Beschluss vom 17.06.2010 -
BVerwG 2 B 87.09ECLI:DE:BVerwG:2010:170610B2B87.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.06.2010 - 2 B 87.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:170610B2B87.09.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 87.09

  • OVG Berlin-Brandenburg - 17.06.2009 - AZ: OVG 6 B 9.08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Juni 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Maidowski
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 11.881,45 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Klägerin, eine Beamtin im auswärtigen Dienst der Beklagten, wendet sich gegen ihre „Versetzung“ von A. (G.) in die Berliner Zentrale, die im Rahmen der üblichen Rotation für Anfang Juli 2004 vorgesehen war. Auf Wunsch der Klägerin unter Hinweis auf die bis Ende September 2004 befristete Berufstätigkeit ihres Ehemannes bestimmte die Beklagte den Zeitpunkt für den Wechsel des Dienstorts auf Anfang September 2004. Nach Mitteilung der Klägerin über ihre Schwangerschaft und voraussichtliche Niederkunft Ende September 2004 verlegte die Beklagte den Zeitpunkt des Dienstantritts in Berlin auf den 17. August 2004, d.h. einen Tag vor Beginn des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots. Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin blieben erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, das für eine Versetzung erforderliche dienstliche Bedürfnis sei gegeben und die Beklagte habe von ihrem Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht. Deshalb könne offenbleiben, ob es sich um eine beamtenrechtliche Versetzung oder eine bloße Umsetzung handele. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die dagegen erhobene Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.

2 Die Revision ist nicht wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (stRspr, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn eine von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf Grund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann. So liegt der Fall hier.

3 Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
„ob das ärztliche individuelle Beschäftigungsverbot gemäß § 1 Abs. 1 MuSchV eine Beamtin des Auswärtigen Dienstes wegen der mit der Versetzung notwendigerweise verbundenen Belastungen generell und absolut von der Pflicht aus § 14 Abs. 1 GAD befreien kann, der Versetzungsverfügung Folge zu leisten, unabhängig vom Zeitpunkt und der Modalität eines damit verbundenen Umzugs“,
die sinngemäß auf das ärztliche Zeugnis der Vertrauensärztin der Deutschen Botschaft A. vom 4. Mai 2004 zielt, würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen und rechtfertigt schon deshalb nicht die Zulassung der Revision. Das Oberverwaltungsgericht hat das von der Vertrauensärztin angeordnete Beschäftigungsverbot bis zum Beginn der allgemeinen Mutterschutzfrist dahin ausgelegt, dass die nach ärztlichem Zeugnis „durch eine Rückversetzung nach Deutschland hervorgerufenen Belastungen“ einen Umzug voraussetzten, der nach seinen tatsächlichen Feststellungen während der Schwangerschaft der Klägerin nicht erforderlich war. Da die Beschwerde diese Feststellungen nicht durch eine Verfahrensrüge angegriffen hat, wäre im Revisionsverfahren davon auszugehen, dass das Beschäftigungsverbot die Klägerin nicht davon befreite, sich für Verwendungen an allen Dienstorten bereitzuhalten (§ 14 Abs. 1 des Gesetzes über den Auswärtigen Dienst). Im Übrigen wäre die aufgeworfene Frage ohne Weiteres verneinend zu beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Aus einem Beschäftigungsverbot nach § 1 Abs. 1 MuSchV folgt keine generelle Befreiung von der Pflicht, einer Versetzungsverfügung Folge zu leisten. Wann und in welcher Weise die einem Beschäftigungsverbot unterliegende Beamtin einer Versetzung Folge zu leisten hat, hängt vielmehr von den Einzelheiten des konkreten Falles ab, insbesondere von der Reichweite des Beschäftigungsverbots (im vorliegenden Fall: u.a. Beschränkung auf vier Stunden tägliche Arbeitszeit) und von den Belastungen, die durch die Versetzungsverfügung ausgelöst werden können. Hierüber hat der Dienstherr nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung dienstlicher Interessen (§§ 5 Abs. 1, 14 Abs. 1 des Gesetzes über den Auswärtigen Dienst) und der gebotenen Fürsorge gegenüber der Beamtin und ihrer Familie (§§ 15, 19 des Gesetzes über den Auswärtigen Dienst) zu entscheiden.

4 Auch die weitere Frage der Beschwerde,
„ob im Falle der Versetzung vom Ausland ins Inland oder vom Inland ins Ausland der Beamtin und Beamten des Auswärtigen Dienstes eine zwingende Verbindung besteht zwischen der Versetzung und der Verlegung des Lebensmittelpunkts zum neuen Arbeitsort durch Umzug“,
rechtfertigt die Zulassung der Grundsatzrevision nicht. Die Frage ist nicht klärungsbedürftig, da sich bereits aus den Vorschriften des Umzugskostenrechts ergibt, dass bei der Versetzung eines Beamten Dienstantritt und Umzug zeitlich auseinanderfallen können; anderenfalls käme die Bewilligung von Trennungsgeld bis zum tatsächlichen Umzug nicht in Betracht. Davon abgesehen hat die Beklagte im Berufungsverfahren unwidersprochen vorgetragen, dass es Beamten des Auswärtigen Dienstes freisteht, zeitgleich mit der Versetzung oder zu einem späteren Zeitpunkt umzuziehen.

5 Die Frage,
„ob der Umzug die alleinige aus der Versetzung folgende Belastung für eine schwangere Beamtin ist“,
lässt angesichts ihrer Unbestimmtheit weder einen Bezug zu einer grundsätzlich klärungsbedürftigen Rechtsfrage noch ihre Entscheidungserheblichkeit in einem Revisionsverfahren erkennen. Die abstrakten Hinweise der Beschwerde auf arbeitsmedizinische Erkenntnisse, wonach eine unfreiwillige Versetzung schwangerer Frauen zu einer Traumatisierung führen könne, genügen nicht den Darlegungserfordernissen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat die Beklagte die gesundheitlichen Belange der Klägerin ausreichend berücksichtigt. Dagegen hat die Beschwerde keine Verfahrensrüge erhoben.

6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.