Beschluss vom 12.06.2003 -
BVerwG 1 B 128.03ECLI:DE:BVerwG:2003:120603B1B128.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.06.2003 - 1 B 128.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:120603B1B128.03.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 128.03

  • Schleswig-Holsteinisches OVG - 12.12.2002 - AZ: OVG 1 L 252/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Juni 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 2002 wird verworfen.
  2. Der Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Beschwerde des Beigeladenen ist unzulässig. Sie beruft sich zwar auf die Revisionsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Verfahrensmängel der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO) und der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO), legt aber die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in einer Weise dar, die den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt (vgl. auch den den Bevollmächtigten des Beigeladenen und den übrigen Verfahrensbeteiligten bekannten Beschluss vom 11. April 2003 - BVerwG 1 B 82.03 ).
Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, "ob Berg-Karabach für aserbaidschanische Staatsangehörige aserbaidschanischer Abstammung ohne familiäre oder andere Kontakte in Berg-Karabach eine zumutbare inländische Fluchtalternative darstellt" (Beschwerdebegründung S. 1). Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufgeworfen wird. Eine derartige Frage lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Die von ihr aufgeworfene Frage, ob das Gebiet von Berg-Karabach eine geeignete Fluchtalternative darstellt, zielt nicht auf eine bestimmte klärungsfähige Rechtsfrage, sondern betrifft die den Tatsachengerichten vorbehaltene Feststellung und Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse in Berg-Karabach.
Der Beigeladene hält weiter für grundsätzlich klärungsbedürftig, "ob bei einem Fehlen des wirtschaftlichen Existenzminimums in Berg-Karabach Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG mit der Begründung verwehrt werden kann, dass auch in Aserbaidschan das wirtschaftliche Existenzminimum nicht gesichert wäre" (Beschwerdebegründung S. 6). Die Beschwerde zeigt nicht auf, inwiefern die aufgeworfene Frage entscheidungserheblich sein soll. Dazu hätte aber Veranlassung bestanden, weil das Berufungsurteil darauf beruht, dass "der Beigeladene in Berg-Karabach vor einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung hinreichend sicher" ist (UA S. 15). Die Ausführungen des angefochtenen Urteils zum unterstellten Fehlen des Existenzminimums erfolgen nur hilfsweise. Das Oberverwaltungsgericht macht aber
deutlich, dass seine Erörterungen eine wirtschaftliche Notlage "entgegen der Auffassung des Senats" lediglich unterstellen (UA S. 19).
Die Beschwerde sieht in zwei Punkten eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (Beschwerdebegründung S. 4), legt jedoch nicht - wie erforderlich - dar, dass es für die Entscheidung des Rechtsstreits unter Zugrundelegung der insoweit maßgeblichen Auffassung des Berufungsgerichts auf die als aufklärungsbedürftig bezeichneten Tatsachen ankommt. Der Beigeladene rügt zunächst, das Gericht gehe davon aus, dass abgelehnte Asylbewerber bei ihrer Rückkehr nach Berg-Karabach über nicht unerhebliche Barmittel verfügten, habe den Beigeladenen, der vermögenslos sei, aber nicht zu seinen Vermögensverhältnissen befragt. Dies stelle einen Aufklärungsmangel und eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Die Beschwerde rügt weiter, es fehle auch an gerichtlichen Ermittlungen, über welche Beträge Rückkehrer aus Deutschland verfügen müssten, um sich eine sichere Existenz in Berg-Karabach aufzubauen. Die Beschwerde legt jedoch nicht dar, dass es auf entsprechende Sachverhaltsermittlungen für die Entscheidung des Rechtsstreits überhaupt ankommt. Hierzu hätte insbesondere deshalb Veranlassung bestanden, weil das Berufungsgericht - die Entscheidung selbständig tragend - das wirtschaftliche Existenzminimum für Rückkehrer nach Berg-Karabach allgemein schon deshalb als gesichert sieht, weil Überwiegendes dafür spreche, dass arbeitsfähige Neuankömmlinge in der Lage sein werden, in der karabachischen Arbeitswelt Fuß zu fassen (UA S. 19). Das Gericht verweist insoweit auf die verhältnismäßig niedrige Arbeitslosenquote (6,5 %) und die insgesamt positive Zukunftsprognose hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung. Das gelte insbesondere auch für den Beigeladenen, der in Russland lange Jahre in der Landwirtschaft gearbeitet habe.
Soweit sich die Beschwerde im Weiteren gegen die Tatsachen- und Beweiswürdigung beim Vergleich der Lebensverhältnisse in Berg-Karabach mit denen im übrigen Aserbaidschan wendet (Beschwerdebegründung S. 4 bis 6), zeigt sie einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht auf.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.