Beschluss vom 08.07.2005 -
BVerwG 8 B 59.05ECLI:DE:BVerwG:2005:080705B8B59.05.0

Beschluss

BVerwG 8 B 59.05

  • VG Potsdam - 09.03.2005 - AZ: VG 6 K 5180/98

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Juli 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l ,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von H e i m b u r g
und den Richter am Bundesverwaltungsgericht P o s t i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 9. März 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Weder kommt der Rechtssache die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch beruht das Urteil auf einem von der Beschwerde gerügten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
1. Die Beschwerde hält für grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfrage,
"ob die Einlegung eines Widerspruches gegen einen Bescheid aufgrund einer zugestellten beabsichtigten Entscheidung die Frist zur Rechtsmitteleinlegung wahrt".
Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes geklärt. Nach § 32 Abs. 1 VermG hat die Behörde dem Antragsteller die beabsichtigte Entscheidung schriftlich mitzuteilen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats zu geben. Hierin liegt die Mitteilung des Entwurfs einer Entscheidung, bei dem es sich nicht um einen selbständigen Verwaltungsakt handelt, weil noch keine Regelung im Hinblick auf die Rechtsstellung des Antragstellers getroffen wird. Die Anhörung erfolgt lediglich zur Information. Die Einlegung eines Widerspruchs setzt aber den Erlass eines Verwaltungsaktes voraus. Im Blick auf eine erst beabsichtigte Entscheidung ist er unzulässig (vgl. Urteil vom 31. August 1966 - BVerwG 5 C 42.65 - BVerwGE 25, 20 <21>; Beschluss vom 17. Juli 1998 - BVerwG 7 B 218.98 -). Darauf wurde bereits in der Mitteilung der beabsichtigten Entscheidung ausdrücklich hingewiesen.
Die weitere als klärungsbedürftig bezeichnete Frage,
"ob die Behörde unter Umgehung der angezeigten Vollmacht im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten Zustellungen an vormalige mündlich Bevollmächtigte vornehmen kann",
würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts bezog sich die vom jetzigen Prozessbevollmächtigten angezeigte und vorgelegte Vollmacht nur auf die Vornahme von Akteneinsicht und nicht auf Zustellungen. Gleichzeitig lag eine schriftliche Vollmacht für den Kläger zu 1 vor, an den dementsprechend der Bescheid vom 24. September 1996 zugestellt wurde.
Auch die weiteren Fragen, ob ein Prozessbevollmächtigter wirksam bestellt ist, wenn er unter der Versicherung anwaltlicher Vollmacht Rechtsmittel für den Mandanten einlegt, und ob Zustellungen an einen Prozessbevollmächtigten, der die Wahrnehmung der Interessen unter anwaltlicher Versicherung anzeigt, vorzunehmen sind, gehen von einem vom Verwaltungsgericht so nicht festgestellten Sachverhalt aus. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts hat der jetzige Prozessbevollmächtigte zwar unter anwaltlicher Versicherung seiner Bevollmächtigung mit Schreiben vom 19. August 1996 angezeigt, dass er die Interessen der Antragstellerin vertrete, gleichzeitig aber eine Vollmacht der Antragstellerin beigefügt, die ihn nur zur Akteneinsicht befugte. Die Antragstellerin hatte darüber hinaus bei einer Vorsprache gegenüber dem Beklagten erklärt, dass sich die Vollmacht für den Anwalt nur auf die Akteneinsicht beziehe. Gleichzeitig lag für den Kläger zu 1 eine umfassende schriftliche Vollmacht vor.
2. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruht auch nicht auf einem Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Die Ausführungen der Beschwerde zu vermeintlichen formellen Fehlern bei der Zustellung des Bescheides an den Kläger zu 1, mit denen ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 86 Abs. 1 VwGO dargelegt werden soll, unterstellen einen unrichtigen Sachverhalt. Dies hat das Verwaltungsgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 14. Juni 2005 im Einzelnen dargelegt. Auf diesen Beschluss wird Bezug genommen.
Im Übrigen wendet sich die Beschwerde gegen die Tatsachenwürdigung und die Überzeugungsbildung des Verwaltungsgerichts. Damit kann aber kein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dargelegt werden.
Warum das Verwaltungsgericht hätte aufklären müssen, unter welchen Voraussetzungen die Bevollmächtigung von Rechtsanwalt B. zustande gekommen ist, ist nicht nachvollziehbar. Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Urteil die erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Vollmachtsurkunde vom 16. August 1996 gewürdigt und dabei dahinstehen lassen, ob sie zu dem angegebenen Zeitpunkt unterzeichnet wurde. Da sie dem Beklagten zu keinem Zeitpunkt zugegangen sei, komme es darauf nicht an. Dementsprechend waren auch die Voraussetzungen, unter denen die Bevollmächtigung von Rechtsanwalt B. zustande gekommen ist, für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich.
Inwieweit in der nach Ansicht der Beschwerde fehlerhaften Ablehnung einer Wiedereinsetzung durch das Verwaltungsgericht ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht und gegen das rechtliche Gehör vorliegen soll, ist nicht ersichtlich. Die Beschwerde verkennt, dass das Verwaltungsgericht entscheidungstragend darauf abgestellt hat, dass Gründe dafür, dass die Fristversäumung unverschuldet war, nicht rechtzeitig dargelegt wurden.
Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind - selbst wenn sie berechtigt wären - nicht geeignet, die Zulassung der Revision zu begründen.
Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz VwGO ab.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.