Beschluss vom 12.08.2008 -
BVerwG 1 WB 6.08ECLI:DE:BVerwG:2008:120808B1WB6.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.08.2008 - 1 WB 6.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:120808B1WB6.08.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 6.08

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst Berken und
den ehrenamtlichen Richter Hauptmann Flierl
am 12. August 2008 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller wendet sich gegen die Einstellung seiner erweiterten Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) durch den Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung.

2 Der 1974 geborene Antragsteller ist Berufssoldat und Angehöriger der ...truppe. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des 28. Februar 2029 enden. Er wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2005 zum Hauptmann ernannt und mit Wirkung vom 1. September 2006 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 eingewiesen. Vom 6. November 2000 bis zum 29. Juni 2001 war er zum Deutschen Heereskontingent ... in P./Kosovo kommandiert. Vom 5. November 2001 bis zum 11. Mai 2002 schloss sich seine Kommandierung zum ... Kontingent ... in O. zur Dienstleistung bei der ...kompanie ... in P./Kosovo an. Seit dem 16. Juli 2007 wird er auf dem Dienstposten eines ...stabsoffiziers in der Funktion eines Kompaniechefs bei der 3. Kompanie des ...bataillons ... in B. verwendet. Er übt jedoch seit dem 28. Juni 2007 keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit aus.

3 Für den Antragsteller war am 4. März 1994 und am 21. August 2000 jeweils die erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) ohne Einschränkungen abgeschlossen worden.

4 Im Jahr 2004 wurde für ihn im Hinblick auf seine damals geplante Verwendung als Kompaniechef und Führer im ...dienstkommando sowie auf seine für das Jahr 2008 vorgesehene Verwendung als Kompaniechef der ...kompanie ... eine Sicherheitsüberprüfung der Stufe Ü 3 durch den damals zuständigen Sicherheitsbeauftragten des ...bataillons ... in Be. eingeleitet. In diese Sicherheitsüberprüfung wurde die Ehefrau des Antragstellers, ... E., geborene S., einbezogen, die er am 31. Dezember 2002 in P./Kosovo geheiratet hatte. Die Staatsangehörigkeit seiner Ehefrau gab der Antragsteller in der Sicherheitserklärung vom 26. Oktober 2004 mit „Jugoslawien“ an.

5 Mit getrennten Schreiben vom 16. Februar 2007 teilte der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung dem Antragsteller und dessen Ehefrau mit, dass die Überprüfung der Ehefrau des Antragstellers, die bis Mai 2003 in der Republik Albanien gelebt habe, wegen ihres erst kurzen Aufenthalts in Deutschland noch nicht sachgerecht durchgeführt werden könne. Dem Antragsteller und seiner Ehefrau wurde Gelegenheit gegeben, sich zu der beabsichtigten Einstellung der Sicherheitsüberprüfung zu äußern.

6 In seiner Stellungnahme vom 1. März 2007 legte der Antragsteller dar, seine Ehefrau sei Albanerin serbischer Staatsangehörigkeit. Sie lebe seit April 2003 mit unbefristeter Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland. Aus der Ehe sei ein Sohn im Alter von drei Jahren hervorgegangen, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Zwar sei der Überprüfungszeitraum von fünf Jahren nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SÜG noch nicht ausgeschöpft. Zur Person seiner Ehefrau stünden jedoch hinreichende Erkenntnisquellen zur Verfügung. Sie habe von 1999 bis 2003 bei der ... und bei der ... im Kosovo gearbeitet. Von 2001 bis 2003 sei sie als Übersetzerin für die internationale zivile Polizei im Bereich der ... tätig gewesen. Im Rahmen dieser Tätigkeit sei sie sicherheitsmäßig überprüft worden. Diese Tatsachen habe er dem Militärischen Abschirmdienst mitgeteilt; sie könnten jederzeit verifiziert werden. Es liege kein Verfahrenshindernis vor, welches zur Einstellung des Sicherheitsüberprüfungsverfahrens nötige.

