Verfahrensinformation

Der aus Taiwan stammende Kläger hält sich seit 1986 mit jeweils verlängerten Aufenthaltsbewilligungen zu Studienzwecken in Deutschland auf. Nachdem er im Juli 2001 in den Niederlanden die nach dortigem Recht mögliche gleichgeschlechtliche Ehe mit einem in Deutschland arbeitenden niederländischen Staatsangehörigen geschlossen hatte, erteilte ihm die Ausländerbehörde eine auf zwei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis. Seine Klage auf Erteilung der fünfjährigen Aufenthaltserlaubnis-EG hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe abgewiesen, weil die "Ehe" zwischen gleichgeschlechtlichen Personen bislang nicht unter den Ehebegriff des Art. 10 Abs. 1 lit. a VO (EWG) Nr. 1612/68 falle. Nach geltendem Gemeinschaftsrecht komme die Anerkennung einer gleichgeschlechtlichen Ehe bei Anwendung aufenthaltsrechtlicher Vorschriften nur aufgrund des Diskriminierungsverbots in Betracht, wenn sie der Aufnahmemitgliedstaat mit der herkömmlichen Ehe gleichstelle. In Deutschland sei für gleichgeschlechtliche Partner aber (nur) eine eingetragene Lebenspartnerschaft möglich und ein Nachzugsrecht nach § 27 a AuslG vorgesehen. Eine dementsprechende Aufenthaltserlaubnis habe der Kläger erhalten. Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision des Klägers.


Beschluss vom 15.12.2005 -
BVerwG 1 C 26.04ECLI:DE:BVerwG:2005:151205B1C26.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 15.12.2005 - 1 C 26.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:151205B1C26.04.0]

Beschluss

BVerwG 1 C 26.04

  • VG Karlsruhe - 09.09.2004 - AZ: VG 2 K 1420/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. Dezember 2005
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r ,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht B e c k und den Richter am
Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:

  1. Das Verfahren wird eingestellt.
  2. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 9. September 2004 ist wirkungslos.
  3. Die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Das Verfahren ist in der Hauptsache durch die übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten erledigt. Es ist damit in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 i.V.m. § 141 Abs. 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO einzustellen. Gemäß § 173 VwGO i.V.m. einer entsprechenden Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist die Entscheidung der Vorinstanz wirkungslos.

2 Über die Kosten des Verfahrens ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO). Billigem Ermessen entspricht es hier, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben. Zwar sind in der Regel demjenigen die Kosten aufzuerlegen, der ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses (hier: die Änderung der Rechtslage durch Inkrafttreten des neuen Freizügigkeitsgesetzes/EU, die zum Wegfall des Fortsetzungsfeststellungsinteresses des Klägers geführt hat) voraussichtlich unterlegen wäre. Im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten ist es allerdings nicht Aufgabe des Gerichts, schwierige Rechtsfragen abschließend zu beantworten. Ist - wie hier - die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung einer bisher höchstrichterlich noch nicht geklärten Rechtsfrage zugelassen worden, kann das Gericht in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Kosten des Verfahrens entweder verhältnismäßig teilen oder gegeneinander aufheben. Im vorliegenden Fall hält der Senat eine Kostenaufhebung für angemessen (vgl. etwa auch Beschluss vom 12. Oktober 1994 - BVerwG 8 C 10.94 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 107).

3 Die Festsetzung des Streitwertes für das Revisionsverfahren beruht auf § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 1, § 72 Nr. 1 GKG.