Beschluss vom 11.01.2011 -
BVerwG 3 B 55.10ECLI:DE:BVerwG:2011:110111B3B55.10.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 11.01.2011 - 3 B 55.10 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:110111B3B55.10.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 55.10

  • Hessischer VGH - 20.04.2010 - AZ: VGH 2 A 2159/09

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. Januar 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Buchheister
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. April 2010 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf alle drei Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde des Klägers bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht in der gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise dargelegt bzw. bezeichnet oder sie liegen - soweit dem Substanziierungserfordernis genügt wurde - jedenfalls nicht vor.

2 Dem Kläger wurde wegen einer Trunkenheitsfahrt mit Strafbefehl vom 7. Februar 2005 seine deutsche Fahrerlaubnis entzogen. Am 28. April 2006 erwarb er in Tschechien eine Fahrerlaubnis der Klasse B; im dort ausgestellten Führerschein ist ein Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland eingetragen. Nachdem der Kläger einer Aufforderung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht nachkam, erkannte ihm der Beklagte mit Bescheid vom 31. August 2007 das Recht ab, von dieser Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren deutete der Beklagte diesen Bescheid mit Schriftsatz vom 9. September 2008 unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 26. Juni 2008 in einen feststellenden Bescheid des Inhalts um, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt im Inland fahrberechtigt war. Der Kläger hat daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt; der Beklagte hat sich dieser Erledigungserklärung nicht angeschlossen. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 21. Januar 2009 festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei. Das Berufungsgericht hat das Urteil geändert und die Klage, die nur noch auf die Feststellung der Erledigung gerichtet sei, abgewiesen. Eine Erledigung sei nicht eingetreten, da der Kläger durch die Verfügung des Beklagten auch nach deren als wirksam anzusehender Umdeutung beschwert gewesen sei.

3 1. Der Rechtssache kommt nicht die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Er hält es für klärungsbedürftig, ob in Fällen der vorliegenden Art eine Umdeutung überhaupt möglich gewesen sei. Diese Frage wäre in dem vom Kläger angestrebten Revisionsverfahren aber nicht entscheidungserheblich; damit besteht insofern auch kein Klärungsbedarf. Mit der vom Kläger vor dem Verwaltungsgericht im Anschluss an die Umdeutung des Bescheides abgegebenen einseitigen Erledigungserklärung hat sich der Streitgegenstand des Verfahrens geändert. An die Stelle des bisherigen Streitgegenstandes - hier also der Frage, ob die Aberkennung des Rechts des Klägers, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen, rechtmäßig war - tritt der Streit um die mit seiner Erledigungserklärung verbundenen Behauptung des Klägers, seinem bisherigen Klagebegehren sei durch ein nachträgliches Ereignis die Grundlage entzogen worden (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 1969 - BVerwG 8 C 37 und 38.67 - BVerwGE 31, 318 <319>). Das wäre dann der Fall, wenn durch die behördliche Umdeutung des angegriffenen Bescheides eine Lage eingetreten ist, die eine Entscheidung über den Klageanspruch erübrigt oder ausschließt (vgl. u.a. Beschluss vom 25. November 1981 - BVerwG 1 WB 131.80 - BVerwGE 73, 312 <314> m.w.N.). Für die Beurteilung dieser Frage ist es unerheblich, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Umdeutung vorgelegen haben. Hätten sie nicht vorgelegen, wäre es beim ursprünglichen Regelungsgehalt dieses Bescheides geblieben; damit hätte sich auch an der Beschwer des Klägers nichts geändert. Der Kläger bliebe aber auch dann beschwert, wenn die vom Beklagten vorgenommene Umdeutung zulässig und damit wirksam wäre. Auch in diesem Fall hätte nach dem Verständnis des Beklagten er von seiner in Tschechien erworbenen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet keinen Gebrauch machen dürfen, und zwar bereits vom Zeitpunkt der Erteilung dieser Fahrerlaubnis an. Danach wäre es aber in beiden Fällen zu keiner Erledigung des Rechtsstreites gekommen; der Kläger hätte das Verfahren zur Klärung seiner aus seiner tschechischen Fahrerlaubnis herzuleitenden Rechte fortführen können.

4 2. Die vom Kläger behauptete Abweichung von höchstrichterlichen Entscheidungen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) wird von ihm nicht in der gebotenen Weise dargelegt. Er benennt weder konkrete Entscheidungen von in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichten noch, wie das § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darüber hinaus erfordern würde, einzelne Entscheidungssätze hieraus, von denen das Berufungsgericht abgewichen sein soll.

5 3. Schließlich wird vom Kläger auch kein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entsprechend den Anforderungen von § 133 Abs. 3 VwGO bezeichnet. Er legt nicht schlüssig dar, inwiefern das Berufungsgericht den maßgeblichen Prozessstoff verkannt haben soll, nachdem er selbst durch seine einseitige Erledigungserklärung den Streitgegenstand des Verfahrens verändert hat.

6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.