Beschluss vom 08.03.2006 -
BVerwG 1 WB 23.05ECLI:DE:BVerwG:2006:080306B1WB23.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 1 WB 23.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:080306B1WB23.05.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 23.05

In dem Wehrbeschwerdeverfahren
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Pietzner,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
sowie
Brigadegeneral Wundrak und
Major Kniess
als ehrenamtliche Richter
am 8. März 2006
b e s c h l o s s e n :

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der 19... geborene Antragsteller ist Berufssoldat, dessen Dienstzeit voraussichtlich mit Ablauf des 29. Februar 2008 enden wird. Zum Oberstarzt (OTA) wurde er mit Wirkung vom 1. Oktober 1995 ernannt. Nach seiner Approbation als Arzt am 13. Mai 1980 und seiner Promotion am 17. Dezember 1981 trat der Antragsteller zum 1. April 1985 als Stabsarzt in die Bundeswehr ein und wurde überwiegend beim M... verwendet. Seit dem 9. Mai 1990 ist er berechtigt, die Bezeichnung „Augenarzt“ zu führen. Im M... wird er seit dem 1. August 1992 auf dem Dienstposten Sanitätsstabsoffizier (SanStOffz) Augenarzt und SanStOffz Fliegerarzt verwendet. Er leitet die Fachgruppe (FachGrp) A... der Abteilung I (Abt I) des M...

2 Am 9. Januar 2004 erstellte der Leiter (Ltr) Abt I, OTA Dr. M., für den Antragsteller die planmäßige Beurteilung zum 30. September 2003.

3 Im Abschnitt C. sind die vom Antragsteller im Beurteilungszeitraum ausgeführten Aufgaben/Tätigkeiten wie folgt beschrieben:
„Im gesamten Beurteilungszeitraum Leitung der Fachgruppe A... der Abt I des M... Dabei:
1. Durchführung der augenärztlichen Untersuchung auf Wehrfliegerverwendungsfähigkeit, Flugsicherungs-/Einsatzführungsdiensttauglichkeit
2. Augenärztlich-flugmedizinische Gutachtertätigkeit sowohl für den militärischen wie auch den zivilen Bereich (im Rahmen des zivilen Aeromedical Center seit 1.05.03 als zusätzlicher STAN-Auftrag)
3. Fachliche Beratung und Supervision der Fliegerärzte der fliegenden Verbände in allen fachophthalmologisch-flugmedizinischen Fragestellungen
4. Ständige Weiterentwicklung der gutachterlich-diagnostischen Verfahren im augenärztlichen Fachgebiet und der Bewertung der erhobenen Befunde im Hinblick auf die jeweilige Tauglichkeit
5. Flugmedizinisch-ophthalmologische Lehr- und Vortragstätigkeit in den Lehrgängen des M... und im zivilen Bereich
6. Initiierung und Durchführung flugmedizinischer Forschung
7. Beratung anderer Dienststellen in flugmedizinisch-ophthalmologischen Fragestellungen (Laserbedrohung/-schutz)

4 Im Abschnitt F. „Leistungen im Beurteilungszeitraum“ bewertete OTA Dr. M. die Einzelmerkmale 09 (Fachwissen) und 13 (Ausbildungsgestaltung) jeweils mit der Wertungsstufe „7“ (Leistungen überragen in außergewöhnlichem Maß die Anforderungen <Spitzenleistung>). Bei den ergänzenden Kennzeichnungen zu den Einzelmerkmalen führte er zur Begründung dieser Spitzennoten aus:
„Zu 09:
OTA Dr. ... hat sich in den Jahren seiner Tätigkeit am M... ein exzellentes und breites Erfahrungswissen in fachophthalmologisch-flugmedizinischen Fragestellungen erworben, das seinesgleichen sucht. Es gibt kaum eine Fragestellung, auf die er nicht spontan auskunftsfähig wäre. Seine Fachexpertise ist weit über die Bundeswehr hinaus gefragt.
Zu 13:
Die Lehrveranstaltungen, die OTA Dr. ... durchführt, sind ebenso wie seine Fachvorträge mit viel Liebe zum Detail geplant, didaktisch klug aufbereitet und fachlich von höchster Qualität. In der Ausgestaltung verfügt er über ein hohes Maß an Kreativität, mit der er sein Publikum immer wieder aufs Neue zu fesseln vermag. Er kann seine vor dem Medizinstudium durchlaufene Ausbildung für das Lehramt in Mathematik und Physik dabei nicht verleugnen. In der Lehrtätigkeit liegt eine seiner großen Stärken.“