7 Mit Schreiben vom 22. Juni 2007, welches dem Antragsteller am 28. Juni 2007 förmlich eröffnet wurde, teilte ihm der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung mit, dass er die erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen ohne Ergebnis eingestellt habe. Albanien gehöre zu den Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 SÜG. Die erforderlichen Erkenntnisquellen für eine Überprüfung der Ehefrau des Antragstellers im Sinne des § 12 Abs. 2 bis 3 i.V.m. Abs. 1 SÜG seien dem Militärischen Abschirmdienst in der Republik Albanien nicht zugänglich. Auch eine Amtshilfe etwa durch den Bundesnachrichtendienst sei dem Militärischen Abschirmdienst nicht eröffnet. Erst nach fünfjährigem Aufenthalt der Ehefrau des Antragstellers in Deutschland bestehe die Grundlage für einen objektiven Erkenntnisgewinn im Hinblick auf die erforderliche Prognoseentscheidung im Sicherheitsüberprüfungsverfahren. Alle früheren Bescheide und Ergebnisse seien infolgedessen aufzuheben. Eine Wiederholungsüberprüfung könne frühestens im April 2008 zugelassen werden, sofern der Antragsteller bei der Bundeswehr dann in sicherheitsempfindlicher Tätigkeit eingesetzt werden solle.

8 Mit dem am selben Tag per Telefax beim Bundesministerium der Verteidigung eingegangenen Schreiben vom 12. Juli 2007 beantragte der Antragsteller die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Diesen Antrag hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 15. Januar 2008 dem Senat vorgelegt.

9 Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Zwar sei es richtig, dass dem Militärischen Abschirmdienst Erkenntnisquellen zu einer Überprüfung seiner Ehefrau in der Republik Albanien nicht zugänglich seien. Das Bundesministerium der Verteidigung habe es jedoch versäumt, weitere Erkenntnisse über seine Ehefrau aus deren Beschäftigung bei der ... und der ... einzubeziehen. Im Rahmen dieser Tätigkeiten sei seine Ehefrau einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen worden. Seine Ehefrau habe für anerkannte Sicherheitsbehörden gearbeitet. Entsprechende sicherheitsrechtliche Erkenntnisse über seine Ehefrau hätten demzufolge erlangt werden können. Solange nicht alle Möglichkeiten bezüglich der Sicherheitsüberprüfung seiner Ehefrau seitens des Geheimschutzbeauftragten ausgeschöpft würden, lägen die Voraussetzungen für die Einstellung des Sicherheitsüberprüfungsverfahrens nicht vor.

10 Mit Schreiben vom 3. Juni 2008 hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mitgeteilt, dass der für den Antragsteller zuständige Sicherheitsbeauftragte beim ...bataillon ... am 12. März 2008 bei der MAD-Stelle ... in S. ein Sicherheitsüberprüfungsverfahren für eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) habe einleiten lassen. Da die Ehefrau des Antragstellers nunmehr seit über fünf Jahren in Deutschland lebe, könnten die nach § 12 Abs. 1 und 2 SÜG vorgeschriebenen Überprüfungsmaßnahmen in ihrer Person durch den Militärischen Abschirmdienst sachgerecht durchgeführt werden.

11 Im Hinblick auf diese Mitteilung trägt der Antragsteller ergänzend vor, sein Rechtsschutzinteresse für das vorliegende Verfahren sei nicht entfallen. Der Bescheid des Geheimschutzbeauftragten vom 22. Juni 2007 sei rechtswidrig. Nach wie vor bestehe ein Verfahrenshindernis. Die Argumentationen des Geheimschutzbeauftragten zur Staatsbürgerschaft seiner Ehefrau und der damit verbundene „Generalverdacht“ stünden immer noch im Raum und könnten so „zu einer erneuten Ablehnung führen“.

12 Der Antragsteller beantragt,
1. den Bescheid des Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung vom 22. Juni 2007 aufzuheben,
2. den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, in der erweiterten Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) eine Sachentscheidung nach Rechtsauffassung des Senats zu treffen.

13 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.

