Beschluss vom 13.05.2003 -
BVerwG 8 B 174.02ECLI:DE:BVerwG:2003:130503B8B174.02.0

Beschluss

BVerwG 8 B 174.02

  • VG Magdeburg - 03.09.2002 - AZ: VG 5 A 315/01 MD

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Mai 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r , die Richterin am Bundesverwaltungsgericht
Dr. von H e i m b u r g und den Richter am Bundes-verwaltungsgericht P o s t i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 3. September 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Darlegungen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.
Der Sache kommt die von der Beschwerde allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu.
Die Beschwerde hält die Klärung der Fragen für grundsätzlich bedeutsam,
"ob nicht die erst 1997 beseitigte Rechtsunsicherheit und zugleich erfolgte Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 3 Abs. 1 Sätze 4 und 5 VermG zur Folge hat, dass die zu derartigen Sachverhalten gemachten Anmeldungen auf Grundlage der veränderten Gesetzeslage neu auszulegen sind" sowie
"ob zum Zweck einer solchen Auslegung auch ausschließlich auf Angaben des Anmelders zurückgegriffen werden kann, die dieser erst nach Ablauf der Ausschlussfrist gemacht hat, sofern die ursprüngliche Anmeldung entsprechend weit gefasst ist und die betroffenen Objekte genau bezeichnet sind".
Diese Fragen würden sich im Revisionsverfahren nicht stellen bzw. sind in der bisherigen Rechtsprechung geklärt. Denn auch bei einer neuen Auslegung der Angaben des Anmelders in der Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche sind (nur) die Umstände zu berücksichtigen, die der Behörde bis zum Ablauf der Anmeldefrist bekannt geworden sind. Das hat der Senat bereits entschieden (Urteil vom 15. November 2000 - BVerwG 8 C 28.99 - Buchholz 428 § 3 VermG Nr. 40). Nach den von der Beschwerde nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin bis zum Ablauf der Anmeldefrist des § 30 a Abs. 1 VermG am 31. Dezember 1992 weder einen eigenen Antrag gestellt - sei es hinsichtlich der für die "N." Deutsche H. GmbH beantragten Grundstücke, sei es für die zuletzt begehrte vermögensrechtliche Berechtigung von 49,05 % des Stammkapitals der vormaligen N. AG - noch den für die N. GmbH gestellten Antrag um die Information erweitert, dass sie selbst Ansprüche wegen einer Schädigung nach § 1 Abs. 6 VermG geltend mache. Insoweit unterscheidet sich dieser Fall von dem der Entscheidung BVerwG 8 C 28.99 vom 15. November 2000 zugrunde liegenden Sachverhalt. Dort hatte die Klägerin im November 1992 - und somit innerhalb der Frist - mit der Klagebegründung diese Umstände mitgeteilt. Im vorliegenden Verfahren erfolgte das erst mit Schreiben vom 6. September 1996 und damit nach Ablauf der Anmeldefrist.
Auch die ergänzende, nach Auffassung der Beschwerde grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage würde sich im Revisionsverfahren nicht stellen, weil die von der Beschwerde selbst bezeichneten Konditionen für einen Rückgriff auf nach Ablauf der Ausschlussfrist gemachte Angaben des Anmelders, dass nämlich die ursprüngliche Anmeldung entsprechend weit gefasst ist und die betroffenen Objekte genau bezeichnet sind, nicht vorliegen: Die von der Klägerin mit Schreiben vom 9. Oktober 1990 "namens und in Vollmacht" der "N." Deutsche H. GmbH angemeldeten Ansprüche betrafen nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut nur Ansprüche der N. GmbH. Objekt dieser Anmeldung waren detailliert aufgelistete Grundstücke nebst den darauf befindlichen Baulichkeiten sowie "alle Rechte, die zu den genannten Grundstücken ... in einem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang stehen". Darin ist keine weite Fassung dergestalt zu sehen, dass sie auch eigene Rechte der Klägerin als Anmelder umfasst und als Objekt der Anmeldung nicht nur konkret bezeichnete Grundstücke, sondern die Beteiligung der Klägerin an der vormaligen N. AG. Eine solche Annahme widerspräche der von der Rechtsprechung schon bisher geforderten und auch von der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogenen Individualisierbarkeit des Restitutionsantrags. Er muss sowohl hinsichtlich der Person des Berechtigten als auch in Bezug auf den oder die begehrten Vermögensgegenstände individualisierbar sein (Urteil vom 15. November 2000 - BVerwG 8 C 28.99 - a.a.O.; Urteil vom 5. Oktober 2000 - BVerwG 7 C 8.00 - Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 21). Soweit die Beschwerde insoweit unter Bezugnahme auf das Urteil BVerwG 7 C 8.00 vom 5. Oktober 2000 (a.a.O.) darauf hinweist, dass Anmeldungen mit einem nur scheinbar eindeutigen Inhalt auslegungsbedürftig seien, ist ihr - mit derselben Entscheidung - entgegenzuhalten, dass für die Auslegung einer Willenserklärung nur Raum ist, soweit sie auslegungsbedürftig, also nicht eindeutig ist. An der Eindeutigkeit der Anmeldung vom 9. Oktober 1990 bestehen aber keine Zweifel. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem dem Urteil vom 5. Oktober 2000 zugrunde liegenden, da dort bereits in der Anmeldung Alternativen (bzgl. der Hausnummer der beantragten Grundstücke) aufgeführt waren.
Aus dem bis zum Ablauf der Anmeldefrist allein vorliegenden Antrag vom Oktober 1990 ergibt sich weder die Klägerin als Antragstellerin in eigenem Namen noch der nunmehr geltend gemachte geschädigte Vermögenswert (die Beteiligung an der N. AG) oder das schädigende Ereignis (der Verkauf der Anteile im Jahr 1941 auf Befehl von Göring). Die Beteiligung an der N. AG lässt sich auch nicht als "Recht, das zu den genannten Grundstücken in einem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht" ansehen. Denn die Beteiligung an einem Unternehmen kann zwar indirekt auch zu einer Beteiligung am Grundstückseigentum führen, eine Unternehmensbeteiligung ist aber kein sich aus einem Grundstück oder in einem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang damit ergebendes Recht.
Da die Klägerin innerhalb der Anmeldefrist keine Ansprüche geltend gemacht hat, kommt es auf die Neufassung des § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG durch das Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz im Jahr 1997 nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus §§ 13, 14 GKG.