Beschluss vom 10.05.2002 -
BVerwG 1 B 121.02ECLI:DE:BVerwG:2002:100502B1B121.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.05.2002 - 1 B 121.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:100502B1B121.02.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 121.02

  • OVG des Saarlandes - 14.01.2002 - AZ: OVG 3 R 1/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Mai 2002
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht
E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht H u n d und R i c h t e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 14. Januar 2002 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und einen Verfahrensfehler durch Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Beschwerde bezeichnet als grundsätzlich bedeutsam die Frage (Beschwerdebegründung unter 1., S. 5),
"ob bei der Frage, ob und inwieweit Rückkehrern in die Demokratische Republik Kongo eine extreme Gefährdungslage nach § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG droht, eine Differenzierung nach Erwachsenen und Kindern vorgenommen werden muss".
Damit wird keine bestimmte klärungsfähige Frage des revisiblen Rechts im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO angesprochen, sondern die dem Tatrichter vorbehaltene - aus der Feststellung und Würdigung des Sachverhalts abgeleitete - Gefahrenprognose. Ob bei der Gefährdungsprognose zwischen Erwachsenen und Kindern zu differenzieren ist, kann nicht nach einheitlichen rechtlichen Maßstäben, sondern allein nach den tatsächlichen Verhältnissen im Abschiebezielstaat bestimmt werden. Wie auch die weiteren Ausführungen der Beschwerde zeigen, wendet sie sich in Wahrheit im Gewande der Grundsatzrüge gegen die tatrichterliche Würdigung, ohne insoweit eine Rechtsfrage aufzuzeigen. Die Beschwerde verkennt außerdem, dass es auf die von ihr verlangte differenzierende Gefahrenprognose im vorliegenden Verfahren, das ausschließlich den erwachsenen Kläger betrifft (und weder zugleich seine beiden Kinder noch seine ganze Familie noch gar generell "Familien mit Kleinkindern"
- Beschwerdebegründung S. 17 -), nicht ankommt. Streitgegenstand ist hier nur das Abschiebungsschutzbegehren nach § 53 Abs. 6 AuslG für den Kläger.
Die behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers, die die Beschwerde ebenfalls darin sehen will, dass das Oberverwaltungsgericht bei der Gefahrenprognose keine Differenzierung zwischen Erwachsenen und Kindern vorgenommen habe, ist nicht schlüssig dargelegt. Ob für die Kinder des Klägers - und insbesondere das am Tag vor der Berufungsverhandlung geborene jüngste Kind (Beschwerdebegründung unter 2., S. 18) - bei einer Rückkehr in ihr Heimatland eine extreme Gefahr für Leib und Leben entstünde, war - wie bereits ausgeführt - nicht Gegenstand des Ausgangsverfahrens. Hiermit musste sich das Berufungsgericht daher auch unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs nicht befassen. Soweit es dies gleichwohl "zu seinen <des Klägers> Gunsten" getan hat (UA S. 74 f.), wendet sich die Beschwerde im Übrigen mit ihren Ausführungen wiederum nur gegen die tatrichterliche Gefährdungsprognose ohne darzulegen, dass das Oberverwaltungsgericht entscheidungserheblichen Tatsachenstoff übergangen oder nicht in seine Würdigung eingestellt hat.
Weitere Rügen erhebt die Beschwerde nicht. Gleichwohl bemerkt der Senat zur Vermeidung von Missverständnissen, dass das Oberverwaltungsgericht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Maßstab für eine extreme allgemeine Gefahrenlage, bei deren Bestehen ein Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Handhabung des § 53 Abs. 6 AuslG in Betracht kommt, wohl nicht ganz zutreffend wiedergegeben und verwertet hat (vgl. UA S. 66 ff., 68, 73; vgl. auch den Beschluss vom 8. April 2002 - BVerwG 1 B 71.02 -). Angesichts der Feststellungen, u.a. dass der Kläger keiner "besonderen Risikogruppe" angehört und "kein einziger Referenzfall" eines verhungerten Rückkehrers nach Kinshasa bekannt sei, sowie der "Gesamtwürdigung" der Gefährdungslage für den Kläger (UA S. 74 f., 77), dürfte dies allerdings die tatrichterliche Prognose und die rechtliche Subsumtion im Ergebnis nicht entscheidungserheblich beeinflusst haben. Außerdem ist die Gefährdungslage für die Kinder in deren Verfahren zu würdigen; würde für sie ein Abschiebungshindernis festgestellt, so hätte ggf. die Ausländerbehörde zu entscheiden, ob deswegen der Abschiebung des Klägers Vollstreckungshindernisse aus Art. 6 Abs. 1 GG entgegenstehen (vgl. Beschluss vom 27. April 2000 - BVerwG 9 B 153.00 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 35 = NVwZ 2000, Beilage Nr. 9, 98).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG n.F.