Beschluss vom 08.06.2005 -
BVerwG 8 B 42.05ECLI:DE:BVerwG:2005:080605B8B42.05.0

Leitsatz:

Die fehlende Restitutionsfähigkeit von "weggeschwommenen" Vermögenswerten nach dem Vermögensgesetz, wie sie insbesondere für die Unternehmensresterestitution ihren Niederschlag in der Regelung des § 6 Abs. 6 a Satz 1 VermG gefunden hat, berührt den Schutzbereich des Art. 14 GG nicht.

  • Rechtsquellen
    VermG § 6 Abs. 6 a Satz 1

  • VG Weimar - 22.02.2005 - AZ: VG 8 K 5520/04 We

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 08.06.2005 - 8 B 42.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:080605B8B42.05.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 42.05

  • VG Weimar - 22.02.2005 - AZ: VG 8 K 5520/04 We

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Juni 2005
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a g e n k o p f ,
G o l z e und P o s t i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der
  2. Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 22. Februar 2005 wird zurückgewiesen.
  3. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu. Der weiter geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wird in der Beschwerdebegründung entgegen der Vorschrift des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht näher bezeichnet.
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss daher dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), das heißt näher ausgeführt werden (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>), dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung im beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
1. Die von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage,
ob der Beklagte berechtigt war, einen die Kläger (bzw. ihre Rechtsvorgänger) begünstigenden Bescheid auf Klage eines Dritten hin einseitig in der Form abzuändern, dass der Bescheid aufgehoben worden ist,
würde sich - abgesehen von der auf den Einzelfall bezogenen Formulierung der Frage - in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Verwaltungsgericht ist in dem angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass die Aufhebung des ursprünglichen Bescheides aus dem Jahre 1995 im Jahre 1997 im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erfolgt ist und dass diese Aufhebung bestandskräftig wurde. Insoweit wiederhole der angefochtene Bescheid aus dem Jahre 2000 lediglich deklaratorisch die bestandskräftig gewordenen Regelungen. Da die Beschwerde im Zusammenhang mit der Frage, ob die Aufhebung aus dem Jahre 1997 bestandskräftig wurde, keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufzeigt, könnte es auf die materielle Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung nicht ankommen. Dementsprechend hat sich das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil trotz des als Anfechtungsklage formulierten klägerischen Antrags ausschließlich mit der Frage befasst, ob den Klägern ein Anspruch auf die letztlich begehrte Rückübertragung der streitigen Grundstücksflächen zusteht.
Davon abgesehen lässt sich die von der Beschwerde aufgeworfene Frage in ihrer allgemeinen Form ohne weiteres anhand der Regelung des § 50 VwVfG beantworten, ohne dass es dazu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte. Nach der genannten Vorschrift können begünstigende Verwaltungsakte, die von einem Dritten angefochten werden, unter anderem während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben werden, soweit dadurch der Klage abgeholfen wird, ohne dass es auf die einschränkenden Regelungen der §§ 48 und 49 VwVfG ankommt.
2. Die weiter von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage, ob die Regelung des § 6 Abs. 6 a VermG mit Art. 14 GG vereinbar ist, vermag ebenfalls die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen.
Im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht angeführte und auch von der Beschwerde nicht übersehene ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage der "weggeschwommenen" Vermögenswerte (grundlegend Urteil vom 13. Februar 1997 - BVerwG 7 C 54.96 - BVerwGE 104, 92 = Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 25, zuletzt Beschluss vom 24. März 2005 - BVerwG 8 B 80.04 - n.v.),
die ersichtlich von der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 6 Abs. 6 a Satz 1 VermG ausgeht, hätte die Beschwerde unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zur Bedeutung des Art. 14 GG im Zusammenhang mit Ansprüchen nach dem Vermögensgesetz näher darlegen müssen, woraus sich die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Dem genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Im Übrigen hat nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 84, 90 <125 f.>; 101, 239 <272 f.>; 102, 254 <297 ff.>) der Anspruch auf Restitution von Vermögenswerten, deren Entzug eine dem Grundgesetz nicht verpflichtete Staatsgewalt zu verantworten hat, seine Wurzeln allein im Rechts- und im Sozialstaatsprinzip. Die Feststellung, dass die Voraussetzungen dieses Anspruchs im Einzelfall nicht gegeben sind, kann deshalb eigentumsrechtliche Positionen nicht beeinträchtigen (vgl. BVerfG EuGRZ 2004, 728 <733>). Etwas anderes gilt nur dann, wenn einmal unter Geltung des Art. 14 GG eingeräumte Restitutionsansprüche durch eine spätere Änderung des Vermögensgesetzes wieder entzogen werden (vgl. dazu u.a. Urteil vom 30. Mai 2001 - BVerwG 8 C 13.00 - BVerwGE 114, 291 = Buchholz 428 § 9 VermG Nr. 5, die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen <BVerfG, Beschluss vom 16. August 2001 - 1 BvR 1270/01 ->; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 7. Juni 2002 - 1 BvR 771/02 - ZOV 2002, 274).
Zwar ist die Regelung des § 6 Abs. 6 a Satz 1 VermG erst nachträglich in das Vermögensgesetz eingefügt worden, wie aber bereits das Verwaltungsgericht im Einzelnen näher ausgeführt hat, hat der Gesetzgeber damit nur für den Bereich der Unternehmensresterestitution die sich generell aus der unterschiedlichen gesetzlichen Regelung zur Unternehmensrestitution einerseits und zur Einzelrestitution andererseits ergebende Rechtslage, wie sie auch schon ohne die gesetzliche Änderung vom Bundesverwaltungsgericht festgestellt worden war, ausdrücklich in den Gesetzeswortlaut übernommen. Die fehlende Restitutionsfähigkeit "weggeschwommener" Vermögenswerte berührt daher den Schutzbereich des Art. 14 GG nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf den §§ 47, 52 GKG.