Verfahrensinformation

Die Beteiligten streiten darum, ob in Abfallsammelbehältern angefallene Abfälle aus privaten Haushaltungen im Auftrag des Abfallbesitzers aussortiert werden dürfen. Die Klägerin wurde von der Abfallbesitzerin beauftragt, in die Restabfallbehälter eingeworfene Wertstoffe zum Zweck der Verwertung auszusortieren. Die Beklagte sah in dieser Maßnahme eine unzulässige Abfallbehandlung. Sie untersagte der Klägerin, den Inhalt der auf dem Gelände der Abfallbesitzerin aufgestellten Restabfallbehälter umzusortieren. Die in die Behälter eingeworfenen Abfälle seien der entsorgungspflichtigen Beklagten überlassen. Das Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof hielten die Untersagungsverfügung für rechtswidrig. Im Revisionsverfahren wird darüber zu entscheiden sein, zu welchem Zeitpunkt die in den Abfallbehältern angefallenen Abfälle der Beklagten überlassen sind.


Pressemitteilung Nr. 76/2007 vom 13.12.2007

Nachsortieren von Haushaltsabfällen vor Überlassung an Entsorgungsträger zulässig

Der Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verletzt seine Überlassungspflicht nicht, wenn er oder ein von ihm beauftragter Dritter aus einem auf seinem Grundstück stehenden Restabfallbehälter vor Überlassung an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger werthaltige Abfälle entnimmt und der ordnungsgemäßen Entsorgung zuführt. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Die Klägerin, ein Dienstleistungsunternehmen, wurde von einem Wohnungsunternehmen beauftragt, den Inhalt der Restabfallbehälter auf dem Wohngrundstück vor Ort nachzusortieren und werthaltige Abfälle wie Papier, Karton, Verpackungsmaterial und Altglas den dafür bestimmten Wertstoffbehältern zuzuführen. Das Abfallwirtschaftsunternehmen der Stadt Mannheim untersagte der Klägerin das Aussondern, weil sie damit in die Organisationshoheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers eingreife, eine unzulässige Abfallbehandlung vornehme und Gesundheitsgefahren verursache. Die dagegen erhobene Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.


Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt: Abfälle werden in der Regel bereitgestellt, bevor sie überlassen werden. Erst die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger löst dessen Entsorgungspflicht aus. Vor der Überlassung ist der Abfallbesitzer berechtigt, in den Restabfallbehälter geworfene werthaltige Abfälle auszusortieren und ordnungsgemäß entsorgen zu lassen. Der bundesrechtliche Begriff des Überlassens schließt eine landesrechtliche Regelung aus, die schon das Bereitstellen als Überlassen der Abfälle fingiert. Durch Landesrecht dürfen nur Ort, Zeit sowie Art und Weise der Überlassung von Abfällen konkretisiert werden. Vor der Abfuhr der Abfälle darf der Abfallbesitzer Abfälle aus dem Abfallbehälter aussondern und der ordnungsgemäßen Entsorgung zuführen. Darin liegt auch keine unzulässige Abfallbehandlung. An die Feststellungen der Vorinstanz, dass die Sortiermaßnahmen im konkreten Fall keine Gesundheitsgefahren hervorrufen und mit den Bestimmungen der Abfallwirtschaftssatzung der Stadt Mannheim vereinbar sind, war das Bundesverwaltungsgericht aus prozessualen Gründen gebunden.


BVerwG 7 C 42.07 - Urteil vom 13.12.2007


Urteil vom 13.12.2007 -
BVerwG 7 C 42.07ECLI:DE:BVerwG:2007:131207U7C42.07.0

Leitsätze:

Haushaltsabfälle werden dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger regelmäßig nicht bereits mit ihrem Einwurf in den auf einem Privatgrundstück bereitgestellten Restabfallbehälter, sondern erst mit dessen Abholung zur Entleerung in das Sammelfahrzeug überlassen.