5 Im Abschnitt G. „Eignung und Befähigung“ erhielt der Antragsteller in den Feldern 01 (Verantwortungsbewusstsein), 02 (Geistige Befähigung) und 03 (Eignung zur Menschenführung/Teambefähigung) jeweils die Wertung „C“; im Feld 04 (Befähigung zur Einsatz- und Betriebsführung) erhielt er die Wertung „B“. Im Abschnitt H. (Herausragende charakterliche Merkmale, Kameradschaft, berufliches Selbstverständnis, Bewährung im Einsatz und ergänzende Aussagen) führte OTA Dr. M. über den Antragsteller aus:
„Oberstarzt Dr. ... ist ein über den Bereich der Bundeswehr hinaus überaus angesehener Experte in seinem Fachgebiet. Im fliegerischen Dienst wie auch im fliegerärztlichen Dienst der Bundeswehr hat er einen Namen. Sein Hauptinteresse liegt im rein fachlichen Bereich. Darunter leidet etwas die Einsicht, als Soldat auch die vielen kleinen Verfahrensregeln akzeptieren zu müssen, die die Einbindung in eine auf Vorschriften und Weisungen und damit auf Befehl und Gehorsam beruhende Organisation mehr oder weniger zwangsläufig mit sich bringt.“

6 Gegen diese ihm am 9. Januar 2004 eröffnete Beurteilung legte der Antragsteller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 20. Januar 2004 Beschwerde ein.

7 Gegen die ihm am 7. Juni 2004 eröffnete Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten, des Ltr M... OTA Dr. K., vom selben Tag legte der Antragsteller am 8. Juni 2004 ebenfalls Beschwerde ein.

8 Die Beschwerden vom 20. Januar 2004 und vom 8. Juni 2004 wies der Amtschef (AChef) ...A mit Bescheid vom 21. September 2004 zurück. Die weitere Beschwerde des Antragstellers vom 4. Oktober 2004 wies der Inspekteur (Insp) mit Beschwerdebescheid vom 24. März 2005 zurück.

9 Gegen diesen Bescheid richtet sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 12. April 2005, den der Insp mit seiner Stellungnahme vom 28. April 2005 dem Senat vorgelegt hat. Das Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten vom 7. Juni 2004 ist Gegenstand des Verfahrens BVerwG 1 WB 24.05 .

10 Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Er sei dem beurteilenden Vorgesetzten OTA Dr. M. erst seit Anfang Februar 2003 unterstellt. Sein früherer Vorgesetzter OTA Dr. G. habe einen Beurteilungsbeitrag vorgelegt, der materiell nicht adäquat in die Beurteilung zum 30. September 2003 eingeflossen sei. OTA Dr. M. hätte diesem Beurteilungsbeitrag wesentlich mehr Gewicht verleihen müssen, weil OTA Dr. G. weit über die Hälfte des Beurteilungszeitraums sein, des Antragstellers, unmittelbarer Vorgesetzter gewesen sei. Der Beurteilungsbeitrag entspreche der planmäßigen Beurteilung zum 30. September 1999, die OTA Dr. G. mit Vermerk vom 12. Dezember 2001 auch für den nächsten Beurteilungszeitraum aufrechterhalten habe. Darüber hinaus habe OTA Dr. M. im Beurteilungszeitraum kein Beurteilungsgespräch mit ihm, dem Antragsteller, geführt. Außerdem habe er zu Unrecht im Abschnitt G. die Felder 01 bis 03 schlechter bewertet als OTA Dr. G. Der beurteilende Vorgesetzte habe ferner außer Acht gelassen, dass die FachGrp A... im Beurteilungszeitraum entgegen der Stärke- und Ausrüstungsnachweisung (STAN) personalmäßig unzureichend besetzt gewesen sei; deshalb habe man mit dem vorhandenen ärztlichen Personal die Aufgaben nicht in ordentlichem und zufriedenstellendem Umfang bewältigen können. OTA Dr. M. sei aus seiner Sicht als befangen anzusehen. Dies sei aus dem Schreiben dieses Vorgesetzten vom 27. Oktober 2003 ersichtlich, in welchem gerügt werde, er, der Antragsteller, habe ihm gestellte Termine nicht eingehalten. Schließlich habe OTA Dr. M. übersehen, dass wissenschaftliche Tätigkeit und Forschung nach der STAN für das Fachgebiet A... vorgesehen sei und er, der Antragsteller, auch dieser Verpflichtung nachgekommen sei. Dies ergebe sich aus einer Aufstellung der von ihm verfassten Schriften und seiner Vorträge. Das Ansehen, welches die FachGrp A... am M... in Fachkreisen genieße, sei im Wesentlichen ihm, dem Antragsteller, zuzuschreiben. Zum Beweis dafür beziehe er sich auf das Zeugnis des Generalarztes Dr. R.

