Beschluss vom 08.10.2013 -
BVerwG 2 PKH 6.13ECLI:DE:BVerwG:2013:081013B2PKH6.13.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 08.10.2013 - 2 PKH 6.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2013:081013B2PKH6.13.0]

Beschluss

BVerwG 2 PKH 6.13

  • VG Trier - 29.11.2011 - AZ: VG 1 K 1053/11.TR
  • OVG Rheinland-Pfalz - 20.02.2013 - AZ: OVG 10 A 10773/12.OVG

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Oktober 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen
beschlossen:

Der Antrag der Klägerin, ihr für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. Februar 2013 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

Gründe

1 Der Klägerin kann Prozesskostenhilfe - unabhängig von den Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung - nicht bewilligt werden, weil sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung selbst aufbringen kann (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1, § 115 Abs. 3 ZPO).

2 Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei im Verwaltungsgerichtsprozess auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und außerdem die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Partei hat nach § 166 VwGO i.V.m. § 115 Abs. 3 ZPO ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist; § 90 SGB XII gilt entsprechend. Nach § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Nicht einzusetzen ist nach § 90 Abs. 2 SGB XII u.a. ein selbst bewohntes angemessenes Hausgrundstück (Nr. 8). Der Betreffende darf nach § 90 Abs. 3 SGB XII auch nicht auf den Einsatz oder die Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für ihn und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde.

3 Die Klägerin ist nach ihren Angaben Eigentümerin einer nicht selbst genutzten und zurzeit zu einem Preis von 65 000 € zum Verkauf angebotenen und deshalb nicht vermieteten Eigentumswohnung. Sie wohnt mit ihren beiden Kindern zur Miete und beabsichtigt, nach dem Verkauf der Eigentumswohnung mit dem Verkaufserlös eine geeignete Wohnung für sich und ihre Kinder zu erwerben.

4 Der Klägerin kann Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden, weil ihr der Einsatz und die Verwertung ihrer Eigentumswohnung zumutbar sind (§ 166 VwGO i.V.m. § 115 Abs. 3 ZPO).

5 Da die Klägerin die Eigentumswohnung nicht selbst bewohnt, gehört diese nicht nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII zum Schonvermögen.

6 Einsatz und Verwertung der Eigentumswohnung sind auch keine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII. Eine Härte ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die Klägerin beabsichtigt, mit dem Verkaufserlös eine andere Eigentumswohnung zu erwerben und dort sodann zusammen mit ihren Kindern zu wohnen. Denn Sinn der Privilegierung des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII ist, der bedürftigen Partei den Mittelpunkt ihres bisherigen sozialen Lebens zu erhalten und sie davor zu bewahren, ein schon vorhandenes privilegiertes Eigenheim zur Finanzierung der Verfahrenskosten veräußern zu müssen. Ein sonstiges Vermögen will das Gesetz im Regelfall gerade nicht schützen, auch wenn dies dazu bestimmt ist, später ein privilegiertes Hausgrundstück zu erwerben. Das ergibt sich aus einem Umkehrschluss aus § 90 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII. Danach bleibt sonstiges Vermögen, das nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstückes i.S.d. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII bestimmt ist, nur dann unberücksichtigt, wenn dieses Hausgrundstück Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dient oder dienen soll. Ist dies - wie hier - nicht der Fall, ist das dafür eingesetzte Vermögen auch nicht privilegiert (BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2007 - XII ZB 55/07 - NJW-RR 2008, 302 Rn. 6).

7 Der Klägerin ist es also zuzumuten, den Erlös für den Verkauf der Eigentumswohnung oder - wenn ein Verkauf, wie von ihr vorgetragen, kurzfristig nicht zu realisieren ist - nach einer Vermietung Mieterträge für die Prozessführung einzusetzen oder einen Kredit unter Einsatz der Eigentumswohnung als Sicherheit hierfür aufzunehmen.

Beschluss vom 11.08.2014 -
BVerwG 2 B 44.13ECLI:DE:BVerwG:2014:110814B2B44.13.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 11.08.2014 - 2 B 44.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:110814B2B44.13.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 44.13

  • VG Trier - 29.11.2011 - AZ: VG 1 K 1053/11.TR
  • OVG Koblenz - 20.02.2013 - AZ: OVG 10 A 10773/12.OVG

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. August 2014
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz als Vorsitzenden und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und Dr. Hartung
beschlossen:

  1. Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. Februar 2013 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren und - insoweit vorläufig - für das Revisionsverfahren auf 54 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist begründet. Die Revision ist gemäß § 127 Nr. 1 BRRG im Hinblick auf die Abweichung von einer Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts sowie wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

2 Nach § 127 Nr. 1 BRRG ist die Revision zuzulassen, wenn das Urteil von der Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht, solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist. Die von der Beschwerde geltend gemachte Divergenz liegt vor und das Berufungsurteil beruht auf dieser Divergenz.

3 Das Berufungsurteil geht davon aus, dass die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG nach außen manifestierte Umstände voraussetzt, die für einen anderen Zweck der Ehe als den Versorgungszweck sprechen. Das von der Beschwerde angeführte Urteil des Oberverwaltungsgerichts Hamburg vom 16. Dezember 2011 (1 Bf 164/10 - IÖD 2012, 56) nimmt hingegen an, dass auch die Erklärungen der Witwe und Zeugenaussagen zu den von ihr und ihrem verstorbenen Mann geäußerten Motiven der Eheschließung Grundlage der richterlichen Überzeugungsbildung sein können, bei der nicht nur die äußeren Gegebenheiten, sondern die gesamten Umstände des Einzelfalles in den Blick zu nehmen seien. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG ist diese Frage noch nicht ausdrücklich entschieden (Beschlüsse vom 24. März 1997 - BVerwG 2 B 37.97 - juris, vom 2. Oktober 2008 - BVerwG 2 B 7.08 - juris, vom 19. Januar 2009 - BVerwG 2 B 14.08 - juris und vom 3. Dezember 2012 - BVerwG 2 B 32.12 - juris).

4 Dies begründet zugleich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

5 Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 40, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1; die vorläufige Streitwertfestsetzung des Streitwerts für das Revisionsverfahren beruht auf § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Rechtsbehelfsbelehrung


Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 2 C 21.14 fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091) einzureichen.
Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO vertreten lassen.