Beschluss vom 11.08.2006 -
BVerwG 1 B 65.06ECLI:DE:BVerwG:2006:110806B1B65.06.0

Beschluss

BVerwG 1 B 65.06

  • Hessischer VGH - 18.01.2006 - AZ: VGH 6 UE 2777/03.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. August 2006
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Richter und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht Beck
beschlossen:

  1. Auf die Beschwerde des Klägers zu 2 wird das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Januar 2006 aufgehoben, soweit es die Abschiebungsandrohung hinsichtlich des Klägers zu 2 in dem Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 8. September 1998 betrifft.
  2. Die Sache wird insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten in der Hauptsache bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
  4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der vorbehaltenen Kostenentscheidung in der Hauptsache.

Gründe

1 Die Beschwerde hat mit einer Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) Erfolg. Der Kläger zu 2 rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt hat (Art. 103 Abs. 1 GG). Denn das Berufungsgericht hat wesentliches Vorbringen des Klägers zu 2 nicht in der gebotenen Weise zur Kenntnis genommen und erwogen. Da sich ersichtlich nur der Kläger zu 2 gegen das Berufungsurteil wendet und seine Beschwerde der Sache nach auf die Frage der ihn betreffenden Abschiebungsandrohung beschränkt, ist das Berufungsurteil im Übrigen rechtskräftig geworden.

2 Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Gerichte das Vorbringen der Beteiligten, wie es Art. 103 Abs. 1 GG vorschreibt, zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Etwas anderes gilt aber, wenn besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Gericht bestimmtes Vorbringen nicht berücksichtigt hat (stRspr; vgl. etwa BVerfGE 86, 133 <145 f.>). Dies ist hier der Fall.

3 Der Kläger zu 2 hat in der Berufungsverhandlung erklärt, dass er mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet und im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sei. Dem Sitzungsprotokoll ist zu entnehmen, dass der Kläger zu 2 diese Erklärung „in Übereinstimmung mit seinem Bevollmächtigten“ abgegeben habe. Die Beschwerde rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht dieses Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen bzw. nicht berücksichtigt hat. Das Vorbringen ist entscheidungserheblich (§ 34 Abs. 1 i.V.m. § 77 Abs. 1 AsylVfG).

4 Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, den Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.