11 Er beantragt,
die planmäßige Beurteilung (zum Stichtag 30. September 2003) vom 9. Januar 2004 aufzuheben und die Beurteilung einem objektiven Beurteiler zu übertragen.

12 Der InspLw beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

13 Die planmäßige Beurteilung des Antragstellers durch den Ltr Abt I OTA Dr. M. vom 9. Januar 2004 weise keine Rechtsfehler auf. Die gegen diesen Vorgesetzten erhobenen Vorwürfe der Befangenheit seien unbegründet. Der Umstand, dass OTA Dr. M. den Antragsteller teilweise schlechter beurteilt habe als dessen früherer Disziplinarvorgesetzter, reiche für die Annahme einer Befangenheit nicht aus. Dies folge aus Nr. 305 Buchst. c Satz 2 ZDv 20/6. Nach Nr. 305 Buchst. c Satz 1 ZDv 20/6 begründe auch ein Verhalten des Beurteilenden, welches mit seinen Erziehungs- und Führungsaufgaben im Zusammenhang stehe, keine Zweifel an dessen Unbefangenheit. Das Schreiben des OTA Dr. M. vom 27. Oktober 2003, in welchem dieser gegenüber dem Antragsteller nicht erfüllte Termin gerügt habe, dokumentiere insofern keine Anhaltspunkte für eine Befangenheit. Es liege im Rahmen der Erziehungs- und Führungsaufgaben eines Vorgesetzten, den Untergebenen auf von ihm festgestellte Mängel bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben hinzuweisen. Ständige dienstliche Zusammenarbeit und Führungsaufgaben eines Vorgesetzten enthielten naturgemäß die Möglichkeit von Konflikten. Entsprechend könnten eine kritische Einschätzung der Arbeitsweise und des sonstigen dienstlichen Verhaltens des beurteilten Soldaten durch den beurteilenden Vorgesetzten oder das Bestehen dienstlich veranlasster Spannungen grundsätzlich keinen Anlass dafür geben, eine Voreingenommenheit des Vorgesetzten anzunehmen. Die Herabsetzung der Einzelbewertungen im Abschnitt G. im Vergleich zur letzten Regelbeurteilung stelle den Kern der eigentlichen Leistungsbewertung durch OTA Dr. M. dar; dieser Bereich sei nach § 1 Abs. 3 WBO einer Nachprüfung ausdrücklich entzogen. Darüber hinaus habe OTA Dr. M. den Beurteilungsbeitrag des OTA Dr. G. in der planmäßigen Beurteilung berücksichtigt. Dies folge nicht nur aus der Angabe dieses Beurteilungsbeitrages in Abschnitt B. 02 Buchst. c, sondern auch aus der Aussage des OTA Dr. M., dass die von ihm vergebenen Wertungsstufen seinen eigenen Feststellungen unter gebührender Berücksichtigung des in Rede stehenden Beurteilungsbeitrages entsprochen hätten. Ob OTA Dr. M. dem Antragsteller im Beurteilungszeitraum Hinweise auf festgestellte Leistungsdefizite gegeben habe oder nicht, könne dahingestellt bleiben. Denn ein unterbliebenes Beurteilungsgespräch führe gemäß Nr. 508 Buchst. e ZDv 20/6 in keinem Fall zur Aufhebung der Beurteilung. Die Anhörungs- und Erörterungs- sowie Eröffnungspflichten nach der ZDv 20/6 seien sämtlich eingehalten worden.

