Beschluss vom 14.12.2006 -
BVerwG 2 B 59.06ECLI:DE:BVerwG:2006:141206B2B59.06.0

Beschluss

BVerwG 2 B 59.06

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 22.06.2006 - AZ: OVG 1 A 2526/04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. Dezember 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bayer und Dr. Heitz
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 888 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Vorbringen der Beschwerde rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 VwGO.

2 Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigelegte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass das erstrebte Revisionsverfahren zur Beantwortung entscheidungserheblicher konkreter Rechtsfragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts höchstrichterlicher Klärung bedürfen (vgl. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>).

3 Das Vorbringen der Beschwerde lässt nicht erkennen, weshalb die von ihr gewünschte Klärung der Frage:
„Ist ein nach österreichischem Recht anerkanntes Kurhotel einem Sanatorium i.S.d. § 6 a.F. BVO NW gleichzusetzen?“
die Durchführung eines Revisionsverfahrens erfordert. Dass sich die Qualität einer Einrichtung als Sanatorium im Verständnis des nordrhein-westfälischen Beihilferechts nach der Legaldefinition des § 6 Abs. 2 BVO NW, hier noch anzuwenden i.d.F. der Neunten Verordnung zur Änderung der Beihilfenverordnung vom 19. Dezember 1991 (GV NW 1992 S. 10), und nicht nach der Anerkennung als „Kurhotel“ durch eine ausländische Behörde bestimmt, ist selbstverständlich und ist auch von dem Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen worden. Insoweit bedarf es nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Die Angriffe der Beschwerde, dass die Beurteilung einer konkreten Einrichtung als „Sanatorium“ durch das Oberverwaltungsgericht unvollständig und fehlerhaft ist, rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

4 Die von der Beschwerde weiterhin aufgeworfene Frage:
„Ist die Ausnahmeregelung des § 13 Abs. 8 BVO NW ebenso auszulegen wie die Vorschrift des § 17 Abs. 8 BhV, mit der Folge, dass das fehlende Verschulden des Antragstellers lediglich die fehlende Anerkennung, nicht jedoch die fehlende Bestätigung durch ein amts- oder vertrauensärztliches Gutachten überwindet?“
führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. Da der Wortlaut des § 13 Abs. 8 BVO NW von dem Wortlaut des § 17 Abs. 8 BhV augenfällig abweicht, drängt sich ein unterschiedliches Verständnis der beiden Vorschriften geradezu auf. § 17 Abs. 8 BhV bezieht sich ausdrücklich ausschließlich auf § 7 Abs. 2 Nr. 2 BhV, der die vorherige Anerkennung der Beihilfefähigkeit durch die Festsetzungsstelle regelt, und nicht auf das amts- oder vertrauensärztliche Gutachten gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 BhV. Diese Beschränkung kennt das Landesrecht Nordrhein-Westfalen nicht. Dieses geht davon aus, dass die Beihilfe gewährt wird, wenn die erforderliche vorherige Anerkennung der Beihilfefähigkeit ohne Verschulden des Antragstellers unterblieben ist. Aus welchen Gründen die Beihilfefähigkeit einer Maßnahme vorher nicht anerkannt worden ist, hat offensichtlich keine Bedeutung, soweit das Unterbleiben vom Antragsteller nicht verschuldet worden ist. Zudem sieht das Beihilferecht des Landes Nordrhein-Westfalen das Gutachten des zuständigen Amtsarztes oder eines Vertrauensarztes gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BVO NW nur als unselbstständige Voraussetzung für die Anerkennung durch die Festsetzungsstelle vor, was ebenfalls Anlass für eine unterschiedliche Auslegung von Bundes- und Landesrecht gibt.

5 Die von der Beschwerde schließlich aufgeworfene Frage:
„Wann liegt ein Unterbleiben der Anerkennung ‚ohne Verschulden’ des Antragstellers i.S.d. § 13 Abs. 8 BVO NW vor?“
rechtfertigt ebenso wenig die Zulassung der Revision, weil sie nicht allgemein gültig zu beantworten ist. Die von der Beschwerde geäußerte Hoffnung, dass in einem Revisionsverfahren „abschließend auf den Einzelfall übertragbare Kriterien“ aufgestellt werden könnten, würde sich nicht erfüllen. Verschulden umfasst - mangels anderweitiger normativer Konkretisierung - entsprechend § 276 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit; fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hängt sehr stark von den Umständen des Einzelfalls ab und ist weitgehend von der tatrichterlichen Würdigung geprägt.

6 Eine Zulassung wegen Divergenz (Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) scheidet aus. Eine die Revision eröffnende Abweichung ist nur dann gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz zu einer gleichlautenden Rechtsnorm widersprochen hat. Daran fehlt es hier. Das von der Beschwerde herangezogene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. November 1998 - BVerwG 2 A 6.97 - (DokBer B 1999, 59) verhält sich zu § 17 Abs. 8 BhV. Diese Vorschrift hat, wie bereits ausgeführt, einen wesentlich anderen Inhalt als die hier einschlägige Regelung des § 13 Abs. 8 BVO NW. Eine Abweichung i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO scheidet aus, weil es nicht um sich widersprechende Rechtsauffassungen zu einer identischen Rechtsfrage geht.

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 3 GKG.