Beschluss vom 16.03.2004 -
BVerwG 1 DB 1.04ECLI:DE:BVerwG:2004:160304B1DB1.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.03.2004 - 1 DB 1.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:160304B1DB1.04.0]

Beschluss

BVerwG 1 DB 1.04

  • BDiG, Kammer XVIII - ... -, - 09.12.2003 - AZ: BDiG XVIII BK 12/02

In dem Beschwerdeverfahren hat der Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. März 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A l b e r s ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht M a y e r und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht H e e r e n
beschlossen:

  1. Dem früheren Beamten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gewährt.
  2. Seine Beschwerde gegen den Beschluss des Bundesdisziplinargerichts, Kammer XVIII - ... -, vom 9. Dezember 2003 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

I


Durch Urteil vom 11. Januar 2001 erkannte das Bundesdisziplinargericht dem früheren Beamten das Ruhegehalt ab und bewilligte ihm einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 v.H. seines erdienten Ruhegehalts auf die Dauer von sechs Monaten. Die Berufung hiergegen wies der Senat durch Urteil vom 14. November 2001 - BVerwG 1 D 9.01 - mit der Maßgabe zurück, dass dem früheren Beamten der Unterhaltsbeitrag in der angegebenen Höhe auf die Dauer von zwölf Monaten bewilligt wurde. Mit Schriftsatz ohne Datum, beim Bundesdisziplinargericht eingegangen am 10. Dezember 2002, beantragte der frühere Beamte die Weiterbewilligung der Unterhaltszahlungen. Das Bundesdisziplinargericht erklärte sich durch Beschluss vom 29. Januar 2003 für sachlich unzuständig und verwies das Verfahren an das Verwaltungsgericht M. Gegen diesen Beschluss legte der Vorstand der Deutschen Post AG Beschwerde ein, der der Senat durch Beschluss vom 12. Juni 2003 - BVerwG 1 DB 10.03 - stattgab und den Beschluss des Bundesdisziplinargerichts vom 29. Januar 2003 aufhob.
Das Bundesdisziplinargericht setzte das Verfahren fort und gab dem früheren Beamten am 2. Juli 2003 auf, eine beigefügte "Erklärung" über seine wirtschaftlichen Verhältnisse auszufüllen und die Richtigkeit seiner Angaben an Eides statt zu versichern. Der frühere Beamte beantwortete am 22. Juli 2003 die in der Erklärung gestellten Fragen.
Das Bundesdisziplinargericht wies den Antrag auf Unterhaltszahlungen durch Beschluss vom 9. Dezember 2003 zurück und führte zur Begründung aus, der frühere Beamte habe eine etwaige Bedürftigkeit selbst vorwerfbar verschuldet. Er sei seiner Verpflichtung, sich laufend um eine Einnahmequelle zu bemühen, nicht nachgekommen. Eines ernsthaften und nachhaltigen Bemühens während des gesamten Bewilligungszeitraumes um eine anderweitige Erwerbsquelle bedürfe es auch dann, wenn sich die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess bei den an seinem Wohnort oder dessen Umgebung bestehenden Verhältnissen auf Grund der Arbeitsmarktlage oder infolge seiner persönlichen Verhältnisse schwierig gestalte. Der frühere Beamte habe nachweislich in keinem Monat ein Bewerbungsschreiben verfasst und abgesandt. Er habe sich lediglich beim zuständigen Sozialamt gemeldet. Dies sei unzureichend.
Der Beschluss des Bundesdisziplinargerichts wurde dem früheren Beamten am 24. Dezember 2003 förmlich zugestellt. Eine Abschrift hiervon wurde seinem Verfahrensbevollmächtigten mit dem Zusatz übersandt, dass die Entscheidung mit gleicher Post zur Zustellung an seinen Mandanten gegeben worden sei (§ 23 a Abs. 2 Satz 2 BDO).
Mit Schriftsatz vom 7. Januar 2004 - beim Bundesdisziplinargericht per Fax eingegangen am 9. Januar 2004 - hat der Verfahrensbevollmächtigte des früheren Beamten Beschwerde eingelegt und wie folgt begründet:
Der frühere Beamte habe sich unmittelbar nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bemüht, eigene Einnahmequellen zu erschließen. Er habe sich auf alle ihm im Rahmen einer Computerrecherche zur Verfügung oder namhaft gemachten Stellen beworben. Er sei aber nirgendwo genommen worden. Ebenso habe er aus örtlichen Tageszeitungen über offene Stellen Informationen eingeholt und sich auf eine Vielzahl offener Stellen mündlich oder schriftlich beworben. Auf Grund seiner körperlichen Beschwerden sei das Angebot für geeignete Beschäftigungen für ihn höchst eingeschränkt. Er habe bis zum heutigen Tage keine Zuerkennung eines Schwerbehinderungsgrades beantragt, weil er auf Grund seines Lebensalters eine gewisse Scham verspürt habe, einen derartigen Antrag zu stellen. Er habe sich aber nunmehr davon überzeugen lassen, einen derartigen Antrag umgehend zu stellen. Es spreche alles dafür, dass seine Erwerbsunfähigkeit festgestellt werde.
Gegen eine etwaige Versäumung der Beschwerdefrist hat der Verfahrensbevollmächtigte des früheren Beamten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

