Beschluss vom 13.09.2006 -
BVerwG 1 B 112.06ECLI:DE:BVerwG:2006:130906B1B112.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.09.2006 - 1 B 112.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:130906B1B112.06.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 112.06

  • Hessischer VGH - 11.05.2006 - AZ: VGH 11 UE 1413/05.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. September 2006
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Richter und Prof. Dr. Dörig
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Die Beschwerde, die sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie auf Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) beruft, bleibt ohne Erfolg.

2 Sie hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, „ob Mitglieder monarchistischer Gruppen, die nach abgeschlossenem Asylverfahren in den Irak (gemeint: Iran) zurückkehren, grundsätzlich politisch verfolgt werden. Diese Frage ist von grundsätzlicher Bedeutung für viele iranische Asylantragsteller in der Bundesrepublik Deutschland und muss anhand der neuen Lage und der neuesten Erkenntnisse auch obergerichtlich neu definiert werden“. Eine rechtsgrundsätzliche Frage im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist damit nicht gestellt. Die Zulassung der Revision würde hier voraussetzen, dass eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts aufgeworfen wird, die in einem Revisionsverfahren verallgemeinerungsfähig beantwortet werden kann. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage zielt demgegenüber nicht auf eine Rechtsfrage, sondern betrifft die den Tatsachengerichten vorbehaltene Klärung der politischen Verhältnisse im Iran.

3 Die weitere Rüge der Beschwerde, das Berufungsgericht habe den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt, trifft nicht zu. Die Beschwerde macht im Wesentlichen geltend, das Berufungsgericht habe Vorbringen des Klägers nicht zur Kenntnis genommen bzw. nicht in Erwägung gezogen. Soweit sie in diesem Zusammenhang den klägerischen Vortrag zu seiner Vorverfolgung im Iran anspricht, rügt sie nicht, dass das Berufungsgericht Ausführungen des Klägers nicht erwogen habe, sondern wendet sich in Wahrheit gegen die ihrer Ansicht nach unzureichende bzw. unzutreffende Feststellung und Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht. Damit kann sie die Zulassung der Revision nicht erreichen. Im Übrigen ist das Berufungsgericht zwar davon ausgegangen, dass der Kläger den Iran unverfolgt verlassen habe (UA S. 7 ff.); es hat aber auch festgestellt, dass der Kläger selbst dann, wenn man von einer Vorverfolgung ausginge, bei einer Rückkehr in den Iran vor politischer Verfolgung hinreichend sicher sei (UA S. 40 f.).

4 Ein Verfahrensfehler ergibt sich auch nicht aus dem Vorwurf der Beschwerde, das Berufungsgericht sei nicht auf die Ausführungen des Klägers hinsichtlich seiner studentischen Aktivitäten innerhalb der Organisation UFIN eingegangen, sondern setze diese mit denen der monarchistischen Vereinigung NID gleich. Die Aktivitäten des Klägers im Zusammenhang mit der Schwester zweier inhaftierter Studentenführer, der Frau N.M., seien jedoch außerordentlich wichtig. Sie würden den Kläger aus der Menge einfacher (exilpolitischer) Aktivisten hervorheben. Der Vorwurf trifft nicht zu. Das Berufungsgericht ist an zahlreichen Stellen seiner Entscheidung auf die Mitarbeit des Klägers in der Organisation UFIN eingegangen. Es hat auch die Zusammenarbeit des Klägers mit Frau N.M. gewürdigt (UA S. 31). Ungeachtet der Frage, ob bzw. inwiefern der Kläger selbst bei der Schilderung seiner Aktivitäten für die Organisationen UFIN und NID inhaltlich zwischen beiden Organisationen unterschieden hat, hat das Berufungsgericht diese Organisationen nicht gleichgesetzt. Es hat unter Bezugnahme auf eine gutachtliche Stellungnahme des Deutschen Orient-Instituts auf Unterschiede zwischen den Organisationen hingewiesen (UA S. 30 f.).

5 Die Beschwerde macht im Übrigen geltend, das Berufungsgericht habe den zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2006 gestellten Beweisantrag abgelehnt, „ein Sachverständigengutachten des Deutschen Orient-Instituts und vom Orient-Okzident-Kompetenzzentrum der Universität Mainz hinsichtlich der Frage der asylrelevanten politischen Verfolgung im Iran von Anhängern von Organisationen wie des NID einzuholen“. Damit und mit dem weiteren Vorbringen ist die Aufklärungsrüge nicht schlüssig erhoben (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Beschwerde zeigt nicht auf, inwiefern sich dem Berufungsgericht eine ergänzende Beweiserhebung durch Einholung weiterer sachverständiger Stellungnahmen und Auskünfte hätte aufdrängen müssen, nachdem es sich bei seiner Entscheidung auf die Auskünfte des Deutschen Orient-Instituts vom 5. Oktober 2005 und vom 3. Februar 2006 gestützt hat und eine Stellungnahme des Kompetenzzentrums Orient-Okzident des Geographischen Instituts der Universität Mainz vom 19. August 2003, die von einem generellen Gefährdungspotential für Mitglieder monarchistisch-nationalistischer Organisationen ausging, im Fall des Klägers für nicht überzeugend hielt. In Wahrheit wendet sich die Beschwerde gegen die aus ihrer Sicht unzutreffende Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Damit kann ein Verfahrensfehler jedoch nicht dargetan werden. Die Beschwerde lässt insbesondere auch nicht erkennen, dass der Kläger einen Beweisantrag gestellt hätte, der sich auf seine konkrete Zusammenarbeit mit Frau N.M. bezogen und das Berufungsgericht zu einer abweichenden (vgl. UA S. 31) Beurteilung der Verfolgungsgefahr für den Kläger hätte veranlassen können.

6 Soweit die Beschwerde als Verfahrensmangel einen Verstoß der Beweiswürdigung gegen die Denkgesetze und damit gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO rügt, verhilft ihr dies ebenfalls nicht zum Erfolg. Sie sieht einen Verstoß gegen die Denkgesetze sinngemäß darin, dass das Berufungsgericht Auskünfte des Auswärtigen Amtes nicht als „diplomatisch abgefasst“ gewürdigt habe. Sie zeigt jedoch nicht auf, dass das Berufungsgericht aufgrund dieser Auskünfte einen Schluss gezogen hat, der schlechterdings nicht gezogen werden kann (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 m.w.N.). Im Übrigen hat sich das Berufungsgericht hinsichtlich der hier maßgeblichen Frage von Referenzfällen nicht nur auf das Auswärtige Amt, sondern auch auf eine Auskunft von Amnesty International bezogen (UA S. 17 f.).

7 Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

8 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.