Beschluss vom 08.06.2016 -
BVerwG 8 B 47.16ECLI:DE:BVerwG:2016:080616B8B47.16.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 08.06.2016 - 8 B 47.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:080616B8B47.16.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 47.16

  • VG Magdeburg - 07.03.2016 - AZ: VG 5 A 314/15 MD

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Juni 2016
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Christ
und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab und Hoock
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 7. März 2016 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung der gekürzten Bemessungsgrundlage zugunsten der Erbengemeinschaft nach Johannes und Martha T. wegen der entschädigungslosen Enteignung von Anteilen des Johannes T. an der ehemaligen Zuckerfabrik St. OHG in M. und der Anteile der Frau Martha T. an der Zuckerfabrik L. GmbH in L.. Johannes T. wurde von Martha T. beerbt. Diese wurde je zur Hälfte beerbt von Margarete B. - die ihrerseits von Hans Georg B. beerbt wurde - und von Ernst Wilhelm T., dessen Erbe der Kläger ist. Auf den Antrag der Erben nach Hans Georg B. stellte der Beklagte mit Bescheid vom 20. März 2014 die Berechtigung der Erbengemeinschaft nach Johannes und Martha T. wegen der entschädigungslosen Enteignung von zwei Anteilen Johannes T. an der ehemaligen Zuckerfabrik St. und der Anteile Martha T. an der Zuckerfabrik L. fest; außerdem setzte er die gekürzte Bemessungsgrundlage für die Vermögensverluste fest. Der Kläger hat dagegen Klage erhoben und geltend gemacht, ihm und nicht der Erbengemeinschaft stünden Entschädigungsansprüche als Rechtsnachfolger nach Ernst Wilhelm T. zu, der einen der ursprünglich drei Unternehmensanteile Johannes T. von diesem notariell erworben habe. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe bis zum Ablauf der Ausschlussfrist des § 6 Abs. 1 Satz 4 AusglLeistG keinen Antrag auf Ausgleichsleistungen wegen der Enteignung von Anteilen an der Zuckerfabrik gestellt. Die fristwahrende Antragstellung der Erben nach Hans Georg B. begünstige ihn nur materiell-rechtlich insoweit, als ihm wegen des Erfolgs dieses Antrags Leistungen zu gewähren seien. Der Antrag der Miterben vermittle ihm aber nicht die Rechtsposition eines Antragstellers. Sein Rückübertragungsantrag wegen der Enteignung der Güter R. und St. könne die Frist des § 6 Abs. 1 Satz 4 AusglLeistG nicht wahren. Er beziehe sich allein auf den landwirtschaftlichen Grundbesitz und erfülle nicht die Anforderungen an die Individualisierbarkeit von Anteilen an der Zuckerfabrik.

2 Die Beschwerde, die sich ausschließlich auf Verfahrensmängel der angegriffenen Entscheidung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beruft, ist unzulässig, weil die gerügten Mängel nicht substantiiert gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt werden. Die Beschwerdebegründung bezeichnet keinen Verstoß des angegriffenen Urteils gegen bestimmte prozessuale Verfahrensvorschriften. Soweit sie sinngemäß eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör geltend macht, berücksichtigt sie nicht, dass Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO das Gericht zwar verpflichten, den nach seiner materiell-rechtlichen Auffassung erheblichen Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, aber nicht dazu, diesem Vortrag zu folgen (BVerwG, Urteil vom 20. November 1995 - 4 C 10.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 22 f. m.w.N.). Der Kläger räumt ein, dass das angegriffene Urteil sich mit dem wesentlichen Klagevorbringen auseinandersetzt und insbesondere den Vortrag zur Auslegung des vermögensrechtlichen Antrags und zur Individualisierbarkeit des Antragsgegenstandes würdigt. Er hält diese Würdigung lediglich für materiell-rechtlich unzutreffend, weil er meint, der organisatorisch-funktionelle Zusammenhang zwischen der landwirtschaftlichen Produktion und der Beteiligung an produktverarbeitenden Unternehmen reiche zur Individualisierbarkeit - auch - der Anteile an den Zuckerfabriken aus. Mit Einwänden gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit eines Urteils ist jedoch weder eine Gehörsverletzung noch ein sonstiger Verfahrensverstoß darzutun.

3 Der Vorwurf, die Behörde habe Hinweispflichten gegenüber dem Kläger verletzt, rügt ebenfalls keinen Mangel des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Beanstandet wird vielmehr ein Mangel des Verwaltungsverfahrens, der revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen ist und von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht erfasst wird. Etwas anderes käme nur in Betracht, wenn die Anwendung einer Präklusionsvorschrift im Verwaltungsverfahren das Recht auf rechtliches Gehör verletzt hätte und dadurch auch das rechtliche Gehör im Verwaltungsprozess unzulässig verkürzt worden wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. März 1994 - 3 B 12.94 - Buchholz 316 § 26 VwVfG Nr. 1 S. 3 = juris Rn. 8). Dies lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen. Sie macht nicht geltend, dass § 6 Abs. 1 Satz 4 AusglLeistG oder die vom Verwaltungsgericht angenommenen Anforderungen an die Individualisierbarkeit von Antragsgegenständen gegen die Gewährleistung rechtlichen Gehörs verstießen. Ebenso wenig legt sie substantiiert dar, dass die Gewährleistung rechtlichen Gehörs dazu verpflichtete, einen Antrag auf Restitution bestimmter landwirtschaftlicher Güter zum Anlass zu nehmen, auf die Möglichkeit einer Antragstellung für etwaige Beteiligungen der Geschädigten an anderen, nicht landwirtschaftlichen Unternehmen hinzuweisen. Schließlich wird auch nicht dargetan, dass der Kläger auf einen solchen Hinweis im Verwaltungsverfahren fristgerecht bestimmte Tatsachen vorgetragen hätte, die nach der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zur Individualisierbarkeit der Unternehmensbeteiligungen an den Zuckerfabriken ausgereicht hätten.

4 Eine Umdeutung der unsubstantiierten Verfahrensrüge in eine prozessordnungsgemäße Rüge gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 VwGO scheidet aus, da die Beschwerdebegründung weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache noch eine Divergenz darlegt.

5 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

6 Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 1 GKG.