Beschluss vom 15.12.2005 -
BVerwG 8 B 83.05ECLI:DE:BVerwG:2005:151205B8B83.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 15.12.2005 - 8 B 83.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:151205B8B83.05.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 83.05

  • VG Cottbus - 01.06.2005 - AZ: VG 1 K 332/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. Dezember 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht G o l z e und die Richterin
am Bundesverwaltungsgericht Dr. H a u s e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 1. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 73 660 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der von den Klägerinnen allein geltend gemachte Revisionszulassungsgrund des Verfahrensfehlers gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor.

2 Die Klägerinnen sehen einen Verfahrensmangel darin, dass das Verwaltungsgericht von einem falschen und unvollständigen Sachverhalt ausgegangen sei und das Verwaltungsgericht seine Aufklärungspflicht nicht erfüllt habe.

3 Die Klägerinnen verkennen, dass zwar die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen ermittelt (§ 31 Abs. 1 Satz 1 VermG) und auch das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen erforscht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO), die Beteiligten deswegen aber nicht von ihrer Mitwirkungspflicht (§ 31 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VermG; § 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO; s.a. Urteil vom 5. Oktober 2000 - BVerwG 7 C 8.00 - Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 21) befreit sind. Grundsätzlich hat die Klagepartei die entscheidungserheblichen Tatsachen zu belegen.

4 Die Klägerinnen stützen ihren Anspruch darauf, dass sie als Rechtsnachfolgerinnen des ursprünglich im Grundbuch eingetragenen geschädigten Eigentümers des streitgegenständlichen Grundstücks Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes sind und kein Restitutionsausschlussgrund gegeben ist. Die Frage der Berechtigung ist nicht streitig, weil das Verwaltungsgericht von einer bestandskräftigen Berechtigungsfeststellung der Klägerinnen ausgegangen ist. Hinsichtlich der Erwerbsumstände durch den Beigeladenen zu 1 und seiner Ehefrau haben die Klägerinnen weder im Verwaltungsverfahren noch im Klageverfahren schlüssig Tatsachen vorgetragen, die geeignet gewesen wären, die Grundannahme der Redlichkeit zu erschüttern (BVerwG, Urteil vom 24. März 1994 - BVerwG 7 C 11.93 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 20 S. 22; vom 30. November 2000 - BVerwG 7 C 87.99 - Buchholz 428 § 4 Abs. 2 VermG Nr. 12 S. 42). Zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 1. Juni 2005 für die Klägerinnen niemand erschienen. Die mündliche Verhandlung wurde für weiteren Sachvortrag und entsprechende Beweisangebote somit nicht genutzt. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, Belege für den von den Klägerinnen geltend gemachten Anspruch zu ermitteln. Ebenso wenig ist es Aufgabe eines Revisionsverfahrens, Versäumnisse der mitwirkungspflichtigen Parteien im erstinstanzlichen Verfahren zu bereinigen. Der von der Beschwerde geltend gemachte Verstoß der Verletzung der Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO liegt daher nicht vor. Im Übrigen benennt auch die Beschwerde weder konkrete beweiserhebliche Tatsachen noch geeignete Beweismittel.

5 Was den geltend gemachten Verstoß gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung und den Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO anbelangt, weil das Verwaltungsgericht von einem falschen und unvollständigen Sachverhalt ausgegangen sein soll, liegt er nicht vor. Es gehört zu der dem Tatsachengericht durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragenen Aufgabe, sich im Wege der freien Beweiswürdigung unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden (vgl. etwa Beschluss vom 14. März 1988 - BVerwG 5 B 7.88 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 199 S. 31 <32 f.>). Revisionsrechtlich sind die Grundsätze der Beweiswürdigung dem sachlichen Recht zuzuordnen. Mit Angriffen gegen die Beweiswürdigung kann deswegen ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO regelmäßig nicht bezeichnet werden (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 12. Januar 1995 - BVerwG 4 B 197.94 - Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 1 <4>). Nur ausnahmsweise kann die Tatsachenwürdigung der Vorinstanz an einem Verfahrensmangel leiden. Dies ist hier nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht hat die einzelnen erheblichen Tatsachen um den Erwerbsvorgang durch den Beigeladenen zu 1 und seiner Ehefrau bei der Bewertung der für die Feststellung des Sachverhalts maßgeblichen Umstände zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Nach Meinung der Beschwerdeführerinnen hat es daraus nicht die zutreffenden Schlüsse gezogen. Eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes läge aber nur vor, wenn insoweit gegen Denkgesetze verstoßen worden wäre und ein aus Gründen der Logik schlechthin unmöglicher Schluss gezogen worden wäre (stRspr, vgl. Urteil vom 20. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 147.86 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 37 S. 1 <4>). Davon kann hier keine Rede sein. Die Beschwerde kritisiert allgemein die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung und setzt dieser ihre eigene Würdigung entgegen, ohne einen Verstoß gegen Denkgesetze zu benennen.

6 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.