Beschluss vom 09.03.2016 -
BVerwG 8 B 22.16ECLI:DE:BVerwG:2016:090316B8B22.16.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 09.03.2016 - 8 B 22.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:090316B8B22.16.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 22.16

  • VG Berlin - 26.11.2015 - AZ: VG 29 K 47.13

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. März 2016
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Christ
und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab und Hoock
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2015 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, dass ihr eine Entschädigung für den verfolgungsbedingten Vermögensverlust des Unternehmens H. oHG in B. nach dem NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz nicht zustehe. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage abgewiesen. Der ihr grundsätzlich zustehende Entschädigungsanspruch werde durch die Anrechnung des bereits erhaltenen Erlöses für das Betriebsgrundstück S.straße ... kompensiert.

2 Die allein auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Die Klägerin wendet sich im Kern gegen die Annahme, das Grundstück S.straße ... habe zum Zeitpunkt der Schädigung des Unternehmens am 2. September 1938 zu dessen Betriebsvermögen gehört. Demgegenüber habe sich aus der vom Verwaltungsgericht im April 2015 beigezogenen Grundbuchakte ergeben, dass das Grundstück zum Zeitpunkt des Eigentumsübergangs im September 1940 im persönlichen Eigentum der Brüder S. und E. H. gestanden habe. Dieses Beschwerdevorbringen legt einen Verfahrensmangel, auf dem das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts beruhen könnte, nicht dar. Die Beschwerdebegründung enthält schon keinerlei Ausführungen zu der Frage, welche bundesrechtliche Norm des Verwaltungsprozessrechts das Verwaltungsgericht nicht oder nicht richtig angewandt haben soll. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin annähme, sie wolle sinngemäß eine Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) oder einen als Verfahrensmangel einzuordnenden Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) geltend machen, weil das Verwaltungsgericht den Inhalt des beigezogenen Grundbuchs nicht oder nur unzutreffend berücksichtigt habe, führte das nicht auf einen Verfahrensfehler.

3 Zum einen hat das Verwaltungsgericht den Inhalt des Grundbuchs ausdrücklich gewürdigt. Es hat hierzu ausgeführt, dass es die Einschätzung der Klägerin, das Grundstück S.straße ... habe am 2. September 1938 nicht mehr zum Betriebsvermögen gehört, nicht teile. Ausweislich des beigezogenen Grundbuchs sei die H. oHG vom 19. November 1928 bis zum 8. September 1941 - und daher auch zum maßgeblichen Schädigungszeitpunkt - Eigentümerin des Grundstücks S.straße ... gewesen (UA S. 10 oben).

4 Zum anderen beruht das angefochtene Urteil nicht auf dieser von der Klägerin für unzutreffend gehaltenen Sachverhaltswürdigung. Das Verwaltungsgericht hat auf die selbständig tragende Erwägung abgestellt, dass die Feststellungen des bestandskräftigen Entschädigungsgrundlagenbescheids für das nachfolgende Entschädigungsverfahren bindend seien und sich die Bindungswirkung nicht nur auf die Feststellung des Zeitpunkts der Schädigung, sondern auch auf den Gegenstand der Entschädigung selbst beziehe. Deshalb habe die Berechnung der Höhe der Entschädigung auf der Grundlage eines Schädigungszeitpunkts vom 2. September 1938 zu erfolgen und sei darauf abzustellen, dass es sich um eine Unternehmensschädigung gemäß § 6 Vermögensgesetz gehandelt und das Grundstück S.straße ... zum Betriebsvermögen der H. oHG gehört habe (UA S. 8 f.). Den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Inhalt des Grundbuchs kommt demgegenüber neben dieser das Urteil selbständig tragenden Begründung ausweislich der Entscheidungsgründe lediglich die Funktion eines ergänzenden Hinweises zu. Bezüglich der tragenden Erwägung werden keine Verfahrensmängel gerügt.

5 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 und § 52 Abs. 4 Nr. 3 GKG. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung, das Gerichtskostenrisiko sowohl für die Berechtigten als auch für die öffentliche Hand zu begrenzen, gilt § 52 Abs. 4 Nr. 3 GKG, nach dem in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz der Streitwert nicht über 500 000 € angenommen werden darf, auch in Fällen, in denen eine Rückgabe nach dem Vermögensgesetz ausgeschlossen und deshalb nach dem NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz Entschädigung zu gewähren ist oder der Berechtigte Entschädigung gewählt hat (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 B 11.09 - juris Rn. 16 m.w.N.).