Beschluss vom 14.07.2005 -
BVerwG 9 VR 22.04ECLI:DE:BVerwG:2005:140705B9VR22.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.07.2005 - 9 VR 22.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:140705B9VR22.04.0]

Beschluss

BVerwG 9 VR 22.04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. Juli 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S t o r o s t und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. R u b e l und
Dr. N o l t e
beschlossen:

  1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Dresden vom 21. Juli 2004 wird abgelehnt.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10 000 € festgesetzt.

Der Antrag, mit dem der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Dresden für den Neubau der Bundesstraße B 178 n, erster Bauabschnitt Teil 2 (von der S 112 westlich Nostitz bis zur B 6 nördlich Löbau) begehrt, ist zulässig. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss betrifft ein Vorhaben nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz (VerkPBG). Die hiergegen vom Antragsteller erhobene Klage entfaltet daher keine aufschiebende Wirkung (§ 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG). Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten gegen einen solchen Planfeststellungsbeschluss (§ 5 Abs. 1 VerkPBG) und ist folglich auch nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO als Gericht der Hauptsache für die Entscheidung über den beantragten vorläufigen Rechtsschutz zuständig.
Der Antrag ist jedoch unbegründet. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses überwiegt die Interessen des Antragstellers an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes bis zur endgültigen Entscheidung der Hauptsache. Denn seine auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Klage wird nach im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglicher summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich keinen Erfolg haben.
Ein Aufhebungsanspruch gegen den Planfeststellungsbeschluss steht dem Antragsteller schon deswegen nicht zu, weil er mit Einwendungen gegen den Plan nach der - grundgesetzgemäßen (BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 - BVerwG 4 A 38.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119 S. 137) - Vorschrift des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG ausgeschlossen ist.
Innerhalb der zwei Wochen nach Ende der Auslegungsfrist und damit am 22. November 2002 abgelaufenen Einwendungsfrist (§ 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 1 SächsVwVfG, § 72 Abs. 1, § 31 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 187 Abs. 2 Satz 1, § 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB) hat der Antragsteller Einwendungen nicht erhoben.
Auf die Einwendung der A. GmbH vom 4. November 2002 kann er sich nicht berufen. Zwar hat er diese Einwendung mit unterschrieben. Dies geschah jedoch ersichtlich als einer der beiden Geschäftsführer dieser Gesellschaft und ausschließlich in deren Namen. Aus diesem Schreiben ergeben sich weder formale noch inhaltliche Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller zugleich auch in eigenem Namen Einwendungen erheben wollte. Das hat der Antragsteller im behördlichen Erörterungstermin vom 23. Mai 2003 auch selbst nicht in Frage gestellt. Zu diesem Zeitpunkt konnte eine präklusionsabwendende Einwendung jedenfalls nicht mehr erhoben werden.
Die Erhebung von Einwendungen war auch nicht entbehrlich, soweit sie sich auf die vom Antragsteller nicht näher dargelegte Betroffenheit im nachfolgenden Planfeststellungsabschnitt 1.1 beziehen. Denn auch der vom Antragsteller insoweit geltend gemachte Einwand, das Vorhaben setze einen Zwangspunkt für den nächsten Abschnitt, ist aufgrund der Präklusionswirkung ausgeschlossen, wenn er nicht fristgerecht im Anhörungsverfahren erhoben wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. März 2004 - BVerwG 9 A 34.03 - juris). Zwar mag sich - wie der Antragsteller geltend macht - in einem solchen Fall das konkrete Ausmaß der Betroffenheit noch nicht aus den ausgelegten Planunterlagen, sondern erst aus denjenigen des Folgeabschnitts ergeben. Wer aber - wie der Antragsteller - dem Planfeststellungsbeschluss einer herannahenden Planung bereits konkrete Vorfestlegungen entnimmt, die nach seiner Auffassung unvermeidbar zu einer Beeinträchtigung im nächsten Planungsabschnitt führen, macht schon feststehende Beeinträchtigungen gerade durch diesen Planfeststellungsbeschluss geltend und ist nicht gehindert, sondern zur Vermeidung der Präklusionswirkung vielmehr verpflichtet, insoweit auch Einwendungen zu erheben.
Die weiteren Präklusionsvoraussetzungen des § 17 Abs. 4 Satz 2 FStrG, wonach der Einwendungsausschluss nur eintritt, wenn in der Bekanntmachung der Auslegung oder der Einwendungsfrist auf diese Rechtsfolgen hingewiesen wurde und diese Bekanntmachung ihrerseits ordnungsgemäß war, sind gegeben. Die Planunterlagen lagen in der für den Antragsteller zuständigen Stadt Weißenberg vom 8. Oktober bis zum 8. November 2002 und mithin während des von § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG geforderten Zeitraums aus. Die Stadt Weißenberg hat die Auslegung des Planes gemäß § 17 Abs. 3 b Satz 3 FStrG vorher ortsüblich im Amtsblatt bekannt gemacht (§ 3 der Bekanntmachungssatzung der Stadt Weißenberg vom 3. September 1996). Von der Bekanntmachung ging auch die erforderliche "Anstoßwirkung" aus. Denn sie war aufgrund der konkreten und zutreffenden Bezeichnung des Planvorhabens, die auch auf den Weiterbau in Richtung Norden zur A 4 und mithin in Richtung auf die vom Antragsteller geltend gemachte Betroffenheit hinwies, geeignet, die im Veröffentlichungsgebiet Betroffenen zu ermuntern, sich für die Planung zu interessieren und bei Bedarf hieran als Einwender mitzuwirken (vgl. zu diesen Anforderungen etwa BVerwG, Urteil vom 16. August 1995 - BVerwG 11 A 2.95 - Buchholz 407.3 § 3 VerkPBG Nr. 1 S. 5). Die - im Planfeststellungsbeschluss unverändert gebliebene - Betroffenheit des Antragstellers war aus den ausgelegten Unterlagen ohne weiteres zu erkennen. Auch hinsichtlich des Trassenverlaufs, dem der Antragsteller Zwangspunktwirkung für den nachfolgenden Abschnitt beimisst, haben sich im Planfeststellungsbeschluss gegenüber den Antragsunterlagen keine Veränderungen ergeben.
Die Präklusionswirkung erstreckt sich auch auf das Flurstück 67 in der Gemarkung T. Zwar will der Antragsteller dieses Grundstück erst nach Planauslegung erworben haben. Jedoch kann der nachträgliche Erwerb von "pläklusionsbelastetem" Eigentum einen bereits eingetretenen Einwendungsausschluss nicht rückgängig machen. Vielmehr erfasst die Präklusionswirkung auch solche Einwendungen, die der Rechtsvorgänger des Grundstückseigentümers nicht rechtzeitig vorgebracht hat (BVerwG, Urteil vom 11. November 1998 - BVerwG 11 A 13.97 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 41 S. 197 m.w.N.). Dass der frühere Eigentümer des Flurstücks 67 solche Einwendungen erhoben hätte, macht der Antragsteller nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsteller eine Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebes geltend macht, auf
§ 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.