Beschluss vom 11.01.2008 -
BVerwG 8 B 74.07ECLI:DE:BVerwG:2008:110108B8B74.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 11.01.2008 - 8 B 74.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:110108B8B74.07.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 74.07

  • VG Greifswald - 17.04.2007 - AZ: VG 2 A 520/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. Januar 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und die
Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 17. April 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 80 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe von Verfahrensfehlern (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor.

2 1. Die gerügten Verfahrensfehler sind nicht erkennbar. Soweit die Beschwerde einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO rügt, wendet sie sich gegen die Würdigung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht. Dieser Würdigung setzt sie ihre eigene Bewertung entgegen. Damit erweisen sich die Darlegungen der Beschwerde als materiell- rechtlicher Angriff gegen das angefochtene Urteil. Mit solchem Vorbringen lässt sich ein das Revisionsverfahren eröffnender Verfahrensmangel nicht dartun.

3 Die Beschwerde unterstellt dem Verwaltungsgericht, es stütze sich „letztlich einzig und allein auf die Zeugenaussage der Zeugin Ö.“, wobei sie deren Aussage als widersprüchlich ansieht. Damit verkennt die Beschwerde die Begründung des angefochtenen Urteils. Das Gericht hat seine Schlussfolgerung, dass eine Täuschung der Klägerin durch die Zeugin Ö. nicht feststellbar sei, maßgeblich zum einen auf die Aussage des Ehemanns der Klägerin, des Zeugen K., gestützt, und zum anderen auf den Inhalt der Akten.

4 Soweit die Beschwerde eine „'Deckungslücke' zwischen dem Tatbestand der nachgewiesenen Verzichtserklärung einerseits sowie einer denklogischen Plausibilitätskontrolle andererseits“ sieht, verkennt sie zum einen, dass ein Verstoß gegen die Denkgesetze nicht schon dann gegeben ist, wenn das Tatsachengericht nach Meinung des Beschwerdeführers unrichtige oder fernliegende Schlüsse gezogen hat. Ebenso wenig genügen objektiv nicht überzeugende oder sogar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen; es muss sich vielmehr um einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss handeln (stRspr, Urteil vom 20. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 147.86 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 37 S. 1 <4>). Davon kann hier keine Rede sein.

5 Zum anderen muss sich die Beschwerde, soweit sie den Sachverhalt für nicht ausreichend ermittelt hält, entgegenhalten lassen, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertreten war und die Zeugenaussage gehört hat. Trotz der in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung festgehaltenen Gelegenheit, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, hat die Klägerin keine weitergehenden Beweisanträge gestellt, um vermeintliche Widersprüche oder „Deckungslücken“ des Sachverhaltes zu schließen. Die Beschwerde lässt auch nicht erkennen, welche weitergehenden Tatsachen mit welchen Beweismitteln hätten aufgeklärt werden können, um die vom Gericht nicht festgestellte Täuschung der Klägerin durch die Zeugin Ö. zu belegen.

6 Worin der gerügte Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) liegen soll, legt die Beschwerde nicht dar.

7 2. Die Sache weist auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr.1 VwGO auf. Die von der Beschwerde für rechtsgrundsätzlich gehaltene Frage,
ob auch angesichts der im Verwaltungsrecht geltenden Beweislastregelung nach Ausschöpfung der dem Amts-
ermittlungsgrundsatz unterliegenden Ermittlungsmaßnahmen der Klägerin zugemutet werden kann, dass bei widersprüchlichen Zeugenaussagen die Beweislast ihr zufällt,
würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Voraussetzung einer Beweislastentscheidung ist, dass die nach der materiell-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts entscheidungserheblichen Tatsachen trotz Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Aufklärungsmöglichkeiten des Gerichts (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht abschließend aufklärbar sind. Hier ist das Verwaltungsgericht aber, auf Grund der Zeugenaussage des Ehemanns der Klägerin zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Täuschung der Klägerin nicht vorgelegen hat. Die Frage der Beweislast stellte sich damit für das Verwaltungsgericht nicht. Damit entfällt auch die Entscheidungserheblichkeit der von der Beschwerde für rechtsgrundsätzlich gehaltenen Frage,
ob es zu Lasten der klagenden Partei im Rückübertragungsverfahren als Antragsteller zur Gewährleistung einer Rückführung eines Vermögenswertes geht, wenn aus dem der Klägerin entzogenen Wahrnehmungsbereich widersprüchliche Sachverhalte hervorgehen.

8 Die weiteren von der Beschwerde für rechtsgrundsätzlich gehaltenen Fragen,
„Kann bereits die Vermutung zur Rechtfertigung eines Tatbestandes des § 1 Abs. 2 (gemeint wohl: § 1 Abs. 3) VermG angenommen werden, wonach etwas schon dann nicht 'mit rechten Dingen zugegangen ist', wenn eine schriftliche Erklärung einer Bürgermeisterin als Funktionsträger im Bereich der staatlichen Organisation nicht mit ihrer eigenen Zeugenaussage übereinstimmt?“
und
„Wie weit geht die Beweislast zu Lasten des Antragstellers im Rückübertragungsverfahren, wenn sich nicht mit letzter Gewissheit aufklären lässt, aus welchem Grunde eine Bürgermeisterin eine Empfehlung abgegeben hat, auf Grundeigentum zu verzichten, obwohl in einem anderen Fall sogar Entschädigungsleistungen erbracht wurden?“
lassen nicht erkennen, inwieweit ihnen über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen soll. Zudem fehlt es bezüglich des geltend gemachten Schädigungstatbestands an jeglicher Auseinandersetzung mit der hierzu ergangenen umfangreichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.

9 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47, 52 GKG.