die Frage auf,
ob ein Planfeststellungsverfahren erforderlich ist, sofern in ein Gewässer dritter Ordnung Abwasser aus Niederschlagsgebieten zugeleitet wird, welche naturgemäß nicht zu dem wirksamen Abflussbereich des Gewässers gehören, und Einwirkungen auf Rechte Dritter durch die zusätzlichen Wassermengen, in diesem Falle Überflutungen, zu befürchten sind.
Die Frage ist in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich und deshalb nicht klärungsfähig. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass ein Dritter die Aufhebung einer wasserrechtlichen Erlaubnis nicht deshalb verlangen kann, weil das in Rede stehende Vorhaben statt durch sie durch einen Planfeststellungsbeschluss hätte zugelassen werden müssen. Insoweit dienen die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes nicht dem Schutz betroffener Dritter (Urteil vom 15. Juli 1987 - BVerwG 4 C 56.83 - BVerwGE 78, 40 <41>). Daher käme es in einem Revisionsverfahren nicht darauf an, ob die bloße Einleitung von Abwasser in ein Gewässer einen Ausbau dieses Gewässers im Sinne des § 31 WHG darstellt. Ob sich aus den verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Landeswassergesetzes, auf die der Kläger abhebt, etwas anderes ergibt, wäre in einem Revisionsverfahren ebenfalls nicht klärungsfähig, weil diese Vorschriften nicht zum revisiblen Recht gehören.
2. Die geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor.
a) Das Oberverwaltungsgericht hat seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts aus § 86 Abs. 1 VwGO nicht verletzt. Der Kläger will seine Aufklärungsrüge wohl auf die Annahme des Oberverwaltungsgerichts bezogen wissen, der Wasserspiegel des Vorfluters werde nicht unzumutbar erhöht, wenn die Beigeladene bei Hochwasser Abwasser im Umfang von 340 l/s einleiten dürfe. Das Oberverwaltungsgericht hat sich insoweit auf Angaben des Beklagten zur Leistungsfähigkeit des Vorfluters bezogen, die in dessen Schriftsatz vom 19. März 2002 enthalten waren. Dem Oberverwaltungsgericht musste sich nicht die Notwendigkeit aufdrängen, zu dieser Frage das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen. Einen hierauf gerichteten Beweisantrag hat der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt. Er hatte auch nicht zu den Angaben des Beklagten konkret Stellung genommen, der sich seinerseits auf Berechnungen des Planungsbüros gestützt hatte, das die Beigeladene eingeschaltet hatte. Der Kläger weist in seiner ergänzenden Begründung vom 11. Februar 2003 zwar auf Schriftsätze hin, in denen er sich mit dem Fassungsvermögen des Bachbetts und hierzu fehlender aussagekräftiger Feststellungen auseinander gesetzt hatte. Diese Schriftsätze hatte er jedoch eingereicht, bevor der Beklagte unter Hinweis auf die Berechnungen des eingeschalteten Planungsbüros konkrete Angaben zur Leistungsfähigkeit des Vorfluters gemacht hatte. Sie waren damit durch den Schriftsatz des Beklagten vom 19. März 2002 gleichsam überholt und gaben keinen Anlass mehr, auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen. Der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 19. November 2002 enthält keine substantiierte Auseinandersetzung mit den Angaben des Beklagten.
Einen Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts bot auch nicht der Flurbereinigungsplan, der von einem niedrigeren Wert für den Hochwasserabfluss ausging, als ihn das eingeschaltete Planungsbüro errechnet hatte. Das Oberverwaltungsgericht hat dargelegt, dass auch unter Zugrundelegung dieses Werts der Vorfluter imstande ist, das Abwasser abzuführen, das nach der streitigen Erlaubnis zusätzlich eingeleitet werden darf.
Der Kläger bezieht seine Aufklärungsrüge zum anderen wohl auch auf die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, das eingeleitete Mischwasser werde auch in den Sommermonaten ausreichend mit Wasser in dem namenlosen Bach vermischt. Insoweit bietet seine ergänzende Beschwerdebegründung aber ebenso wenig wie schon die Beschwerdebegründung einen Anhaltspunkt dafür, dass sich dem Oberverwaltungsgericht eine weitere Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen hätte aufdrängen müssen.
b) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht entgegen dem Grundsatz rechtlichen Gehörs den Vortrag des Klägers unberücksichtigt gelassen. Es durfte namentlich davon ausgehen, dass der Kläger die Angaben des Beklagten in dessen Schriftsatz vom 19. März 2002 nicht bestritten hatte. Der Kläger hat die Schriftsätze, die nach seinem Vortrag ein solches Bestreiten enthalten sollen, schon früher eingereicht.