14 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Insp - 008/04 -, die Gerichtsakte BVerwG 1 WB 24.05 sowie die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

15 Der Antrag ist zulässig.

16 Das Bundesverwaltungsgericht - Wehrdienstsenate - ist instanziell für den Antrag nach § 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, § 22 i.V.m. § 17 WBO zuständig. Der Ltr Abt I war nach Nr. 1.2 der Anordnung des AChef ...A vom 24. Januar 2002 (Regelung der Zuständigkeit für die Beurteilung der Offiziere des M.) zur Erstellung der planmäßigen Beurteilung des Antragstellers zuständig. Nach Nr. 1103 Buchst. b ZDv 20/6 entscheidet über Beschwerden gegen Beurteilungen der erste Disziplinarvorgesetzte, der zur Beurteilung noch nicht Stellung genommen hat. Nach den im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung am 21. September 2004 gültigen Unterstellungsverhältnissen (Organisationsbefehl Nr. 113/2003 des Bundesministeriums der Verteidigung vom 9. April 2003) war die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Beschwerde des Antragstellers vom 20. Januar 2004 gegen die planmäßige Beurteilung vom 9. Januar 2004 auf den AChef ...A übergegangen, weil der Ltr M... als zunächst für die Beschwerdeentscheidung Zuständiger (§ 9 Abs. 1 WBO) zwischenzeitlich am 7. Juni 2004 zu der Beurteilung Stellung genommen hatte. Die erst zum 1. Oktober 2004 (durch Organisationsbefehl Nr. 99/2004 des Bundesministeriums der Verteidigung vom 6. April 2004) angeordnete truppendienstliche Unterstellung des M... unter den - ab diesem Datum als eigenständige Dienststelle etablierten - Generalarzt war noch nicht zu berücksichtigen. Nach Erlass des Beschwerdebescheides des AChef ...A vom 21. September 2004 war der InspLw zur Entscheidung über die weitere Beschwerde des Antragstellers berufen (§ 16 Abs. 3 WBO). Dessen Beschwerdebescheid kann nach § 22 WBO Gegenstand des wehrdienstgerichtlichen Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht sein.

17 Dienstliche Beurteilungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SLV stellen nach ständiger Rechtsprechung des Senats truppendienstliche Maßnahmen dar, die nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Satz 1 SLV i.V.m. Nr. 1102 ZDv 20/6 vor den Wehrdienstgerichten angefochten werden können. Zwar findet gemäß § 1 Abs. 3 WBO i.V.m. Nr. 1101 ZDv 20/6 eine Beschwerde gegen die in dienstlichen Beurteilungen enthaltenen Aussagen und Wertungen zur Persönlichkeit, Eignung, Befähigung oder Leistung des Beurteilten nicht statt. Derartige Aussagen und Wertungen sind deshalb einer inhaltlichen Prüfung nicht zugänglich. Gleichwohl kann der Soldat eine Beurteilung - wie auch die Stellungnahme des höheren Vorgesetzten - mit der Begründung anfechten, sie verstoße gegen Rechte, die ihm in Bezug auf die Erstellung von Beurteilungen eingeräumt sind (Beschlüsse vom 6. März 2001 - BVerwG 1 WB 117.00 - <BVerwGE 114, 80 = Buchholz 236.11 § 1 a SLV Nr. 15 = ZBR 2002, 280> m.w.N. und vom 3. Juli 2001 - BVerwG 1 WB 17.01 - <Buchholz 236.11 § 1 a SLV Nr. 16 = ZBR 2002, 133>). Die aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung in § 2 Abs. 2 Satz 1 SLV (zuvor § 1 a Abs. 2 Satz 1 SLV a.F.) erlassene ZDv 20/6 weist in Nr. 1102 Buchst. b Abs. 1 insoweit klarstellend darauf hin, dass eine Beschwerde statthaft ist, wenn der beurteilte Soldat glaubt, dass bei der Erstellung der Beurteilung, einschließlich der Stellungnahmen, solche Rechte verletzt worden sind, die ihm als Garantie für eine sachgerechte Beurteilung nach der Rechtsordnung eingeräumt sind. Nach Nr. 1102 Buchst. b Abs. 2 ZDv 20/6 ist die Beschwerde danach im Einzelnen statthaft, wenn der beurteilte Soldat z.B. die Befangenheit des Beurteilenden (Nr. 305) sowie einen Verstoß gegen die Beurteilungsgrundsätze (Nrn. 401 bis 408) geltend macht. Das ist hier geschehen. Der Verpflichtungsantrag ist im Hinblick auf Nr. 1202 Buchst. a Satz 1 und 4 ZDv 20/6 ebenfalls zulässig.