14 Er hält die Anträge für unzulässig, weil mit der Einleitung eines Sicherheitsüberprüfungsverfahrens für die Stufe Ü 3 am 12. März 2008 das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers für das vorliegende Verfahren entfallen sei. In der Sache sei die Einstellungsverfügung rechtlich nicht zu beanstanden, weil vor Ablauf eines fünfjährigen Aufenthalts der Ehefrau des Antragstellers in Deutschland die gesetzlich vorgeschriebene Einholung einer unbeschränkten Auskunft aus dem Bundeszentralregister sowie die erforderlichen Anfragen an das Bundeskriminalamt, an das Bundesamt für Verfassungsschutz, an den Bundesnachrichtendienst und an die Grenzschutzdirektion wegen fehlender Überprüfungstiefe nicht greifen könnten. Die Nachforschungen des Militärischen Abschirmdienstes bezögen sich auf die serbische Staatsangehörigkeit der Ehefrau des Antragstellers. Serbien gehöre ebenfalls zu den Staaten im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 SÜG, in denen besondere Sicherheitsrisiken für die mit sicherheitsempfindlicher Tätigkeit befassten Personen zu besorgen seien. Der Militärische Abschirmdienst als Fachbehörde habe eine nachrichtendienstliche Gefährdung - bezogen auf Serbien - geprüft und bejaht. Die vom Antragsteller geltend gemachte „Überprüfung durch die UN“ entspreche weder im formellen noch im materiellen Sinne einer Sicherheitsüberprüfung nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz; vielmehr handele es sich um eine einfache Anfrage an die kosovarischen Behörden, ob die angefragte Person jemals straffällig geworden sei.

15 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - 165/07 - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis C, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

16 Der Antrag hat keinen Erfolg.

17 Allerdings kann nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Entscheidung des zuständigen Geheimschutzbeauftragten, ein Sicherheitsüberprüfungsverfahren nicht durch eine Feststellung nach § 14 Abs. 3 SÜG abzuschließen, sondern abzubrechen oder - wie hier - einzustellen, mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten werden, wenn der Geheimschutzbeauftragte zusätzlich ausspricht, dass dem Betroffenen auf der Grundlage des früheren Sicherheitsbescheids keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit mehr übertragen werden darf. Dann hat diese Entscheidung die gleichen Folgen wie die förmliche Feststellung eines Sicherheitsrisikos (vgl. zuletzt: Beschlüsse vom 24. Januar 2006 - BVerwG 1 WB 15.05 - BVerwGE 125, 56 = Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 11 <insoweit jeweils nicht veröffentlicht> und vom 26. Juni 2007 - BVerwG 1 WB 37.06 -). Zwar hat der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung die Untersagung der Übertragung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit auf den Antragsteller nur in den Anhörungsschreiben vom 16. Februar 2007 angekündigt, ohne diese Regelung auch in den angefochtenen Bescheid vom 22. Juni 2007 zu übernehmen. Demgegenüber enthält dieser Bescheid aber ausdrücklich die Aufhebung „aller früheren Bescheide und Ergebnisse“ (vorangegangener Sicherheitsüberprüfungen) und führt damit im Ergebnis ebenfalls zu den Folgen der förmlichen Feststellung eines Sicherheitsrisikos.

18 1. Der Anfechtungsantrag ist zulässig.

19 Für die gerichtliche Überprüfung dieses Antrags ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Vorlage des Verfahrens an den Senat maßgeblich (17. Januar 2008). Der Anfechtungsantrag stellt keinen unselbständigen Bestandteil des Verpflichtungsantrags dar, für dessen Kontrolle auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen ist. Denn der Regelungsgehalt des angegriffenen Bescheids vom 22. Juni 2007 erschöpft sich nicht in der Einstellung des Sicherheitsüberprüfungsverfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses, sondern erstreckt sich zusätzlich auf die Aufhebung früherer Bescheide über den positiven Abschluss von Sicherheitsüberprüfungen ohne Auflagen oder Einschränkungen. Mit seinem gesonderten und unbeschränkten Aufhebungsantrag bringt der Antragsteller zum Ausdruck, dass er mit einer - isolierten - Aufhebung des Bescheids vom 22. Juni 2007 (jedenfalls auch) die Weitergeltung des Bescheids des Amtes für den Militärischen Abschirmdienstes vom 21. August 2000 erreichen will.

20 Wegen dieses umfassenden Regelungsgehalts hat sich der angefochtene Bescheid des Geheimschutzbeauftragten nicht nachträglich durch die Erklärung des Bundesministers der Verteidigung in dessen Schreiben vom 3. Juni 2008 erledigt, dass der für April 2008 angekündigte Wegfall des Verfahrenshindernisses nunmehr eingetreten sei und die notwendigen Überprüfungsmaßnahmen für die Ehefrau des Antragstellers in der für ihn am 12. März 2008 eingeleiteten erweiterten Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) sachgerecht durchgeführt werden könnten. Denn der Bescheid ist nicht aufgehoben worden. Der Antragsteller hat hinsichtlich seines Anfechtungsbegehrens deshalb weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis.

