Beschluss vom 16.03.2010 -
BVerwG 2 WDB 1.10ECLI:DE:BVerwG:2010:160310B2WDB1.10.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.03.2010 - 2 WDB 1.10 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:160310B2WDB1.10.0]

Beschluss

BVerwG 2 WDB 1.10

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller als Vorsitzenden,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer
am 16. März 2010 beschlossen:

Als zuständiges Gericht wird das Truppendienstgericht Süd bestimmt.

Gründe

I

1 Gegen den früheren Soldaten zu 1, Zeitsoldat bis zum Ablauf des 2. September 2008, ist mit Verfügung des Befehlshabers Streitkräfteunterstützungskommando vom 21. August 2008, ausgehändigt am 23. August 2008, ein gerichtliches Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Am 8. Dezember 2009 ging beim Truppendienstgericht Süd - 4. Kammer - in Koblenz die Anschuldigungsschrift der zuständigen Wehrdisziplinaranwaltschaft vom 17. November 2009 mit vier Anschuldigungspunkten ein.

2 Gegen die Soldatin zu 2, Zeitsoldatin (Dienstzeitende: 30. Juni 2010) und mit dem früheren Soldaten zu 1 verheiratet, ist mit Verfügung des Befehlshabers Streitkräfteunterstützungskommando vom 20. April 2009, ausgehändigt am 24. April 2009, ein gerichtliches Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Am 21. Dezember 2009 ging beim Truppendienstgericht Nord - 2. Kammer - in Münster die Anschuldigungsschrift der zuständigen Wehrdisziplinaranwaltschaft vom 15. Dezember 2009, bestehend aus einem Anschuldigungspunkt, ein.

3 Die Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich des Streitkräfteunterstützungskommandos hat beim Bundesverwaltungsgericht am 11. Februar 2010 beantragt, gemäß § 70 Abs. 3 WDO die 4. Kammer des Truppendienstgerichts Süd als auch für das bei der 2. Kammer des Truppendienstgerichts Nord anhängige Verfahren gegen die Soldatin zu 2 für zuständig zu erklären. Zur Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht, die angeschuldigten Dienstvergehen der miteinander verheirateten Soldaten hingen insoweit zusammen, als ihnen im Kern vorgeworfen werde, gemeinsam eine Firma geführt zu haben, ohne im Besitz einer Nebentätigkeitsgenehmigung gewesen zu sein. Die Verbindung der Verfahren solle bei der 4. Kammer des Truppendienstgerichts Süd erfolgen, da der dort angeschuldigte frühere Soldat zu 1 als Haupttäter anzusehen sei.

II

4 Der zulässige Antrag ist insoweit begründet, als das Truppendienstgericht Süd als zuständiges Gericht bestimmt wird.

5 Nach § 70 Abs. 3 WDO bestimmt das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag unter anderem einer am Verfahren beteiligten Behörde oder Dienststelle - hier der Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich des Streitkräfteunterstützungskommandos - durch Beschluss das zuständige Truppendienstgericht, wenn unter anderem bei zusammenhängenden Dienstvergehen mehrerer Soldaten unterschiedliche Gerichtsstände bestehen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

6 1. Für beide Soldaten sind an sich unterschiedliche Truppendienstgerichte zuständig. Deren Zuständigkeit bestimmt sich nach § 70 Abs. 1 WDO. Nach dieser Vorschrift ist das Truppendienstgericht zuständig, das für den Befehlsbereich errichtet ist, zu dem der Truppenteil oder die Dienststelle des Soldaten bei Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens gehört.