Der Abfallbesitzer ist bei Beachtung des Gebots der gemeinwohlverträglichen Entsorgung befugt, vor der Überlassung von Haushaltsabfällen an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger werthaltige Abfälle aus dem Restabfallbehälter zu entnehmen, um sie der ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen.

Urteil des 7. Senats vom 13. Dezember 2007 - BVerwG 7 C 42.07 

Urteil

BVerwG 7 C 42.07

  • VGH Mannheim - 27.03.2007 - AZ: VGH 10 S 1684/06 -
  • VGH Baden-Württemberg - 27.03.2007 - AZ: VGH 10 S 1684/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert, Krauß, Neumann
und Guttenberger
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 27. März 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Die Klägerin wendet sich gegen ein Verbot des Nachsortierens von Haushaltsabfällen aus Restabfallbehältern. Sie entnimmt auf der Grundlage eines Vertrags mit einer Wohnungsbaugesellschaft, auf deren Grundstücken die Restabfallbehälter stehen, zum Zweck der Kostenersparnis den Restabfallbehältern nach einer Sichtkontrolle werthaltige Abfälle wie Papier, Karton, Verpackungsmaterial und Altglas.

2 Durch den angefochtenen Bescheid untersagte die Beklagte der Klägerin, den Inhalt der Restabfallbehälter vor Ort zu sortieren, weil dies eine unzulässige Abfallbehandlung sei, das Nachsortieren in ihre Organisationshoheit als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger eingreife und arbeits- sowie gesundheitsschutzrechtliche Bedenken beständen.

3 Das Verwaltungsgericht hat der nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Klage stattgegeben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Die vertragsgemäße Tätigkeit der Klägerin verstoße nicht gegen die Pflicht der Erzeuger oder Besitzer zur Überlassung von Abfällen aus privaten Haushaltungen an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Verpackungen und Altpapier seien nicht überlassungspflichtig. Die Entnahme sonstiger „Wertstoffe“ aus den Restabfallbehältern verletze die Überlassungspflicht nicht, weil die Abfälle im Auftrag der Wohnungsbaugesellschaft als Abfallbesitzerin vor ihrer Überlassung aussortiert würden. Die Beklagte habe in ihrer Abfallwirtschaftssatzung „die Zeit und die Häufigkeit der Leerung der Abfallbehälter“ bestimmt und geregelt, dass „Abfälle, die zu den bekanntgemachten Abfuhrzeiten an den dafür bestimmten Stellen in der vorgeschriebenen Form zur Abholung bereitgestellt werden“, als angefallen gelten. Vor ihrem Anfallen zum Abholtermin würden Abfälle nicht im Rechtssinn überlassen. Die Entsorgungspflicht setze nicht vor der Überlassung der Abfälle ein. Das Aussortieren der werthaltigen Abfälle sei keine unzulässige Abfallbehandlung, weil es auf Abfallverwertung gerichtet sei. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass durch das Aussortieren die menschliche Gesundheit beeinträchtigt oder die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet werde, beständen nicht. Die Vorschriften der Abfallwirtschaftssatzung der Beklagten würden nicht verletzt. Die Abfälle würden nicht in unzulässiger Weise verdichtet, die Klägerin handle beim Nachsortieren nicht als Unbefugte.

4 Gegen das Urteil hat die Beklagte die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision eingelegt, zu deren Begründung sie ausführt: Bundesrechtswidrig sei die Auslegung der Begriffe des Anfallens von Abfall und der Überlassungspflicht. Die Abfälle seien mit Einfüllen in den Restabfallbehälter überlassen. Zu Unrecht setze der Verwaltungsgerichtshof Anfallen und Entstehen von Abfällen gleich. Das Anfallen der Abfälle beim öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger löse dessen Entsorgungspflicht aus. Abfall müsse überlassen sein, bevor er anfalle. Für den Überlassungsbegriff komme es darauf an, wann dem Entsorgungsträger der Zugriff auf den Abfall ermöglicht werde. Der Abfuhrzeitpunkt sei nur für die Entstehung der Entsorgungspflicht maßgeblich. Der Entsorgungsverantwortung der Beklagten unterlägen auch Verpackungsabfälle, die unter Verstoß gegen die Abfallwirtschaftssatzung in den Restabfallbehälter eingeworfen worden seien. Auf den Verwertungszweck ihres Aussortierens berufe sich die Klägerin ohne Erfolg, weil sich die Grundpflicht zur Abfallverwertung bei Abfällen aus privaten Haushaltungen in eine Überlassungspflicht umwandle. Die Beklagte dürfe die Organisation der Abfallentsorgung auch dann regeln, wenn sie die Phase vor der Überlassung betreffe.