21 Der Anfechtungsantrag ist jedoch unbegründet.

22 Der Bescheid des Geheimschutzbeauftragten vom 22. Juni 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

23 Die Überprüfung von Angehörigen der Bundeswehr auf Sicherheitsbedenken ist eine vorbeugende Maßnahme, die Sicherheitsrisiken nach Möglichkeit ausschließen soll. Die Beurteilung des Sicherheitsrisikos, die zugleich eine Prognose der zukünftigen Entwicklung der Persönlichkeit des Soldaten und seiner Verhältnisse umfasst, darf sich nicht auf eine vage Vermutung oder auf eine rein abstrakte Besorgnis stützen, sondern muss auf der Grundlage tatsächlicher Anhaltspunkte getroffen werden. Dabei gibt es keine „Beweislast“, weder für den Soldaten dahingehend, dass er die Sicherheitsinteressen der Bundeswehr bisher gewahrt hat und künftig wahren wird, noch für die zuständige Stelle, dass der Soldat diesen Erwartungen nicht gerecht geworden ist oder ihnen künftig nicht gerecht werden wird (stRspr, Beschlüsse vom 18. Oktober 2001 - BVerwG 1 WB 54.01 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 11 und vom 26. Juni 2007 - BVerwG 1 WB 37.06 - m.w.N.).

24 Die Entscheidung des - hier zuständigen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 35 Abs. 3 SÜG i.w.V.m. Nr. 2416 ZDv 2/30 Teil C) - Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung, die erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) einzustellen und auch frühere Bescheide über den positiven Abschluss der erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) aufzuheben, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

25 Zutreffend sind der Geheimschutzbeauftragte und der Bundesminister der Verteidigung davon ausgegangen, dass die Ehefrau des Antragstellers nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SÜG in die für den Antragsteller durchzuführende erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen einzubeziehen ist. Sie ist nach dem Inhalt der vorgelegten Akten in der damaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien geboren und verfügt nach dem übereinstimmenden Vortrag des Antragstellers und des Bundesministers der Verteidigung nunmehr über die serbische Staatsangehörigkeit. Serbien gehört aufgrund einer Entscheidung des Bundesministeriums des Innern zu den Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 SÜG (Anlage C 3 <Beilage 1/6> ZDv 2/30 Teil C). Ohne Rechtsfehler ist der Geheimschutzbeauftragte auch davon ausgegangen, dass die erforderliche zeitliche Ermittlungstiefe von fünf Jahren (vgl. dazu Beschlüsse vom 16. September 2004 - BVerwG 1 WB 41.04 - BVerwGE 122, 23 = Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 10 und vom 26. Juni 2007 - BVerwG 1 WB 37.06 -) im Fall der Ehefrau des Antragstellers noch nicht gewährleistet werden kann, weil sich diese - im maßgeblichen Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung - noch nicht fünf Jahre in Deutschland aufhielt. Dies alles zieht der Antragsteller nicht in Zweifel.

26 Keinen rechtlichen Bedenken begegnet im Übrigen die Auffassung des Geheimschutzbeauftragten und des Bundesministers der Verteidigung, dass für die nach § 12 Abs. 1, Abs. 2 SÜG notwendigen Ermittlungen des Militärischen Abschirmdienstes zur Person von Frau E. keine zuverlässigen und umfassenden Erkenntnisquellen aus deren Sicherheitsbefragung im Rahmen ihrer Tätigkeit für die ... und die ... im Kosovo zu gewinnen sind. Nach der unbestritten gebliebenen Darlegung des Bundesministers der Verteidigung entspricht diese Befragung formell und materiell nicht den Anforderungen des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes und erschöpft sich (nach bestätigter Auskunft von ... P.) in der Abfrage eventueller Vorstrafen der zu prüfenden Person bei den kosovarischen Behörden. Dem Militärischen Abschirmdienst sind eigene Ermittlungen in Serbien - außerhalb der ihm in § 14 Abs. 1 bis 4 MADG eröffneten Befugnisse - gesetzlich versagt; auch die Inanspruchnahme einer Amtshilfe etwa durch den Bundesnachrichtendienst ist unzulässig (vgl. im Einzelnen Beschluss vom 26. Juni 2007 - BVerwG 1 WB 37.06 - m.w.N.). Bei dieser Sachlage war der Geheimschutzbeauftragte berechtigt, das Sicherheitsüberprüfungsverfahren des Antragstellers wegen fehlender Überprüfbarkeit der Ehefrau und damit wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen.

