Beschluss vom 08.10.2002 -
BVerwG 4 B 57.02ECLI:DE:BVerwG:2002:081002B4B57.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 08.10.2002 - 4 B 57.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:081002B4B57.02.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 57.02

  • OVG des Saarlandes - 28.05.2002 - AZ: OVG 2 R 10/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Oktober 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. L e m m e l und G a t z
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Beigeladenen zu 1 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 28. Mai 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beigeladene zu 1 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 2 sind nicht erstattungsfähig.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf
  4. 7 500 € festgesetzt.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass die Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen einer Divergenz zu Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zuzulassen ist.
1. Die Revision kann nicht zur Klärung der als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Frage zugelassen werden, ob "eine Auflage mit Rechtsmittelbelehrung lediglich ein Hinweis ist, wenn eine Begründung und eine Zwangsmittelandrohung fehlen, oder ob eine Auflage mit Rechtsmittelbelehrung ohne die oben genannten Elemente eine Nutzungsuntersagungsverfügung darstellt". Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich nicht entschiedenen, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Daran fehlt es hier. Die Wahl einer allgemein gehaltenen Formulierung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Beschwerde die einzelfallbezogene Wertung des Berufungsgerichts angreift, die als Auflage bezeichnete Erklärung im Schlussabnahmeschein des Beklagten vom 28. September 1982, die Gerätehalle dürfe nicht als Stallgebäude genutzt werden, sei kein bauaufsichtsbehördliches Nutzungsverbot, sondern ein bloßer Hinweis ohne Bindungswirkung. Der Auslegung des Inhalts eines konkreten Verwaltungsakts kommt aber eine fallübergreifende, grundsätzliche Bedeutung nicht zu (BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2000 - BVerwG 11 B 18.00 - juris).
Die Zweifel der Beschwerde, ob die Tierhaltung des Onkels des Klägers auf dem Grundstück Am Stockberg 78 die Eigenart der näheren Umgebung geprägt hat, führen ebenfalls nicht auf eine fallübergreifende Rechtsfrage. Die Beschwerde trägt selbst vor, dass es von den tatsächlichen Gegebenheiten dieses Falles abhängt, ob das Anwesen des Onkels den Charakter des Gebiets, in dem das klägerische Grundstück liegt, (mit)bestimmt hat. Die maßgeblichen rechtlichen Kriterien, nach denen die Eigenart der näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB zu ermitteln ist, sind durch das Senatsurteil vom 15. Februar 1990 - BVerwG 4 C 23.86 - (BVerwGE 84, 322 <325 f.>) geklärt. Mit dem Vorhalt an das Berufungsgericht, sich nur auf die Betrachtung des Anwesens des Onkels des Klägers beschränkt und nicht nach weiterer Viehhaltung in der näheren Umgebung geforscht zu haben, rügt die Beschwerde einen Rechtsanwendungsfehler im konkreten Einzelfall. Ein solcher verleiht der Rechtssache aber keine grundsätzliche Bedeutung.
Die Beschwerde zeigt einen grundsätzlichen Klärungsbedarf schließlich insoweit nicht auf, als es um die Frage geht, wie lange eine bereits eingestellte Nutzung die nähere Umgebung noch prägt. In der Rechtsprechung des beschließenden Senats ist geklärt, dass eine nicht mehr praktizierte Nutzung ihre prägende Wirkung solange behält, wie nach der Verkehrsauffassung mit der Aufnahme einer gleichartigen Nutzung gerechnet werden kann (Urteil vom 3. Februar 1984 - BVerwG 4 C 25.82 - BVerwGE 68, 360 <368> - BRS 42 Nr. 52; Beschluss vom 24. Mai 1988 - BVerwG 4 CB 12.88 - BRS 48 Nr. 137). Das Berufungsgericht hat die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 21. August 1981 - BVerwG 4 C 65.80 - BVerwGE 64, 42 ff.) zu § 35 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BauGB (jetzt: § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB) übertragen und die Auffassung vertreten, dass im ersten Jahr nach der Nutzungseinstellung stets, im zweiten Jahr regelmäßig mit einer Wiederaufnahme der Nutzung zu rechnen ist. Die Beschwerde stellt dieses Zeitmodell und seine Relevanz auch für Innenbereichsvorhaben nicht in Frage, sondern möchte geklärt wissen, ob seine Anwendung von der Feststellung des Zeit p u n k t s der Nutzungsaufgabe abhängt. Dass das nicht der Fall ist, versteht sich von selbst. Das Modell gilt auch, wenn sich der Zeit r a u m , in dem die Nutzung eingestellt worden ist, fixieren und in die Zeitzonen einordnen lässt.
2. Die Divergenzrüge ist unzulässig, weil sie den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht genügt. Der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der Abweichung liegt nur vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz zu einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch tritt (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995 - BVerwG
6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712). Der Tatbestand der Divergenz muss in der Beschwerdebegründung sowohl durch Angabe der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, von der abgewichen sein soll, als auch durch Darlegung der miteinander unvereinbaren Rechtssätze bezeichnet werden. Hieran lässt es die Beschwerde fehlen. Sie arbeitet namentlich keine Rechtssätze aus dem Berufungsurteil heraus, die von Rechtssätzen aus den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Januar 1982 - BVerwG 4 C 58.79 - (BRS 39 Nr. 67), vom 3. Februar 1984 - BVerwG 4 C 25.82 - (BRS 42 Nr. 52) und vom 24. Mai 1988 - BVerwG 4 CB 12.88 - (BRS 48 Nr. 137) abweichen. Indem sie nur die unrichtige Anwendung vom Bundesverwaltungsgericht entwickelter und vom Berufungsgericht auch nicht in Frage gestellter Rechtssätze auf den zu entscheidenden Einzelfall beanstandet, verkennt sie, dass Subsumtionsfehler nicht mit einer Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gleichzusetzen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertentscheidung auf § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.