5 Die Klägerin tritt der Revision entgegen. Sie verteidigt die Auslegung des Begriffs des Anfallens von Abfall durch den Verwaltungsgerichtshof und führt ergänzend aus, dass Abfälle unabhängig von ihrem Anfallen nicht schon durch Einwurf in den Abfallbehälter überlassen würden.

6 Der Vertreter des Bundesinteresses hält das angegriffene Urteil für zutreffend.

II

7 Die Revision ist unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Ergebnis ohne Verletzung von Bundesrecht angenommen, dass die Sortiertätigkeit der Klägerin weder gegen die Überlassungspflicht noch gegen den Anlagenbenutzungszwang für die Beseitigung von Abfällen verstößt. Die Annahmen des Verwaltungsgerichtshofs, dass der Grundsatz der gemeinwohlverträglichen Abfallbeseitigung und die Vorschriften der Abfallwirtschaftssatzung der Beklagten das Sortierverbot nicht rechtfertigen, sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

8 Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen sind verpflichtet, diese den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG). Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle zu verwerten oder zu beseitigen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG). Deren Entsorgungspflicht und der ihr entsprechende Entsorgungsanspruch des Abfallbesitzers setzen bei überlassungspflichtigen Abfällen erst mit der Überlassung ein. Abfälle werden dadurch überlassen, dass der bisherige Abfallbesitzer sie dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Übernahme des Abfallbesitzes tatsächlich zur Verfügung stellt (Urteil vom 25. August 1999 - BVerwG 7 C 27.98 - Buchholz 451.221 § 13 KrW-/AbfG Nr. 4). Dabei setzt „Überlassen“ voraus, dass der Abfallbesitzer die Abfälle zusammentragen und entsprechend den maßgebenden satzungsrechtlichen Bestimmungen so zur Verfügung stellen muss, dass der Entsorgungspflichtige sie ohne weiteren Aufwand einsammeln kann (Urteil vom 19. Januar 1989 - BVerwG 7 C 82.87 - Buchholz 451.22 AbfG Nr. 31). Mit der Inbesitznahme der Abfälle durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger wird die Überlassung bewirkt (Urteil vom 1. Dezember 2005 - BVerwG 10 C 4.04 - Buchholz 410.84 Benutzungsgebühren Nr. 100). Die Inbesitznahme setzt den Verlust der Sachherrschaft des Abfallbesitzers voraus.

9 Nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ist der Vorgang des Überlassens von Abfällen eine von mehreren Entsorgungshandlungen, insbesondere ist er vom Bereitstellen, Einsammeln und Befördern zu unterscheiden (vgl. § 4 Abs. 5 und § 10 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG). Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits für das Abfallbeseitigungsgesetz 1972 und das Abfallgesetz 1986 entschieden hatte, geht der Überlassungsvorgang dem Einsammeln und Befördern voraus (Urteil vom 11. Februar 1983 - BVerwG 7 C 45.80 - BVerwGE 67, 8 <11>; Urteil vom 19. Januar 1989 a.a.O.); daran hat das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz nichts geändert (Urteil vom 25. August 1999 - BVerwG 7 C 27.98 - a.a.O.). Demgegenüber folgt, sofern beide Entsorgungshandlungen nicht ausnahmsweise zusammenfallen, der Überlassungsvorgang regelmäßig dem Bereitstellen der Abfälle nach. Das ergibt sich aus der grundsätzlichen Unterscheidung des Bereitstellens und des Überlassens in § 4 Abs. 5 und § 10 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG. Von einem Bereitstellen ist auszugehen, wenn der Abfallerzeuger oder Abfallbesitzer bewegliche Sachen in Entledigungsabsicht absondert, für eine Abholung kennzeichnet oder in zur Abholung bestimmte Behältnisse eingibt (Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, 2. Aufl. 2003, § 4 Rn. 46 und § 10 Rn. 12).

