Beschluss vom 13.02.2002 -
BVerwG 7 B 6.02ECLI:DE:BVerwG:2002:130202B7B6.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.02.2002 - 7 B 6.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:130202B7B6.02.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 6.02

  • OVG Berlin-Brandenburg - 04.09.2001 - AZ: OVG 2 B 12.98

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Februar 2002
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l ,
K l e y und N e u m a n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 4. September 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 13 804,88 Euro (entspricht 27 000 DM) festgesetzt.

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks in Berlin-Kladow, zu dem ein am Ufer der Havel gelegener Holzsteg gehört. Durch den angefochtenen Bescheid gab der Beklagte dem Kläger auf, diesen Steg zu beseitigen. Der Kläger begehrt die Aufhebung der Beseitigungsanordnung sowie die Feststellung, dass der Steg keiner wasserbehördlichen Genehmigung bedarf. Hilfsweise begehrt er die Verpflichtung des Beklagten, ihm eine wasserbehördliche Genehmigung für den Steg zu erteilen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, die Steganlage genieße keinen Bestandsschutz. Die Beseitigungsanordnung sei nicht ermessenswidrig, verstoße insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
1. Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig zum einen die Fragen,
ob die jahrelange "aktive Duldung" einer formell und materiell illegalen Anlage durch die zuständige Wasserbehörde zu einer Rechtsposition führt, die der Rechtsposition angenähert ist, wie sie durch eine Genehmigung vermittelt wird, mit der Folge, dass eine derart aktiv geduldete An-
lage den selben Bestandsschutz genießt wie eine genehmigte Anlage,
und ob in diesem Fall der Bestandsschutz die Beseitigung einer baufällig gewordenen Anlage und deren Wiederaufbau im ursprünglichen Zustand deckt.
Diese Fragen könnten in den angestrebten Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Ihre Beantwortung richtet sich nach revisiblem Landesrecht. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt, dass der bundesverfassungsrechtliche Bestandsschutz für bauliche Anlagen aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sich nur auf ihren genehmigten Bestand und ihre genehmigte Funktion erstreckt (BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 1995 - 1 BvR 1713/92 - NVwZ-RR 1996, 483). Aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG lassen sich für den hier zu beurteilenden Sachverhalt keine weiteren Aussagen herleiten. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts richtet sich die Genehmigung der streitigen Anlage nach dem Berliner Wassergesetz. Damit richtet sich auch nach irrevisiblem Landesrecht, welche Rechtswirkungen einer "aktiven Duldung" einer an sich nicht genehmigten Anlage durch die Wasserbehörde zukommt, insbesondere ob eine solche aktive Duldung in ihren Rechtswirkungen einer Genehmigung gleichgestellt werden kann.
2. Für grundsätzlich klärungsbedürftig hält der Kläger zum anderen die Fragen,
ob es mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, wenn die zuständige Behörde bei Vorhandensein zahlreicher illegaler Anlagen eine Beseitigungsanordnung nur gegen eine einzige Anlage erlässt, sich dafür zwar auf ein Konzept für ein flächendeckendes Vorgehen gegen rechtswidrige Zustände stützt, dieses Konzept aber im Übrigen selbst nicht einhält,
ob es mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, wenn eine Landesbehörde mit einer Abrissverfügung gegen die ungenehmigte Steganlage eines privaten Eigentümers vorgeht, hingegen nicht gegen eine unmittelbar benachbarte ebenfalls nicht genehmigte Steganlage, die im Eigentum des Landes steht.
Diese Fragen sind nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, an die das Bundesverwaltungsgericht mangels insoweit erhobener Rügen gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO), nicht entscheidungserheblich. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Beklagte gegen die Steganlagen eingeschritten, die unter Beseitigung einer früheren Steganlage ohne Genehmigung neu errichtet worden sind. Dies war neben der Steganlage des Klägers nur eine weitere einer anderen Eigentümerin. Er ist hingegen nicht gegen die anderen Steganlagen eingeschritten, die seit langem vorhanden sind, zum Teil (befristet) genehmigt waren oder - wie auch die frühere Anlage des Klägers - vom Beklagten geduldet werden. Nur auf diese Altanlagen bezog sich das vom Beklagten behauptete Konzept einer schrittweisen Beseitigung, das er nach der Behauptung des Klägers nicht umgesetzt hat. Auf dieses Konzept kam es nach Auffassung des Berufungsgericht nicht an, weil der Beklagte aus davon unabhängigen Gründen gegen die Anlage des Klägers eingeschritten ist. Das Berufungsgericht hält es dabei für mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar, wenn die Behörde nur - dann aber auch - gegen alle Anlagen einschreitet, die neu errichtet worden sind, weil gerade neu errichtete Anlagen einen Nachahmungseffekt befürchten lassen. Der Kläger setzt sich mit dieser Argumentation nicht auseinander. Abgesehen davon liegt es auf der Hand, dass eine solche Differenzierung zwischen seit langem vorhandenen Anlagen und neu errichteten Anlagen zulässig ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1, § 73 Abs. 1 GKG.