Beschluss vom 08.07.2005 -
BVerwG 8 B 62.05ECLI:DE:BVerwG:2005:080705B8B62.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 08.07.2005 - 8 B 62.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:080705B8B62.05.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 62.05

  • VG Frankfurt/Oder - 14.03.2005 - AZ: VG 5 K 1149/98

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Juli 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht G o l z e und die Richterin
am Bundesverwaltungsgericht Dr. von H e i m b u r g
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. März 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 21 501 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Weder kommt der Rechtssache die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch legt die Beschwerde eine Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) des angefochtenen Urteils von einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts prozessordnungsgemäß dar. Auch die weiter von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.
1. Die von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage,
"Führt ein etwaiger unredlicher Erwerb eines hälftigen Grundstücksanteils grundsätzlich auch dazu, dass der Erwerb des anderen Grundstücksanteils, der unter staatlicher Treuhandverwaltung stand und veräußert werden durfte, ebenfalls rechtswidrig und damit unredlich ist?",
würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Die Frage setzt voraus, dass die beiden Grundstücksteile in getrennten Rechtsgeschäften erworben wurden, die jeweils einer selbstständigen Redlichkeitsprüfung zugänglich sind. Nur dann könnte sich die Frage stellen, ob und unter welchen Umständen die Unredlichkeit des einen Geschäfts auf das (redliche) andere Geschäft ausstrahlt. Ist dagegen - wie hier - das Grundstück als Ganzes mit einem Rechtsgeschäft erworben worden, kann auch die Prüfung der Redlichkeit nur einheitlich für den Gesamtvorgang erfolgen. Soweit - wie das Verwaltungsgericht hier festgestellt hat - dieses Rechtsgeschäft nicht in Einklang mit den zum Zeitpunkt des Erwerbs in der Deutschen Demokratischen Republik geltenden allgemeinen Rechtsvorschriften, Verfahrensgrundsätzen und einer ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis stand (§ 4 Abs. 3 Buchst. a VermG), war der Erwerber unredlich, wenn er dies wusste oder hätte wissen müssen, unabhängig davon, ob ein - nicht getätigtes - Teilgeschäft mit der DDR-Rechtsordnung in Einklang gestanden hätte.
Die weiteren Ausführungen der Beschwerde in diesem Zusammenhang betreffen die materielle Rechtslage im Zeitpunkt des Erwerbs und sind als solche nicht geeignet, die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO zu rechtfertigen.
2. Eine Zulassung der Revision wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) setzt voraus, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten ebensolchen Rechtssatz, der sich auf dieselbe Rechtsvorschrift bezieht, widersprochen hat (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 1. September 1997 - BVerwG 8 B 144.97 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50 S. 7 <11>). Derartige von einander abweichende Rechtssätze zeigt die Beschwerde nicht auf. Zwar zitiert sie eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, sie legt aber keinen Rechtssatz dar, den das Verwaltungsgericht im Widerspruch dazu aufgestellt hätte. Vielmehr rügt sie nach Art einer Berufungsbegründung die fehlerhafte Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Mit einer derartigen Begründung kann - selbst wenn sie zuträfe - die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (Beschluss vom 1. September 1997 - BVerwG 8 B 144.97 - a.a.O. m.w.N.).
3. Die von der Beschwerde gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor.
a) Soweit die Beschwerde rügt, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung die aus einem anderen Verfahren gerichtsbekannte Tatsache unberücksichtigt gelassen, dass die Erbanteile der Beigeladenen zu 2 und 3 Ende 1987 unter staatliche Treuhandverwaltung gestellt worden seien, legt sie nicht dar, inwieweit das Urteil auf diesem Umstand beruhen könnte. Es ist nämlich nicht ersichtlich, warum eine 1987 angeordnete Treuhandverwaltung für das hier zu beurteilende Rechtsgeschäft aus dem Jahre 1972 von Bedeutung sein könnte; denn die hier allein entscheidungserhebliche Frage, ob die Kläger das Grundstück redlich erworben haben, beurteilt sich nach den Umständen im Zeitpunkt des Erwerbs.
b) Im Übrigen wendet sich die Beschwerde gegen die Tatsachenwürdigung und die Überzeugungsbildung des Gerichts. Damit kann aber kein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dargelegt werden. Es gehört zu den dem Tatsachengericht durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragenen Aufgaben, sich im Wege der freien Beweiswürdigung unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden. Revisionsrechtlich sind die Grundsätze der Beweiswürdigung dem sachlichen Recht zuzurechnen. Mit Angriffen gegen die Beweiswürdigung kann deswegen ein Verfahrensmangel regelmäßig nicht bezeichnet werden. Eine Verletzung der Denkgesetze im Rahmen der Tatsachenwürdigung der Vorinstanz, die ausnahmsweise als Verfahrensmangel in Betracht gezogen werden könnte, liegt ersichtlich nicht vor. Ein Tatsachengericht hat nicht schon dann gegen die Denkgesetze verstoßen, wenn es nach Meinung des Beschwerdeführers unrichtige oder fern liegende Schlüsse gezogen hat; ebenso wenig genügen objektiv nicht überzeugende oder sogar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen. Es muss sich vielmehr um einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss handeln (vgl. zu allem Beschluss vom 10. Dezember 2003 - BVerwG 8 B 154.03 - NVwZ 2004, 627 <628> m.w.N.). Davon kann hier keine Rede sein. Die Beschwerde versucht vielmehr, mit einer eigenen, ihre Rechtsauffassung stützenden Würdigung des Sachverhalts die Fehlerhaftigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils darzulegen. In Wahrheit wendet sie sich damit gegen die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils.
c) Soweit die Beschwerde eine Aufklärungsrüge gemäß § 86 Abs. 1 VwGO erhebt, fehlt es schon an einer prozessordnungsgemäßen Darlegung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Diese setzt die Angabe voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts, auf die es allein ankommt, ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das verwaltungsgerichtliche Urteil unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen. Daran fehlt es. Die bereits im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretenen Kläger haben in der mündlichen Verhandlung ausweislich der Sitzungsniederschrift keine Beweisanträge gestellt. Die Beschwerde legt auch nicht dar, welche Beweisaufnahmen sich aus welchem Grund auch ohne förmlichen Beweisantrag dem Gericht hätten aufdrängen müssen.
Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf den §§ 47, 52 GKG.