Beschluss vom 15.04.2004 -
BVerwG 8 B 27.04ECLI:DE:BVerwG:2004:150404B8B27.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 15.04.2004 - 8 B 27.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:150404B8B27.04.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 27.04

  • VG Weimar - 20.11.2003 - AZ: VG 6 K 836/00.We

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. April 2004
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a g e n k o p f ,
G o l z e und P o s t i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 20. November 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 24 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die allein geltend gemachten Verfahrensverstöße (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.
1. Die Rüge der Beschwerde, das Verwaltungsgericht habe gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag der Kläger mit der Begründung zurückgewiesen, es handele sich um Behauptungen "ins Blaue", und damit um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Diese Entscheidung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen, unter denen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Beweisantrag als unzulässiger Ausforschungsbeweis zurückgewiesen werden kann, hat das Verwaltungsgericht unter Angabe der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelnen dargelegt. Auf diese Ausführungen wird verwiesen.
Danach durfte der hier gestellte Beweisantrag zurückgewiesen werden. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die die Beschwerde nicht angegriffen hat, wurde der Rechtsvorgänger der Kläger und damalige Eigentümer des Rittergutes am 14. Oktober 1945 schriftlich davon in Kenntnis gesetzt, dass gemäß dem Gesetz zur Durchführung der Bodenreform der Provinz Sachsen vom 3. September 1945 und dem Beschluss der Gemeindebodenkommission vom 4. Oktober 1945 die Enteignung seines gesamten Gutes erfolgt sei. Auf den Einspruch des Vaters des Klägers zu 1 habe die Bezirksbodenkommission mit Schreiben vom 7. Dezember 1945 die Richtigkeit der Enteignung des gesamten Gutes bestätigt und den Einspruch abgelehnt. Weiter hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass in einer Aufstellung der Gemeindebodenkommission vom 14. Oktober 1945 der "aufgrund des Beschlusses vom 4. Oktober 1945 enteignete Grundbesitz", zu dem auch das hier streitige Rittergut gehört habe, an Neusiedler verteilt worden sei. Unter diesen Umständen musste das Verwaltungsgericht der Behauptung der Kläger, ein Major der SMAD habe bei einem Verhör des Vaters des Klägers zu 1 erklärt, der hier streitige Teil des Grundbesitzes werde nicht enteignet und die Beschlagnahme werde aufgehoben, nicht weiter nachgehen, weil keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass - die Richtigkeit der Äußerung des Offiziers unterstellt - diese von ihm oder anderen Stellen der SMAD gegenüber deutschen Stellen auch umgesetzt worden ist. Dies gilt umso mehr, als den Klägern vom Verwaltungsgericht auf deren Bitte hin durch Vertagung des Rechtsstreits Gelegenheit gegeben wurde, ihrerseits in den von ihnen genannten Archiven Nachforschungen anzustellen, und dies innerhalb eines Zeitraums von fast drei Jahren keine konkreten Ergebnisse erbracht hat.
2. Auch die Rüge der Kläger, das Verwaltungsgericht habe es entgegen ihrem Antrag unterlassen, das Verfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gemäß § 94 VwGO auszusetzen, kann nicht zur Zulassung der Revision führen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Rüge, die Vorinstanz habe einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens trotz anhängiger Verfassungsbeschwerden zu derselben Rechtsvorschrift zu Unrecht abgelehnt, keinen Verfahrensfehler bezeichnen, der in einem Revisionsverfahren durch das Revisionsgericht überprüft werden könnte und deshalb die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO rechtfertigen würde (vgl. Beschluss vom 22. Dezember 1997 - BVerwG 8 B 255.97 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziffer 3 VwGO Nr. 16 m.w.N.; die gegen diesen Beschluss eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen - BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1998 - 1 BvR 479.98 -). Nichts anderes kann für die unterlassene Aussetzung wegen eines vermeintlich vorgreiflichen Verfahrens beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gelten. Auch in diesem Falle würde die Überprüfung der Aussetzungsentscheidung durch die Vorinstanz im Rahmen eines Revisionsverfahrens dazu führen, dass der gesetzliche Beschwerdeausschluss gemäß § 37 VermG und die Bindungswirkung gemäß § 548 ZPO i.V.m. § 173 VwGO umgangen würde (vgl. Beschluss vom 22. Dezember 1997 - BVerwG 8 B 255.97 - a.a.O.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 13, 14 GKG.