10 Die Beklagte verkennt die grundsätzliche Unterscheidung von Bereitstellen und Überlassen. Ihre Auffassung, dass die Abfälle bereits mit der Eingabe in den Restabfallbehälter überlassen seien, blendet die bundesrechtlich vorgegebene Phase des Bereitstellens aus. Die Annahme der Beklagten, dass ihre Entsorgungspflicht erst einsetze, wenn die Abfälle bei ihr „angefallen“ seien, während die Überlassung bereits durch Eingeben der Abfälle in den Sammelbehälter bewirkt werde, missversteht den Begriff des Überlassens i.S.d. § 4 Abs. 5 und § 10 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG. Das Überlassen von Abfällen an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ist anders als nach dem früheren Recht Bestandteil der Kreislaufwirtschaft und löst dessen Entsorgungspflicht aus. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger kann seiner Entsorgungspflicht erst nachkommen, wenn er die tatsächliche Sachherrschaft über die Abfälle hat. Das ist regelmäßig bei der Abholung der Abfallbehälter zur Abfuhr der Fall. Bis zu diesem Zeitpunkt besteht die Überlassungspflicht des Abfallbesitzers. Das entspricht dem Zweck der gesetzlichen Regelung, ein Auseinanderfallen von Überlassen und Entsorgungspflicht zu vermeiden, das eine Lücke in der Entsorgungsverantwortlichkeit zur Folge hätte. Der bundesrechtliche Begriff des Überlassens schließt eine landesrechtliche Regelung aus, die das Bereitstellen als Überlassen fingiert.

11 Ebenso wie nach der früheren Rechtslage überlässt das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz konkretisierende Regelungen, die in Anknüpfung an die jeweiligen örtlichen Verhältnisse Anforderungen an Ort, Zeit sowie Art und Weise der Überlassung stellen, dem Landesgesetzgeber (Urteil vom 25. August 1999 a.a.O.). In Baden-Württemberg sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in § 8 Abs. 1 Satz 2 des Landesabfallgesetzes (LAbfG) vom 15. Oktober 1996 (GBl S. 617) ermächtigt worden, durch Satzung zu regeln, unter welchen Voraussetzungen Abfälle als angefallen gelten und welche Abfälle getrennt zu überlassen sind. Der Begriff des Anfallens von Abfällen wurde in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich verwendet. Unter der Geltung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes ist als "Anfallen" das Entstehen von Abfall im Rechtssinn zu verstehen (vgl. Fluck, KrW-/AbfG, Stand: Juli 2007, § 3 Rn. 274; Schink, in: Jarass/Ruchay/Weidemann, KrW-/AbfG, § 15 Rn. 31; von Lersner, in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, § 3 Abs. 1 Rn. 17; Kunig, a.a.O. § 3 Rn. 55, § 15 Rn. 9). Das folgt aus dem Zweck des Gesetzes und dem Zusammenhang, in dem der Begriff überwiegend gebraucht wird (§ 2 Abs. 2 Nr. 4, § 3 Abs. 5, § 15 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2
KrW-/AbfG). Nach diesem Verständnis liegt der Zeitpunkt des Anfalls von Abfällen regelmäßig vor deren Überlassung, wenn beide Vorgänge nicht zusammentreffen, und ist es ausgeschlossen, dass der Abfall überlassen wird, bevor er angefallen ist.

