Beschluss vom 11.12.2007 -
BVerwG 3 B 62.07ECLI:DE:BVerwG:2007:111207B3B62.07.0

Beschluss

BVerwG 3 B 62.07

  • VG Berlin - 13.03.2007 - AZ: VG 9 A 303.06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. Dezember 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick und Dr. Dette
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 13. März 2007 wird verworfen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die Klägerin begehrt verwaltungsrechtliche Rehabilitierung nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG).

2 Die Klägerin war seit Februar 1987 beim Rat des Stadtbezirks Berlin-Lichtenberg als Mitarbeiterin des Jugendamtes beschäftigt. Im Januar 1989 besetzte sie gemeinsam mit ihrem Ehemann die Botschaft der USA in Ost-Berlin, um ihrem im November 1988 gestellten Antrag auf ständige Ausreise nach Berlin (West) Nachdruck zu verleihen. Nachdem sie am 7. Juli 1989 einen Vertrag zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zum 11. Juli 1989 geschlossen hatte, konnte sie am 15. Juli 1989 nach Berlin (West) ausreisen. Mit Antrag vom 16. Dezember 2003 beantragte die Klägerin ihre verwaltungsrechtliche Rehabilitierung. Sie sei beim Jugendamt bespitzelt worden und Schikanen ausgesetzt gewesen. Die Ausreise sei davon abhängig gemacht worden, dass sie den Arbeitsvertrag löse. Dabei handele es sich um eine aufgezwungene rechtswidrige Verwaltungsmaßnahme. Durch diese Maßnahmen leide sie an Erkrankungen des psychiatrischen Formenkreises. Mit Bescheid vom 4. Oktober 2005 stellte das Landesamt für Gesundheit und Soziales fest, dass die gegen die Klägerin gerichteten Überwachungsmaßnahmen durch die Deutsche Volkspolizei und das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR mit tragenden Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar gewesen seien und diese Maßnahmen für rechtsstaatswidrig erklärt würden. Daher werde sie für die gegen sie ergriffenen Maßnahmen rehabilitiert. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, ergänzend müsse festgestellt werden, dass die Verständigung der zwei staatlichen Leiter vom 9. November 1988 über die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses rechtswidrig gewesen sei. Das MfS habe die Entlassung der Klägerin verlangt, wie sich aus einer Aktennotiz vom 9. November 1988 ergebe. Mit Bescheid vom 16. November 2006 wurde der Widerspruch zurückgewiesen, wobei darauf hingewiesen wurde, dass das Vorliegen einer beruflichen Benachteiligung bereits im Verfahren über die berufliche Rehabilitierung der Klägerin geprüft worden sei. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, da die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte (weitere) Rehabilitierung nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz habe.

II

3 Die Beschwerde ist unzulässig und muss verworfen werden. In der Beschwerdebegründung wird nicht in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise ein Zulassungsgrund im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO dargelegt bzw. bezeichnet.

4 1. Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Darlegungserfordernisse hinsichtlich des Zulassungsgrundes der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO): Darzulegen ist nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung im künftigen Revisionsverfahren dazu dienen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Auf die Frage, ob und in welcher Beziehung von der Revision ein solcher Erfolg zu erwarten ist, muss im Rahmen der Darlegungspflicht wenigstens durch die Bezeichnung der konkreten Rechtsfrage, die sowohl für die Entscheidung des Tatsachengerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Revisionsverfahren erheblich sein wird, eingegangen werden. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung erfordert ferner mindestens einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung rechtfertigen soll. Es genügt nicht, dass die Sache in tatsächlicher Hinsicht eine über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat; diese Voraussetzung ist vielmehr nur dann erfüllt, wenn die Rechtssache eine höchstrichterlich bisher noch nicht geklärte Rechtsfrage von grundsätzlicher, d.h. allgemeiner Bedeutung aufwirft. Dabei bedeutet „Darlegen“ schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch mehr als lediglich einen allgemeinen Hinweis; „etwas darlegen“ bedeutet vielmehr soviel wie „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“ (BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90, 91 und vom 6. März 2003 - BVerwG 3 B 115.02 -).

