Beschluss vom 16.02.2004 -
BVerwG 7 B 116.03ECLI:DE:BVerwG:2004:160204B7B116.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.02.2004 - 7 B 116.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:160204B7B116.03.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 116.03

  • VG Dresden - 21.07.2003 - AZ: VG 6 K 1887/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Februar 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l und K l e y
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 21. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 24 286 € festgesetzt.

Der Kläger beansprucht die Rückübertragung eines Hausgrundstücks nach den Vorschriften des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen - VermG -. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage abgewiesen, weil der Rechtsvorgänger der Beigeladenen und dessen damalige Ehefrau das Haus und das dafür verliehene dingliche Nutzungsrecht im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG redlich erworben hätten.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Es liegt weder die geltend gemachte Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vor (1.), noch ist der nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerügte Verfahrensfehler erkennbar (2.).
1. Der Kläger meint, das Urteil des Verwaltungsgerichts weiche von der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (zuletzt Urteil vom 28. Februar 2001 - BVerwG 8 C 10.00 - Buchholz 428 § 4 Abs. 2 VermG Nr. 14) ab,
"wonach die Frage, ob greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für die Unredlichkeit des Erwerbs vorliegen, nur dann von Bedeutung ist, wenn Tatsachen, die für die Beurteilung der Redlichkeit erheblich sind, trotz Ausschöpfens aller in Betracht kommenden Aufklärungsmöglichkeiten im Sinne des § 86 Abs. 1 VwGO nicht abschließend aufklärbar sind."
Demgegenüber ergebe sich aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts,
"dass, wenn schon greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine mögliche Unredlichkeit nicht bestehen, eine Prüfung der für den Rückübertragungsausschluss begründenden Redlichkeit entbehrlich sei."
Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung habe das Verwaltungsgericht die Einholung einer Auskunft der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes zu von ihm - dem Kläger - benannten Personen als unzulässige Ausforschung abgelehnt. Es halte somit - anders als das Bundesverwaltungsgericht - für die Beurteilung der Redlichkeit nicht die Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Aufklärungsmöglichkeiten für nötig.
Die gerügte Abweichung besteht nicht. Das Verwaltungsgericht hat sich keineswegs auf den Standpunkt gestellt, der Frage der Redlichkeit des Erwerbs gar nicht erst nachgehen zu müssen, solange tatsächliche Anhaltspunkte für eine mögliche Unredlichkeit nicht erkennbar sind. Vielmehr hat es zunächst geprüft, ob die Umstände des Erwerbs dessen Unredlichkeit oder zumindest Anhaltspunkte dafür begründen und erst, nachdem es dies verneint hat, eine weitere Beweisaufnahme abgelehnt, weil es sich um eine unzulässige Ausforschung handele. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der die Grundannahme der Redlichkeit, von der der Gesetzgeber ausgeht (vgl. Urteil vom 30. November 2000 - BVerwG 7 C 87.99 - Buchholz a.a.O. Nr. 12), das Gericht selbstverständlich nicht davon entbindet, zunächst im Rahmen seiner Pflicht zur Sachverhaltserforschung die Erwerbsumstände zu ermitteln, um aufgrund des Ergebnisses dieser Ermittlungen die Redlichkeitsfrage beurteilen zu können (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2001, a.a.O.). Die Amtsermittlungspflicht geht allerdings auch an dieser Stelle nicht über das hinaus, was der Untersuchungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO allgemein gebietet; "ins Blaue hinein" müssen keine Beweise erhoben werden. Das Verwaltungsgericht hat es daher zu Recht abgelehnt, die begehrten Auskünfte der Bundesbeauftragten einzuholen, weil sich keine Anhaltspunkte für eine unrechtmäßige Einflussnahme der genannten Personen auf das Erwerbsgeschäft ergeben hatten.
2. Auch der vom Kläger gerügte Verfahrensmangel ist nicht feststellbar. Er beanstandet, dass das Verwaltungsgericht den Zeugen Karl-Heinz H. nicht vernommen habe, der bei dem Erwerbsgeschäft als Veräußerer aufgetreten sei. Darüber hinaus rügt er auch in diesem Zusammenhang, dass zu diesem Zeugen keine Auskunft der Bundesbeauftragten eingeholt worden sei.
Die Zeugenvernehmung, die der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht beantragt, sondern ausweislich des Sitzungsprotokolls lediglich "angeregt" hatte, musste sich dem Gericht nicht aufdrängen; denn die Ermittlung der Erwerbsumstände hatte weder einen Rechtsverstoß noch Anhaltspunkte für eine besondere Verbundenheit zwischen den Erwerbern und dem Zeugen ergeben. Angesichts dessen fehlte es an konkreten Ansatzpunkten für eine weitere Sachaufklärung. Aus demselben Grund hätte sich - wie bereits oben dargelegt - die Einholung einer Auskunft der Bundesbeauftragten zu dem Zeugen als bloße Ausforschung dargestellt.
Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.