12 Dem Landesrecht sowie der Abfallwirtschaftssatzung der Beklagten liegt demgegenüber offensichtlich ein anderer Begriff des „Anfallens“ zugrunde. Die Formulierung, dass Abfälle dann als angefallen gelten, wenn sie nach Maßgabe der landesrechtlichen Vorschriften der entsorgungspflichtigen Körperschaft
überlassen worden sind, geht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum früheren Recht zurück, in dem das Überlassen von Abfällen eine bundesrechtlich nicht geregelte Phase im Vorfeld des eigentlichen Entsorgungsvorgangs kennzeichnete. Auf der Grundlage des früheren Rechts hat das Bundesverwaltungsgericht den Begriff des Anfallens von Abfällen als Zeitpunkt der Überlassung an die entsorgungspflichtige Körperschaft bestimmt (Urteil vom 11. Februar 1983 a.a.O.; Urteil vom 19. Januar 1989 a.a.O.; Beschluss vom 27. Juli 1995 - BVerwG 7 NB 1.95 - BVerwGE 99, 88 <91>). Damit kann nach geltender Rechtslage allenfalls der späteste Zeitpunkt des Entstehens von Abfall gemeint sein, da ein Entledigungswille i.S.d. § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
KrW-/AbfG regelmäßig schon beim Bereitstellen des Abfalls vorliegt (so zutreffend Fluck a.a.O.). Diese Rechtsprechung hat der Senat der Sache nach bereits in seinem Urteil vom 11. Dezember 1997 - BVerwG 7 C 58.96 - BVerwGE 106, 43 <45> modifiziert, indem er als „angefallen“ solche Abfälle bezeichnet hat, die deren Besitzer in Erfüllung seiner Überlassungspflicht dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Verfügung gestellt hat. Der Senat hat dabei vorrangig auf das Überlassen abgehoben und zugleich klargestellt, dass die Entsorgungspflicht des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers erst mit der Überlassung einsetzt (a.a.O. S. 48). Die Entsorgungspflicht wird hiernach durch den bundesrechtlichen Begriff des Überlassens und nicht durch einen hiervon abweichenden landesrechtlichen Begriff des Anfallens begründet. Landesrecht kann nur die Art und Weise sowie Ort und Zeit des Überlassens konkretisieren.

13 Die Beklagte hat in ihrer Abfallwirtschaftssatzung geregelt, dass Abfälle, die zu den bekanntgemachten Abfuhrzeiten an den dafür bestimmten Stellen in der vorgeschriebenen Form zur Abholung bereitgestellt werden, als „angefallen“ gelten. Diese Regelung kann nicht als Konkretisierung der Abfallüberlassung verstanden werden, da die satzungsrechtliche Fiktion dem bundesrechtlichen Überlassungsbegriff widerspricht; richtigerweise dürfte es sich um die Regelung von Bereitstellungsmodalitäten handeln. Die Auslegung der Satzungsregelung kann jedoch dahingestellt bleiben. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs werden die hier in Rede stehenden Behälter „im Vollservice“ abgeholt, indem die Beklagte die Behälter nicht nur entleert, sondern auch von ihren Standplätzen abholt und wieder dorthin zurückstellt. Die Abfälle werden von der Beklagten demnach mit der Abholung der Behälter zum Zweck der Entleerung in das Sammelfahrzeug in Besitz genommen. Zu diesem Zeitpunkt wird gleichzeitig die Überlassungspflicht des Abfallbesitzers erfüllt und die Entsorgungspflicht der Beklagten ausgelöst.

