Beschluss vom 16.04.2009 -
BVerwG 8 B 86.08ECLI:DE:BVerwG:2009:160409B8B86.08.0

Beschluss

BVerwG 8 B 86.08

  • VG Halle - 24.06.2008 - AZ: VG 1 A 300/06 HAL

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. April 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel
und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg und
Dr. Hauser
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 24. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

2 Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.

3 Die von der Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen Fragen:
Besteht ein Anscheinsbeweis für staatlichen Machtmissbrauch im Sinne von § 1 Abs. 3 VermG, wenn eine mit dem Stiftungszweck nicht in Übereinstimmung stehende Vermögensveräußerung ohne gesetzliche Grundlage erfolgte? Oder ist Machtmissbrauch im Sinne von § 1 Abs. 3 VermG im Falle der kommunalen Stiftung innerhalb der DDR dadurch ausgeschlossen, dass die zu ihren Lasten handelnden staatlichen Organe zugleich in ihrer Doppeleigenschaft als vertretungsberechtigte Organe der Stiftung untätig im Sinne der am Stiftungszweck orientierten Vermögensbewahrungspflicht blieben?,
würden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Denn das Verwaltungsgericht hat weder festgestellt, dass die Vermögensveräußerung mit dem Stiftungszweck nicht in Übereinstimmung stand, noch dass die vertretungsberechtigten Organe im Sinne einer am Stiftungszweck orientierten Vermögensbewahrungspflicht untätig blieben. Gegen die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts hat die Beschwerde keine Verfahrensrügen erhoben. Dass die Veräußerung von Grundstücken der Stiftung grundsätzlich zulässig war, ergibt sich aus § 8 des Statuts von 1897, der dies den städtischen Behörden vorbehielt.

4 Darüber hinaus lassen die in Form einer Berufungsbegründung gehaltene Beschwerdebegründung und die Replik zur Beschwerdeerwiderung keinen über den Einzelfall hinausgehenden Klärungsbedarf erkennen. Soweit die Replik neuen Vortrag enthält, kann dieser zudem nicht berücksichtigt werden, weil der Schriftsatz erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO am 11. September 2008 eingegangen ist.

5 Wann eine unlautere Machenschaft im Sinne von § 1 Abs. 3 VermG durch staatlichen Machtmissbrauch vorliegt, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. z.B. Urteil vom 31. Juli 2002 - BVerwG 8 C 32.01 - BVerwGE 117, 19 <20> m.w.N.). Das Verwaltungsgericht hat in Anwendung dieser Rechtsprechung ausgeführt, warum der Verkauf der Grundstücke durch den Vorstand der Klägerin nicht als Machtmissbrauch des Staates angesehen werden kann. Die dagegen gerichtete Begründung der Beschwerde stellt auf die Besonderheiten des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rechtsgrundsätzlichen Klärung im Revisionsverfahren.

6 Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass die Unerweislichkeit von Tatsachen, aus denen eine Partei ihr günstige Rechtsfolgen herleitet, grundsätzlich zu ihren Lasten geht. Dies gilt auch bei Anwendung des § 1 VermG. Zwar ist in bestimmten typischen Sachverhaltskonstellationen der Beweisnot der Geschädigten durch die Anerkennung eines Anscheinsbeweises Rechnung zu tragen mit der Folge, dass zugunsten der Geschädigten unter bestimmten Voraussetzungen eine unlautere Machenschaft und die Kausalität zwischen diesen und der Veräußerung widerlegbar vermutet wird. Über derartige, auf Erfahrungstatsachen beruhende und deshalb die „Beweiserleichterung“ rechtfertigende typische Sachverhalte hinaus ist eine generelle Umkehr der materiellen Beweislast im Rahmen des § 1 Abs. 3 VermG aber nicht gerechtfertigt (Urteil vom 26. September 1996 - BVerwG 7 C 14.95 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 88). Einen derart typischen Sachverhalt hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt.

7 Auch die weitere als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage stellt keine abstrakte Rechtsfrage von fallübergreifender Bedeutung dar. Die Beschwerde hat schon nicht darlegen können, weshalb die Beantwortung dieser Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzen soll. Sie kann letztlich nur deshalb gestellt werden, weil sie auf der besonderen rechtlichen Ausformung im konkreten Stiftungsstatut beruht.

8 Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO.

9 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.