18 Der Antrag ist indessen nicht begründet.

19 Die planmäßige Beurteilung des Antragstellers vom 9. Januar 2004 sowie die deren Rechtmäßigkeit bestätigenden - sinngemäß ebenfalls angefochtenen - Beschwerdebescheide des AChef ...A vom 21. September 2004 und des Insp vom 24. März 2005 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

20 Beurteilungen beeinflussen maßgeblich den Werdegang des Soldaten (Nr. 102 ZDv 20/6); sie sollen ein abgerundetes, umfassendes und klares Bild der Persönlichkeit, der dienstlichen Eignung, Befähigung und Leistung des Beurteilten geben (Nrn. 101, 401 ZDv 20/6). Sie sind sorgfältig und sachgerecht zu erstellen, sollen das Wesentliche und Charakteristische kennzeichnen und dürfen keine Widersprüche enthalten (Nr. 401 ZDv 20/6).

21 Dienstliche Beurteilungen sind in der Sache gerichtlich nur beschränkt nachprüfbar. Die Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob der beurteilende Vorgesetzte den anzuwendenden Begriff der Beurteilung oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Wenn das Bundesministerium der Verteidigung auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 SLV (zuvor § 1 a Abs. 2 SLV a.F.) Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, kann das Gericht bei gegebenem Anlass im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) ferner prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten worden sind und mit den gesetzlichen Regelungen, speziell mit denen der Soldatenlaufbahnverordnung über die dienstliche Beurteilung, und mit sonstigen Rechtsvorschriften in Einklang stehen (Beschlüsse vom 6. März 2001 - BVerwG 1 WB 117.00 - <a.a.O.>, vom 3. Juli 2001 - BVerwG 1 WB 17.01 - <a.a.O.> jeweils m.w.N. und vom 16. September 2004 - BVerwG 1 WB 21.04 - <Buchholz 236.110 § 2 SLV Nr. 5 = ZBR 2005, 255>).

22 Die angefochtene Beurteilung des Ltr Abt I vom 9. Januar 2004 hält diese Maßgaben ein und ist rechtlich nicht zu beanstanden.

23 Es ist für den Senat nicht erkennbar und vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht, dass der beurteilende Vorgesetzte den anzuwendenden Begriff der Beurteilung oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hätte.

24 OTA Dr. M. ist auch von einem vollständigen und zutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Insoweit rügt der Antragsteller zu Unrecht, dass seine wissenschaftliche Tätigkeit und Forschung in der Beurteilung keine Berücksichtigung gefunden habe. In Abschnitt C. Nrn. 5 und 6 sind unmissverständlich die flugmedizinisch-ophthalmologische Lehr- und Vortragstätigkeit nicht nur in den Lehrgängen des M..., sondern auch im zivilen Bereich, sowie die Initiierung und Durchführung flugmedizinischer Forschung ausdrücklich als im Beurteilungszeitraum ausgeführte Aufgaben und Tätigkeiten des Antragstellers festgehalten worden. Diese Tätigkeiten finden außerdem expressis verbis Erwähnung in der Begründung der Vergabe der Spitzenwertungen im Abschnitt F., in dem OTA Dr. M. „ein exzellentes und breites Erfahrungswissen“ und die „Fachexpertise“ des Antragstellers, ferner seine Lehrveranstaltungen sowie seine Fachvorträge im Einzelnen würdigt.