14 Vor Abholung der Abfallbehälter zur Entleerung darf die Grundstückseigentümerin als Abfallbesitzerin in den Abfallbehälter gegebene und damit bereitgestellte Abfälle bei Beachtung des Gebots der gemeinwohlverträglichen Entsorgung (§ 10 Abs. 4 KrW-/AbfG) wieder entnehmen, um sie der ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen. Wenn der Abfallbesitzer selbst oder ein von ihm beauftragter Dritter vor diesem Zeitpunkt werthaltige Abfälle aus dem Restabfallbehälter aussortiert und in den für werthaltige Abfälle bestimmten Behälter eingibt, verstößt das nicht gegen seine Überlassungspflicht, weil die Überlassung noch nicht bewirkt ist. Ein solches Nachsortieren kann einer satzungsrechtlichen Pflicht des Abfallbesitzers entsprechen, bestimmte Abfälle zur Verwertung getrennt von anderen Abfällen zu überlassen. Jedenfalls findet es noch im Rahmen der Phase des Bereitstellens statt, dessen Qualität durch die Sortiermaßnahmen verbessert werden kann. Das gilt auch für Verkaufsverpackungen oder sonstige nicht überlassungspflichtige Abfälle, die der Abfallbesitzer im Restabfallbehälter bereitgestellt hat. Da diese Abfälle nur einer Rücknahmepflicht des Systembetreibers, aber keiner Pflicht zur Rückgabe an diesen unterliegen, teilen sie das abfallrechtliche Schicksal der überlassungspflichtigen Abfälle, sobald sie in den Restabfallbehälter eingegeben worden sind.

15 Ein Nachsortieren der Abfälle zum Zweck ihrer verbesserten Bereitstellung ist auch keine unzulässige Abfallbehandlung. Sortiermaßnahmen vor Überlassung der Abfälle sind Vorbereitungshandlungen, die der Phase des Bereitstellens zuzuordnen sind. Mit dieser Funktion lösen sie regelmäßig nicht den Anlagenbenutzungszwang für die Beseitigung von Abfällen aus (§ 27 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG). Das gilt unabhängig davon, dass sich die Grundpflichten der Abfallerzeuger oder Abfallbesitzer (§§ 5 und 11 KrW-/AbfG), die eine Verwertung nicht beabsichtigen oder hierzu nicht in der Lage sind, bei Haushaltsabfällen in eine Überlassungspflicht verwandeln. Unberührt bleibt allerdings die Verpflichtung des Grundstückseigentümers und –besitzers, zur Überwachung der Getrennthaltung der Abfälle das Betreten des Grundstücks durch Bedienstete des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu dulden (§ 14 Abs. 1 KrW-/AbfG).

16 Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs findet das Nachsortieren der Abfälle durch die Klägerin statt, bevor die Abfälle der Beklagten überlassen worden sind. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die von ihr nachsortierten werthaltigen Abfälle nicht der ordnungsgemäßen Entsorgung zuführt, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Maßnahmen der Klägerin tragen der in der Satzung der Beklagten geregelten Pflicht Rechnung, bestimmte Abfälle zur Verwertung getrennt zu überlassen. Sie sind nach den konkreten Umständen des vorliegenden Falles nicht als Abfallbehandlung einzustufen, da sie dem Bereitstellen zugeordnet sind und nicht der Beseitigung der Abfälle dienen. Mit der Entnahme werthaltiger Abfälle zu dem Zweck, diese getrennt von den übrigen Abfällen entsorgen zu lassen, werden der Beklagten auch nicht die ihr zu überlassenden Abfälle entzogen. Dass die Abfälle nicht von Unbefugten nachsortiert und durch die Sortiertätigkeit der Klägerin keine Gefahren für die menschliche Gesundheit oder für die geordnete Abfallentsorgung hervorgerufen werden, folgt aus den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, die nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen und darum für den Senat verbindlich sind. Die Übereinstimmung der Tätigkeit der Klägerin mit den Bestimmungen der Abfallwirtschaftssatzung der Beklagten über die Art und Weise der Überlassung hat der Verwaltungsgerichtshof in Anwendung nicht revisiblen Rechts festgestellt. Die Auslegung, die der Verwaltungsgerichtshof der Satzungsbestimmung über das Verbot des Sortierens von in den Sammelbehälter eingefüllten Abfällen gegeben hat, ist mit Bundesrecht vereinbar. Danach ist dieses Verbot auf Unbefugte beschränkt mit der Folge, dass Abfallerzeuger und Abfallbesitzer zum Aussortieren von Abfällen zum Zweck der ordnungsgemäßen Entsorgung berechtigt sind, solange diese nicht der Beklagten überlassen worden sind.

17 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.