5 Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin behauptet eine grundsätzliche Bedeutung der Sache mit der Begründung, dass das Verwaltungsgericht die informellen Strukturen verkannt habe, die in der DDR gegolten hätten. Bestimmte Leitungen der SED seien Staatsorganen immer übergeordnet gewesen. Demzufolge habe das Gericht dem Vermerk vom 9. November 1988 keine Bedeutung beigemessen und den Text, der das Vorliegen einer Weisung des MfS hinsichtlich eines bestimmten Umgangs mit der Klägerin enthalte, falsch interpretiert. Da das Verhältnis des Ministeriums für Staatssicherheit zu anderen staatlichen Organen im vorliegenden Verfahren eine Rolle spiele, sei eine Entscheidung für eine Vielzahl von Betroffenen von grundsätzlicher Bedeutung.

6 Mit diesem Vortrag wird jedoch nicht einmal ansatzweise dargelegt, welche grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage sich insoweit stellen und welchen Bezug diese zum angefochtenen Urteil haben soll. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass das im Vermerk vom 9. November 1988 festgehaltene Gespräch keine Außenwirkung gehabt habe, da die Klägerin davon unstreitig keine Kenntnis erhielt und die dort geäußerte Absicht, das Arbeitsverhältnis zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu lösen, nicht umgesetzt wurde; dies sei erst acht Monate später anlässlich der Ausreise der Klägerin erfolgt. Mit dieser Argumentation setzt sich die Beschwerde in keiner Weise auseinander.

7 2. Auch der weiterhin gerügte Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Form dargelegt. Die Beschwerde sieht einen Aufklärungsmangel gemäß § 86 Abs. 1 VwGO darin, dass das Verwaltungsgericht Maßnahmen des schlichten Verwaltungshandelns nicht als mögliche hoheitliche Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 VwRehaG in den Blick genommen habe. Es kann offenbleiben, ob die Vorinstanz mit dem Abstellen auf „Entscheidungsformen, die für das Verwaltungshandeln der Behörden der DDR kennzeichnend waren“, den in § 1 Abs. 1 Satz 1 VwRehaG angesprochenen Bereich staatlichen Handelns vollständig erfasst hat. Selbst wenn dies nicht zuträfe, läge darin lediglich eine unrichtige Auslegung der Norm. Ein Aufklärungsmangel im Sinne einer unzureichenden Tatsachenfeststellung ergäbe sich daraus aber nicht.

8 Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.

9 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Beschluss vom 01.07.2008 -
BVerwG 3 B 21.08ECLI:DE:BVerwG:2008:010708B3B21.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 01.07.2008 - 3 B 21.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:010708B3B21.08.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 21.08

  • VG Berlin - 13.03.2007 - AZ: VG 9 A 303.06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. Juli 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Dette und Prof. Dr. Rennert
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Klägerin wird verworfen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge ist unzulässig.

2 1. Der Rechtsbehelf wahrt nicht die Frist gemäß § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist die Anhörungsrüge innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben. Der angefochtene Beschluss vom 11. Dezember 2007 wurde am 3. Januar 2008 zur Post aufgegeben und gilt daher gemäß § 152a Abs. 2 Satz 3 VwGO als am 7. Januar 2008 bekannt gegeben. Die Rügefrist endete somit am 21. Januar 2008 und wurde durch die am 15. Februar 2008 eingegangene Anhörungsrüge vom gleichen Tag nicht eingehalten. Die Klägerin behauptet zwar, Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs „am Abend des 1. Februar 2008 durch Eigenrecherche im Internet“ erhalten zu haben. Dieser Vortrag wird jedoch in keiner Weise substantiiert, geschweige denn, wie gemäß § 152a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 VwGO erforderlich, glaubhaft gemacht.

3 2. Die Beschwerde ist darüber hinaus auch deswegen unzulässig, weil sie nicht gemäß § 67 Abs. 1 VwGO durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten eingelegt worden ist. Die gesetzlichen Regelungen über den anwaltlichen Vertretungszwang vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten uneingeschränkt auch für die Anhörungsrüge gemäß § 152a VwGO.

4 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.