Beschluss vom 14.10.2014 -
BVerwG 2 B 59.14ECLI:DE:BVerwG:2014:141014B2B59.14.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.10.2014 - 2 B 59.14 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:141014B2B59.14.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 59.14

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. Oktober 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner und Dollinger
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 25. Juni 2014 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens der Anhörungsrüge.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge des Klägers ist unbegründet, weil die für eine Fortführung des Verfahrens erforderliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO) nicht vorliegt.

2 Der in Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör verbürgt den Beteiligten eines Gerichtsverfahrens vor Erlass einer Entscheidung, die ihre Rechte betrifft, zu Wort zu kommen und mit ihren Ausführungen und Anträgen Einfluss auf das Verfahren nehmen zu können (BVerfG, Plenumsbeschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 <408 f.>). Ihre Ausführungen hat das Gericht zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist allerdings nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Vielmehr sind lediglich diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Ein Beschluss, mit dem die Zulassung der Revision abgelehnt worden ist, soll nach § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO überdies nur „kurz“ begründet werden. Aus dem Fehlen einer ausführlicheren Begründung kann daher nur ausnahmsweise, wenn sich hierfür aus den besonderen Umständen des Falls Anhaltspunkte ergeben, auf eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geschlossen werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216 f.>; Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>).

3 Derartige Umstände hat der Kläger nicht dargelegt. Er wendet sich vielmehr in der Sache gegen den vom Senat für richtig befundenen Rechtssatz, dass eine Beförderung nur bei vorheriger fiktiver Versetzung auf einen höherbewerteten Dienstposten erfolgen kann. Damit verkennt die Anhörungsrüge Sinn und Zweck des durch § 152a VwGO eingeführten außerordentlichen Rechtsbehelfs und begehrt eine wiederholte inhaltliche Überprüfung. Die erneute Richtigkeitskontrolle kann auf den Anspruch rechtlichen Gehörs aber nicht gestützt werden. Auch Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte nicht, einem tatsächlichen Umstand die vom Kläger erwünschte Bedeutung zuzumessen oder seiner Rechtsansicht zu folgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. April 1983 - 2 BvR 678/81 u.a. - BVerfGE 64, 1 <12>). Unabhängig hiervon gehen die Einwände auch in der Sache fehl:

4 § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG eröffnet die Möglichkeit einer einheitlichen und rechtswegübergreifenden Entscheidung über sämtliche Anspruchsgrundlagen. Voraussetzung hierfür ist indes, dass es sich um denselben Streitgegenstand handelt; nur dann geht es um „den Rechtsstreit“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG (BSG, Beschluss vom 18. März 2014 - B 8 SF 2/13 R - juris Rn. 11 und BGH, Beschluss vom 27. November 2013 - III ZB 59/13 - BGHZ 199, 159 Rn. 14 f.). Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Der Rechtsstreit über eine Beförderung und derjenige um eine fiktive Versetzung auf einen höherbewerteten Dienstposten betreffen jeweils unterschiedliche Gegenstände. Aus § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG folgt indes nicht, dass alle zeitlich vorgelagerten Schritte hin zu einer Beförderung selbst dann inzident in einem einzigen Verfahren einer inhaltlichen Überprüfung zugeführt werden müssten, wenn für die Vorfragen eine eigenständige Kontrollmöglichkeit besteht. Derartige Abschichtungen sind im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit vielmehr weit verbreitet (vgl. zum Ausschluss der Rügen gegen eine nicht mit Rechtsmitteln angegriffene dienstliche Beurteilung eines Soldaten im Rahmen eines Auswahlverfahrens etwa Beschluss vom 4. Juni 2014 - BVerwG 2 B 108.13 - juris Rn. 6).

5 Entgegen der Ansicht der Anhörungsrüge entsteht mit dieser Konzeption auch keine Rechtsschutzlücke. Wie im Beschluss vom 25. Juni 2014 (Rn. 10) bereits ausgeführt, bestand auch in der Vergangenheit die Möglichkeit, eine fiktive Versetzung unmittelbar und eigenständig geltend zu machen und nötigenfalls auch einzuklagen. Dass der Kläger von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, ändert hieran nichts. Etwaige Mängel in der Rechtsbehelfsbelehrung führen ggf. zu einer Verlängerung der maßgeblichen Fristen; sie machen notwendige Rechtsmittel aber nicht entbehrlich.

6 Aus dem zitierten Senatsurteil vom 10. April 1997 - BVerwG 2 C 38.95 - (Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 16) folgt nichts anderes, weil es auf einer anderen Rechtslage beruht und damals die Richtlinie für die Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten vom 11. Juli 2002 mit der dort statuierten Vergleichsgruppenbildung und dem Grundsatz „Versetzung vor Beförderung“ noch nicht existierte.

7 Der mit Schriftsatz vom 28. Mai 2014 beantragten Beweiserhebung konnte schon deshalb nicht Folge geleistet werden, weil das Beschwerdeverfahren (wie auch das Revisionsverfahren) eine eigenständige Beweisaufnahme nicht kennt. Die unter Beweis gestellte Behauptung, fiktive Versetzungen würden in der Praxis nicht verfügt, widerspricht im Übrigen den - nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden - Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts: Danach ist der Kläger selbst zum 1. Dezember 2004 fiktiv auf einen Dienstposten der Besoldungsgruppe A 12 versetzt worden, bevor er mit Wirkung zum 1. Juli 2006 in eine entsprechende Planstelle eingewiesen worden ist (UA S. 12). Dem Vortrag konnte daher schon aus Rechtsgründen keine Folge geleistet werden. Eine Behandlung als Verfahrensrüge, die vom Kläger nicht geltend gemacht worden ist, hätte wegen Ablaufs der in § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO angeordneten Frist zu keinem anderen Ergebnis geführt. Im Übrigen ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, worauf der benannte Zeuge seine besondere Sachkenntnis hätte stützen können. Konkretisierte Anhaltspunkte für eine abweichende Praxis ergaben sich aus dem pauschalen Vortrag jedenfalls nicht.

8 Soweit die Rüge schließlich eine Nichtberücksichtigung des Vorbringens für den Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis zum 30. September 2006 reklamiert, ist bereits im Beschluss vom 25. Juni 2014 (Rn. 30) darauf hingewiesen worden, dass die Erläuterungen zur Erlasslage vom 9. August 2010, auf deren Regelungen die Beschwerdebegründung gestützt war (S. 14 der Beschwerdebegründung vom 20. Dezember 2012), erst nachträglich ergangen sind. Eine etwaige Nichtberücksichtigung im Jahr 2006 kann daher nicht an den Vorgaben der erst vier Jahre später erlassenen Erläuterungen gemessen werden. Weder die angegriffene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch der Senatsbeschluss vom 25. Juni 2014 können mithin auf einer Nichtberücksichtigung dieses Vortrags beruhen. Darüber hinaus ist der Kläger erst im Juni 2006 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 eingewiesen worden. Wieso bei einer etwaigen, nur wenige Wochen später erfolgenden Entscheidung über fiktive Versetzungen auf einen nach der Besoldungsgruppe A 13 bewerteten Dienstpostens eine Auswahl des Klägers hätte erfolgen müssen, ist weder der Beschwerdebegründung noch der Anhörungsrüge zu entnehmen (vgl. zur Berücksichtigung der Dienstzeiten auch § 5 SLV 2006).

9 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

10 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).