Beschluss vom 16.05.2002 -
BVerwG 6 PB 4.02ECLI:DE:BVerwG:2002:160502B6PB4.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.05.2002 - 6 PB 4.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:160502B6PB4.02.0]

Beschluss

BVerwG 6 PB 4.02

  • OVG des Saarlandes - 01.02.2002 - AZ: OVG 5 P 4/01

In der Personalvertretungssache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Mai 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. G e r h a r d t und
V o r m e i e r
beschlossen:

Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 1. Februar 2002 wird verworfen.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Sie ist unzulässig und daher zu verwerfen.
1. Die vorgetragene grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache kann nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde führen. Gemäß § 113 Abs. 2 SPersVG gelten die Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlussverfahren für das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Landespersonalvertretungssachen entsprechend. Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Landesarbeitsgericht kann gemäß § 92 a ArbGG selbständig durch Beschwerde angefochten werden, im Fall des § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG in Verbindung mit § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG jedoch nur dann, wenn die Rechtssache Streitigkeiten über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit einer Vereinigung betrifft. § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG regelt die entsprechende Anwendung der für das Revisionsverfahren geltenden Vorschrift des § 72 ArbGG auf das Beschlussverfahren. In § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG ist der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache aufgeführt. Aus diesen Bestimmungen folgt, dass im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nur in den erwähnten Streitigkeiten über Fragen des Tarifrechts zugelassen werden kann. Die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften im Personalvertretungsrecht führt dazu, dass die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in Streitigkeiten wie der vorliegenden kein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist. Demgemäß kann auch die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde nicht auf diesen Gesichtspunkt gestützt werden.
2. Eine die Rechtsbeschwerde gemäß § 113 Abs. 2 SPersVG, § 92 a Satz 1, § 92 Abs. 1 Satz 2, § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG eröffnende Divergenz besteht nur dann, wenn das Beschwerdegericht seinem Beschluss einen abstrakten, die Entscheidung tragenden Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der im Widerspruch zu einem ebensolchen Rechtssatz in einer der als Divergenzentscheidung bezeichneten Entscheidungen steht. Eine solche Divergenz setzt weiter voraus, dass beide Entscheidungen entweder auf der Grundlage derselben Vorschrift oder auf der Grundlage wörtlich übereinstimmender und daher für eine Divergenz grundsätzlich in Betracht kommender Vorschriften des Bundes- oder Landesrechts ergangen sind. Fehlt es daran, ist eine Abweichung ausgeschlossen, weil zu Vorschriften, die einen unterschiedlichen sachlichen Regelungsgegenstand haben oder in anderem systematischen Zusammenhang stehen, abweichende Rechtssätze entwickelt werden können (stRspr; vgl. Beschluss vom 28. Juni 1996 - BVerwG 6 PB 11.95 - PersR 1997, 76). Gemäß § 92 a Satz 2, § 72 a Abs. 3 ArbGG muss in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde dargelegt werden, dass eine Divergenz im vorstehenden Sinne vorliegt. Dies ist hier nicht der Fall.
Die von der Beschwerde zur Begründung einer Divergenz zunächst herangezogene Entscheidung BVerfGE 58, 202, 205 ist zum Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl nach Art. 38 Abs. 1 GG und zum Bundeswahlgesetz ergangen, also zu anderen Gesetzen als dem Saarländischen Personalvertretungsgesetz und der im Gesetz Nr. 1488 getroffenen Sonderregelung. Darauf ist die Beschwerde nicht eingegangen. Ferner hat sie nicht dargelegt, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von dem durch das Bundesverfassungsgericht zu Art. 38 Abs. 1 GG aufgestellten und von der Beschwerde erwähnten Rechtssatz abweicht. Das Oberverwaltungsgericht hat sich mit Fragen der Allgemeinheit der Wahl überhaupt nicht befasst.
Entsprechendes gilt für die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze zur Gleichheit der Wahl gemäß Art. 38 Abs. 1 GG (BVerfGE 79, 161, 166; 82, 322, 337). Die Beschwerde legt nicht dar, dass das Oberverwaltungsgericht zu Art. 38 Abs. 1 GG einen Rechtssatz aufgestellt hat, der von dem Grundsatz der "strengen und formalen Gleichheit" abweicht. Die Beschwerde setzt die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zu der von ihm so bezeichneten "materiellen" Betrachtung, die auf Sinn und Zweck des vom Gesetzgebers gewollten Vorziehens der Wahlen für rechtlich noch nicht existente, faktisch aber schon vorhandene Dienststellen abstellt (S. 6 des angefochtenen Beschlusses), nicht in Beziehung zu den Wahlrechtsgrundsätzen und behauptet lediglich einen Verstoß gegen den Grundsatz der formalen Wahlrechtsgleichheit.
Soweit sich die Beschwerde auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu den herkömmlichen Einschränkungen des Wahlrechts bezieht, rügt sie, dass die Rechtsfortbildung des Oberverwaltungsgerichts mit ihnen unvereinbar sei, ohne aber aufzuzeigen, mit welchen abstrakten Rechtssätzen sich das Oberverwaltungsgericht zu diesen in Widerspruch gesetzt hat.
Im Übrigen ist die Beschwerde nicht darauf eingegangen, dass der Grundsatz der allgemeinen und gleichen Wahl, soweit er im Personalvertretungsrecht anzuwenden ist, sachlich erforderliche Ausnahmen zulässt (vgl. BVerfGE 60, 162, 168, 169; BVerwGE 110, 253, 263, 264 f.). Da hier eine solche Ausnahme in Betracht kommt, hätte die Beschwerde darlegen müssen, dass das Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung insoweit Rechtsgrundsätze zugrunde gelegt hat, die andere Maßstäbe als
- näher bezeichnete - divergenzfähige Entscheidungen enthalten.