II


Die am 9. Januar 2004 eingelegte Beschwerde war verspätet. Die zweiwöchige Beschwerdefrist lief am 7. Januar 2004 ab. Dem früheren Beamten war gegen die Versäumung der Frist jedoch auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil ihn kein eigenes Verschulden an der Versäumung der Frist trifft und ihm das Verschulden seines Bevollmächtigten nicht zuzurechnen ist (§ 25 BDO i.V.m. § 44 Satz 1 StPO).
Die nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nunmehr gemäß § 85 Abs. 5 BDG, § 110 Abs. 6 i.V.m. § 79 BDO zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Nach § 110 Abs. 2 Satz 2 BDO kann ein Unterhaltsbeitrag neu bewilligt werden, wenn die Voraussetzungen des § 77 BDO vorliegen. Danach muss der frühere Beamte nach seiner wirtschaftlichen Lage der Unterstützung bedürftig und darf ihrer nicht unwürdig sein. Darüber hinaus darf er seine Bedürftigkeit nicht selbst zu vertreten haben. Ob und inwieweit der frühere Beamte eines solchen Unterhaltsbeitrags bedürftig ist - die konkreten Einkommensverhältnisse seiner jetzigen Ehefrau hat er nicht dargelegt - kann offen bleiben; eine erneute Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags scheitert daran, dass er eine - unterstellte - Bedürftigkeit selbst zu vertreten hat. Die Weiterbewilligung eines Unterhaltsbeitrags als Übergangsleistung setzt voraus, dass sich der frühere Beamte nach Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme in ausreichendem Maß um andere Einkünfte - sei es aus einer Erwerbstätigkeit, sei es aus einer Rente - bemüht hat. Derartige Bemühungen hat der frühere Beamte entgegen seinem Vorbringen in der Beschwerdeschrift nicht nachgewiesen.
Bereits im Urteil des Bundesdisziplinargerichts vom 11. Januar 2001 ist der frühere Beamte darüber belehrt worden, dass er sich intensiv um einen neuen Arbeitsplatz bemühen müsse und eine Weiterbewilligung von Unterhaltszahlungen nur möglich sei, wenn er diese Bemühungen auch nachweise. Dazu genüge die Meldung beim Arbeitsamt als Arbeitssuchender allein nicht, vielmehr müsse er praktisch täglich auf Arbeitssuche gehen und dies durch entsprechende Unterlagen belegen, etwa durch Durchschriften von Bewerbungen, Absagen, Meldung auf Zeitungsannoncen, eigene Zeitungsannoncen, Telefonvermerke über Bewerbungen und ähnliches. Ferner wurde er darauf hingewiesen, dass Dienstunfähigkeit im beamtenrechtlichen Sinne nicht mit Erwerbsunfähigkeit gleichzusetzen sei. Bei einem eventuellen Antrag auf Weiterbewilligung des Unterhaltsbeitrags könne er sich nicht darauf berufen, dass er dienstunfähig sei und er sich nicht um eine Arbeit bemühen müsse. Trotz seiner Behinderung sei es nicht ausgeschlossen, dass er eine Erwerbstätigkeit aufnehmen könne.
Entgegen dieser Belehrung hat der frühere Beamte derartige Bemühungen nicht nachgewiesen. In der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat er vielmehr verneint, in den letzten sechs Monaten schriftliche, mündliche und telefonische Bewerbungen abgegeben zu haben und sich auch nicht durch eigene Zeitungsanzeigen persönlich um Arbeit bemüht zu haben. Seine nunmehrige im Beschwerdeschriftsatz abgegebene und durch das Zeugnis seiner Ehefrau unter Beweis gestellte Behauptung, er habe sich auf alle ihm im Rahmen einer Computerrecherche zur Verfügung oder namhaft gemachten Stellen beworben und sich auch auf offene Stellen in örtlichen Tageszeitungen gemeldet, ist unzureichend. Es hätte nichts näher gelegen, als in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, deren Richtigkeit und Vollständigkeit er an Eides statt versichert hat, anzugeben, dass er sich über Computerrecherchen und Informationen aus örtlichen Tageszeitungen beworben hat. Darüber hinaus sind die Angaben in der Beschwerdeschrift nicht substantiiert. Er hat nicht angegeben, wann und wie oft er sich um Arbeit bemüht haben will. Um einen konkreten Nachweis führen zu können, ist ihm gerade deshalb vom Bundesdisziplinargericht aufgegeben worden, hierüber entsprechende Aufzeichnungen zu führen.
Wenn der frühere Beamte einen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente (keine Zuerkennung eines Schwerbehinderungsgrades) bisher aus Scham nicht gestellt hat, so muss er sich dies selbst zurechnen lassen. Der Senat hat im Berufungsurteil vom 14. November 2001 den erstinstanzlich bewilligten Unterhaltsbeitrag von sechs auf zwölf Monate verlängert, weil es möglich erschien, dass der frühere Beamte, der in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern sei, wegen seines angeschlagenen Gesundheitszustandes die Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente erfülle. Ein Unterhaltsbeitrag auf die Dauer von zwölf Monaten stelle sicher, dass er in der Zeit, die für seine Nachversicherung, die Feststellung seiner Rentenberechtigung sowie die Festsetzung und Auszahlung einer etwaigen Rente benötigt werde, nicht in eine finanzielle Zwangslage gerate. Wenn er dann innerhalb dieser zu seinen Gunsten verlängerten Frist noch nicht einmal einen entsprechenden Rentenantrag stellt, hat er sich dies selbst zuzuschreiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 114 Abs. 1 Satz 1 BDO. Da der Senat nur über die Kosten des erfolglosen Beschwerdeverfahrens zu entscheiden hatte, konnte die Richtigkeit des dem früheren Beamten begünstigenden Teils der Kostenentscheidung im Beschluss des Bundesdisziplinargerichts vom 9. Dezember 2003, wonach die Kosten und notwendigen Auslagen, die dem früheren Beamten im Verfahren BVerwG 1 DB 10.03 entstanden sind, der Bund zu tragen habe, nicht überprüft werden.