27 Die zugleich angeordnete Aufhebung früherer Bescheide (hier des Amtes für den Militärischen Abschirmdienst vom 4. März 1994 und vom 21. August 2000) über den positiven Abschluss der erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) ist ebenfalls rechtmäßig. Denn auch für diese Überprüfungsstufe ist die Überprüfung der Ehefrau des Antragstellers nach § 9 i.V.m. § 12 Abs. 1, Abs. 2 SÜG erforderlich und konnte im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Kontrolle nicht durchgeführt werden.

28 2. Der Verpflichtungsantrag ist unzulässig.

29 Dieser auf eine „Sachentscheidung“ gerichtete Antrag ist bei sach- und interessengerechter Auslegung so zu verstehen, dass der Antragsteller die Fortsetzung und den Abschluss seiner erweiterten Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) ohne das vom Geheimschutzbeauftragten festgestellte Verfahrenshindernis anstrebt.

30 Für diesen Antrag fehlt dem Antragsteller das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

31 Am 12. März 2008 ist - wie dargelegt - eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) für den Antragsteller eingeleitet worden. In diesem Zusammenhang hat der Bundesminister der Verteidigung ausdrücklich erklärt, dass für die Ehefrau des Antragstellers angesichts ihres Aufenthalts in Deutschland über fünf Jahre nunmehr die erforderlichen Überprüfungen durch den Militärischen Abschirmdienst sachgerecht durchgeführt werden könnten. Damit hat der Bundesminister der Verteidigung eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass das im Bescheid vom 22. Juni 2007 festgestellte Verfahrenshindernis entfallen ist. Insoweit hat sich dieser Bescheid durch Zeitablauf erledigt. Auf der Basis der eingeleiteten Sicherheitsüberprüfung kann der Geheimschutzbeauftragte - ohne das vom Antragsteller beanstandete Verfahrenshindernis - die mit dem Verpflichtungsantrag angestrebte Sachentscheidung treffen. Mit Rücksicht auf den dem Geheimschutzbeauftragten zustehenden Beurteilungsspielraum kann der Antragsteller mit seinem Verpflichtungsantrag nicht eine bestimmte Sachentscheidung beanspruchen.

32 Trotz des Hinweises des Bundesministers der Verteidigung auf ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis (im Schreiben vom 3. Juni 2008) hat der Antragsteller im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 24. Juni 2008 auch seinen Verpflichtungsantrag aufrechterhalten.

33 Sollte sein Vorbringen so zu verstehen sein, dass er sinngemäß einen Fortsetzungsfeststellungsantrag im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO stellen wollte, würde ihm für diesen Antrag das erforderliche Feststellungsinteresse fehlen.

34 Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr vor, die ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründen könnten. Denn eine Einstellungsentscheidung des Geheimschutzbeauftragten wegen fehlender Überprüfbarkeit der Ehefrau des Antragstellers und (allein aus diesem Grund) eine Aufhebung früherer Bescheide wird sich nach derzeitiger Erkenntnis- und Sachlage nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wiederholen.

35 Der vom Antragsteller im Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 24. Juni 2008 behauptete „Generalverdacht“ im Hinblick auf die Staatsangehörigkeit der Ehefrau des Antragstellers rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme eines Feststellungsinteresses wegen einer Diskriminierungswirkung des angefochtenen Bescheids.

36 Der Bescheid vom 22. Juni 2007 formuliert im Hinblick auf die Staatsangehörigkeit der Antragstellerin keinen „Generalverdacht“. Vielmehr sind sowohl Albanien als auch Serbien nach der durch das Bundesministerium des Innern im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 SÜG festgelegten Staatenliste Staaten, in denen besondere Sicherheitsrisiken für die mit sicherheitsempfindlicher Tätigkeit befassten Personen zu besorgen sind. Der jeweils zuständige Geheimschutzbeauftragte ist an die Entscheidung über die Feststellung der Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken gebunden, die der Gesetzgeber in § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 SÜG ausschließlich dem Bundesministerium des Innern als der nationalen Sicherheitsbehörde zugewiesen hat. Zu einer eigenständigen - abweichenden - Feststellung sind das Bundesministerium der Verteidigung bzw. der dort wirkende Geheimschutzbeauftragte auch durch § 35 Abs. 3 SÜG nicht ermächtigt (stRspr, vgl. zuletzt Beschluss vom 26. Juni 2007 - BVerwG 1 WB 37.06 -).