Beschluss vom 13.06.2002 -
BVerwG 8 B 32.02ECLI:DE:BVerwG:2002:130602B8B32.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.06.2002 - 8 B 32.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:130602B8B32.02.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 32.02

  • VG Frankfurt/Oder - 10.12.2001 - AZ: VG 5 K 2492/97

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Juni 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r und die Richter am Bundesverwaltungs-
gericht G o l z e und P o s t i e r
beschlossen:

  1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. Dezember 2001 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 152,96 € festgesetzt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. Dezember 2001 ist begründet. Zwar kommt der Sache entgegen der Ansicht der Beschwerde keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu. Es liegt aber ein von der Beschwerde gerügter Verfahrensfehler vor, auf dem das Urteil beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Der Senat hat im Interesse der Beschleunigung des Verfahrens von der Möglichkeit des § 133 Abs. 6 VwGO Gebrauch gemacht und das angefochtene Urteil ohne vorherige Zulassung der Revision aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Dies ist hier nicht der Fall. Die von der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Restitutionsausschlussgrund der Widmung zum Gemeingebrauch (§ 5 Abs. 1 Buchst. b VermG) aufgeworfenen Fragen sind, soweit sie überhaupt dem revisiblen Recht angehören, durch die Urteile des Senats vom 12. Dezember 2001 - BVerwG 8 C 30.00 - (ZOV 2002, 118 <zur Veröffentlichung in Buchholz unter 428 § 5 VermG vorgesehen>) und vom 27. Februar 2002 - BVerwG 8 C 1.01 - (zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen) hinreichend geklärt. Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Ob das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts wegen der Nichtbeachtung des Stichtags 29. September 1990 auf eine Divergenz zu dem zuletzt genannten Urteil des Senats beruht, kann offen bleiben. Auch bei Zulassung der Revision müsste das Urteil aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen werden, weil das Verwaltungsgericht keine ausreichenden Feststellungen zum Zeitpunkt der Widmung (nach Ansicht des Verwaltungsgerichts spätestens aufgrund der Überleitungsvorschriften zum Brandenburger Straßengesetz aus dem Jahre 1992) getroffen hat und weil auch der gerügte Verfahrensverstoß (dazu unten 2.) in jedem Falle zur Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht führen müsste. Auch in derartigen Fällen kann das Bundesverwaltungsgericht nach § 133 Abs. 6 VwGO das angegriffene Urteil aufheben und die Sache zurückverweisen, ohne zuvor die Revision zuzulassen (vgl. Beschluss vom 26. Juni 2000 - BVerwG 7 B 26.00 - Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 15 S. 44 <46>).
2. Die von der Beschwerde weiter erhobene Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist begründet. Nach der insoweit allein maßgeblichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts kommt es hier für den Restitutionsausschlussgrund des § 5 Abs. 1 Buchst. b VermG darauf an, ob das streitige Grundstück dadurch konkludent gewidmet wurde, dass seine bestimmungsgemäße Nutzung für eine unbeschränkte Öffentlichkeit ohne besondere Zulassung eröffnet wurde. Dies hat das Verwaltungsgericht angenommen und zur Begründung den Zuschnitt des Grundstücks "als schlauchartige Verbindung zwischen Straße und Kanal" und den Umstand angeführt, dass das Grundstück "weiteren neu entstandenen Flurstücken, die sonst über keine unmittelbare Zuwegung zur Straße verfügten, einen Zugang vermitteln konnte". Im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 26. November 2001, wonach der hintere Teil des streitigen Grundstücks "auf einer Länge bis zum Wasser von 30 m bewaldet" sei, und der weiteren Behauptung, das Flurstück sei als Weg nicht erkennbar, es fehle an der öffentlichen Zugänglichkeit für jedermann, hätte sich dem Verwaltungsgericht auch ohne förmlichen Beweisantrag die weitere Sachaufklärung der tatsächlichen Verhältnisse insbesondere durch eine Ortsbesichtigung aufdrängen müssen. Sollten nämlich die Behauptungen der Klägerin zutreffen, könnte einiges dafür sprechen, dass das Grundstück - sei es ganz oder teilweise - tatsächlich einer Nutzung als Weg nicht zur Verfügung stand und dass deswegen die Vermessung und die Bezeichnung als Verkehrsfläche in den Katasterunterlagen nur einen noch nicht realisierten Plan beschreiben. Daher wird es letztlich entscheidend darauf ankommen, ob die Zurverfügungstellung des Grundstücks für die öffentliche Nutzung vor dem 29. September 1990 erfolgte. Sollte dies nur für einen Teil der streitigen Fläche der Fall sein, käme unter Umständen auch eine anteilige Restitution in Betracht.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 13, 14 GKG.