7 Als die Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens gegen den früheren Soldaten zu 1 am 23. August 2008 wirksam wurde (vgl. dazu § 93 Abs. 1 Satz 3 WDO), gehörte dieser als noch aktiver Soldat der .../Fernmelde-aufklärungsabschnitt ... in D. an. Da sich sein Truppenteil im maßgebenden Zeitpunkt im Bundesland Rheinland-Pfalz (Wehrbereich II) befand, ist für den früheren Soldaten zu 1 gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung über die Errichtung von Truppendienstgerichten (Errichtungsverordnung - ErrV) vom 16. Mai 2006, BGBl I S. 1262, das Truppendienstgericht Süd zuständig. Die Tatsache, dass der Soldat nach Zustellung der Einleitungsverfügung aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden ist, und zwar mit Ablauf des 2. September 2008, lässt den zuvor gemäß § 70 Abs. 1 WDO begründeten Gerichtsstand unberührt (vgl. Dau, WDO, 5. Aufl. 2009, § 70 Rn. 8).

8 Die Soldatin zu 2 gehörte zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Einleitungsverfügung am 24. April 2009 der .../Feldjägerbataillon ... in M. an. Für den im Bundesland Nordrhein-Westfalen (Wehrbereich II) gelegenen Truppenteil ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 ErrV das Truppendienstgericht Nord zuständig.

9 2. Es handelt sich hier auch um zusammenhängende Dienstvergehen mehrerer Soldaten im Sinne des § 70 Abs. 3 WDO. Die Wehrdisziplinarordnung enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, unter welchen Voraussetzungen ein Zusammenhang zwischen mehreren Dienstvergehen besteht. Der Wortlaut besagt nur, dass persönliche oder sachliche Gründe eine Art Klammer zwischen den mehreren Dienstpflichtverletzungen bilden müssen. Jedoch lässt sich dem Regelungszusammenhang, der Entstehungsgeschichte und dem daraus ableitbaren Zweck der Vorschrift entnehmen, dass ein Zusammenhang zwischen mehreren Dienstvergehen jedenfalls nur dann anzunehmen ist, wenn über die im Hinblick auf die beteiligten Soldaten oder aus sachlichen Gründen zusammenhängenden Dienstvergehen in einem einheitlichen Verfahren entschieden werden soll und die bisher mehreren Verfahren zu diesem Zweck bei dem für zuständig erklärten Gericht zur gemeinsamen Verhandlung verbunden werden sollen (Beschluss vom 26. Februar 2009 - BVerwG 2 WDB 1.09 - Buchholz 450.2 § 70 WDO 2002 Nr. 2).

10 Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die angeschuldigten Dienstvergehen der miteinander verheirateten Soldaten stehen in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang. Den Eheleuten wird als Soldaten im Kern zur Last gelegt, während des Zeitraums vom 27. Juli 2007 bis 31. August 2008 gemeinsam einen gewerblichen Kraftfahrzeughandel betrieben zu haben, ohne im Besitz einer Nebentätigkeitsgenehmigung gewesen zu sein (vgl. dazu Anschuldigungstenor und -begründung in der Anschuldigungsschrift vom 15. Dezember 2009 sowie Anschuldigungstenor und -begründung zu Anschuldigungspunkt 1 in der Anschuldigungsschrift vom 17. November 2009). Entsprechend der Antragsbegründung der Wehrdisziplinaranwaltschaft vom 11. Februar 2010 geht der Senat davon aus, dass beide gerichtlichen Disziplinarverfahren beim nunmehr zuständigen Truppendienstgericht zur gemeinsamen Verhandlung verbunden werden sollen.

11 3. Als zuständiges Gericht wird das Truppendienstgericht Süd bestimmt, das bereits für den hauptbeschuldigten früheren Soldaten zu 1 zuständig ist. Die Bestimmung der zuständigen Kammer innerhalb des Truppendienstgerichts Süd gehört nach dem eindeutigen Wortlaut des § 70 Abs. 3 WDO nicht zur Aufgabe des Senats im Rahmen der Zuständigkeitsbestimmung; sie hat vielmehr durch das Präsidium des Truppendienstgerichts Süd zu erfolgen (vgl. Beschluss vom 31. August 2006 - BVerwG 2 WDB 2.06 - Buchholz 450.2 § 70 WDO 2002 Nr. 1).