Beschluss vom 11.09.2002 -
BVerwG 9 B 36.02ECLI:DE:BVerwG:2002:110902B9B36.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 11.09.2002 - 9 B 36.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:110902B9B36.02.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 36.02

  • Bayerischer VGH München - 13.12.2001 - AZ: VGH 6 B 00.755

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. September 2002
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts
H i e n und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. S t o r o s t und Dr. E i c h b e r g e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 67 507,06 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Der Beschwerdevortrag rechtfertigt eine Zulassung der Revision nicht.
1. Die Voraussetzungen einer Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen entscheidungserheblicher Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind nicht erfüllt. Eine Abweichung im Sinne dieser Vorschrift liegt nur dann vor, wenn sich das Berufungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat; die Beschwerdebegründung muss darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, stRspr; vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juli 1988 - BVerwG 1 B 44.88 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 32 und vom 12. Dezember 1991 - BVerwG 5 B 68.91 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 302). Daran fehlt es hier.
Die Beschwerde sieht eine Abweichung von den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Kriterien einer beitragsfähigen Erschließungsanlage im Sinne von § 127 Abs. 2, § 132 Nr. 4 und § 133 Abs. 2 BauGB darin, dass das Berufungsgericht in seiner Entscheidung unterstellt habe, die Raiffeisenstraße (alt) mit dem neu ausgebauten Stutzen und der Eselspfad insgesamt seien jeweils eine einzelne Erschließungsanlage gemäß § 127 Abs. 2 Nr. 1, § 130 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BauGB. Damit wird jedoch kein abstrakter Rechtssatz aus dem angefochtenen Urteil bezeichnet, der den in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts widersprechen könnte. Vielmehr macht die Beschwerde lediglich geltend, das Berufungsgericht hätte bei richtiger Anwendung der in den genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Kriterien anders entscheiden müssen. Damit ist aber eine Divergenz im Rechtssinne nicht dargetan.
2. Entgegen der Annahme der Beschwerde hat die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dies wäre nur dann der Fall, wenn für die Entscheidung des Berufungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Auch daran fehlt es hier.
Für klärungsbedürftig hält die Beschwerde Fragen nach der Bedeutung des § 125 Abs. 2 BauGB n.F. für das Entstehen endgültiger sachlicher Beitragspflichten nach § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB und nach der Bedeutung und Auslegung des § 130 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BauGB, der die Art der Ermittlung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands betrifft. Eine Klärung dieser Fragen wäre jedoch im angestrebten Revisionsverfahren nicht zu erwarten. Denn das Berufungsgericht hat, wie es durch seinen Nichtabhilfebeschluss vom 19. April 2002 ausdrücklich klargestellt hat, die erschließungsbeitragsrechtlichen Vorschriften nicht als Bundesrecht angewandt, sondern als Landesrecht, das - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - der Revision nicht zugänglich ist (§ 137 Abs. 1 VwGO). Nach der vom Berufungsgericht vorgenommenen Auslegung des § 5 a des bayerischen Kommunalabgabengesetzes i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 27. Dezember 1996 (GVBl S. 541) hat der bayerische Landesgesetzgeber durch diese Vorschrift die §§ 127 bis 135 BauGB in der am 1. Januar 1997 geltenden Fassung in bayerisches Landesrecht überführt (vgl. Art. 125 a Abs. 1 Satz 2 GG), nachdem sich die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG i.d.F. des Gesetzes vom 27. Oktober 1994 (BGBl I S. 3146) nicht mehr auf das "Recht der Erschließungsbeiträge" erstreckt. Diese Auslegung eines Landesgesetzes, auf dessen Verletzung die Revision nicht gestützt werden kann, wäre gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO für die auf die Revision ergehende Entscheidung maßgeblich. Damit ist auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung und Anwendung der erschließungsbeitragsrechtlichen Vorschriften des Baugesetzbuchs, namentlich des § 130 Abs. 2 Satz 1 BauGB und der Regelung über die Entstehung der Beitragspflicht, der Überprüfung im Revisionsverfahren grundsätzlich entzogen. Dass für die Auslegung des Landesrechts durch das Berufungsgericht eine grundsätzlich klärungsbedürftige Frage des Bundesverfassungsrechts von Bedeutung war, hat die Beschwerde nicht dargelegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 13 Abs. 2, §§ 14, 73 Abs. 1 Satz 2 GKG.