25 Ohne Erfolg beanstandet der Antragsteller überdies, dass OTA Dr. M. den Beurteilungsbeitrag des OTA Dr. G. in der angefochtenen Beurteilung nicht berücksichtigt habe. In Abschnitt B. 02 Buchst. c ist unter „Beiträge Dritter“ ausdrücklich die Äußerung des OTA Dr. G. aufgeführt worden. Dessen Erkenntnisse haben auch Ausdruck im Abschnitt C. gefunden, in dem die Aufgaben und Tätigkeiten des Antragstellers „im gesamten Beurteilungszeitraum“ festgehalten sind. Diese Erfassung des Beurteilungsbeitrages des OTA Dr. G. entspricht den Vorgaben in § 2 Abs. 1 Satz 1 SLV. Grundsätzlich erstreckt sich die planmäßige Beurteilung auf sämtliche Leistungen sowie die Eignung und Befähigung, die der beurteilte Soldat während des gesamten Beurteilungszeitraums gezeigt hat. War - wie im vorliegenden Fall - der für die Beurteilung zuständige Vorgesetzte nicht in der Lage, sich während des gesamten Beurteilungszeitraums ein eigenes Bild von den zur Beurteilung anstehenden Merkmalen zu verschaffen, ist er auf Beurteilungsbeiträge Dritter angewiesen. Beurteilungsbeiträge, die nach Nr. 503 Buchst. f Satz 1 ZDV 20/6 von einem früheren zuständigen Vorgesetzten abgefasst worden sind, sollen gemäß Nr. 503 Buchst. a Satz 2 ZDv 20/6 dem für die Beurteilung zuständigen Vorgesetzten zusätzliche Erkenntnisquellen erschließen und ihm dadurch eine umfassende und treffende Beurteilung erleichtern. Die Feststellungen und Bewertungen in einem Beurteilungsbeitrag sind, soweit sie keine Rechtsfehler aufweisen, insoweit beachtlich, als sie bei der abschließenden Beurteilung zur Kenntnis genommen und bedacht werden müssen. Der für die Beurteilung zuständige Vorgesetzte ist jedoch an die in den Beurteilungsbeiträgen enthaltenen Werturteile nicht in der Weise gebunden, dass er sie in seine Beurteilung „fortschreibend“ übernehmen müsste (Beschluss vom 29. April 1999 - BVerwG 1 WB 55.98 , 66.98 - <Buchholz 236.11 § 1 a SLV Nr. 6 = NZWehrr 1999, 204 = ZBR 1999, 348> m.w.N.). Demgemäß ist in Nr. 504 Buchst. b ZDv 20/6 festgelegt, dass der beurteilende Vorgesetzte auf der Grundlage einer G e s a m t w ü r d i g u n g , die auch die durch Beurteilungsbeiträge vermittelten Erkenntnisse einzubeziehen hat, seine Bewertung in e i g e n e r Verantwortung trifft. Deshalb ist der beurteilende Vorgesetzte nicht verpflichtet in den Abschnitten F., G. und H. einer planmäßigen Beurteilung im Einzelnen schriftlich darzulegen, in welchem Umfang die in diesen Abschnitten getroffene Gesamtwürdigung auf seinen eigenen Erkenntnissen und auf den Beiträgen Dritter beruht. Die Gesamtwürdigung selbst ist - wie oben dargelegt - einer inhaltlichen gerichtlichen Kontrolle entzogen.

26 Entgegen der Darstellung des Antragstellers hat der beurteilende Vorgesetzte auch die zeitweise aus Sicht des Antragstellers schwierige Personalsituation in der FachGrp A... in die planmäßige Beurteilung einbezogen. Im Abschnitt G. 04 nimmt OTA Dr. M. ausdrücklich darauf Bezug, dass die „Verwendungsfähigkeitsuntersuchung im Fachgebiet der A... sehr umfangreich und qualitativ anspruchsvoll (sei); dem sei in der Personalbemessung nur zum Teil Rechnung getragen worden“. Die anschließende Gewichtung dieser möglicherweise unausgewogenen Personalbemessung und die an den Antragsteller als Leiter der FachGrp A... gestellten Anforderungen, „durch kreative organisatorische Maßnahmen die Abläufe ständig zu optimieren, um zielorientiert zu pragmatischen Lösungen zu kommen“, sind Teil der inhaltlichen Eignungsbewertung, die einer gerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt.

27 Der beurteilende Vorgesetzte hat in der planmäßigen Beurteilung auch nicht gegen allgemeine Wertmaßstäbe bzw. gegen Verfahrensvorschriften verstoßen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte vor, die in der Person des OTA Dr. M. den Vorwurf der Befangenheit als begründet erscheinen lassen.

28 Nach Nr. 305 Buchst. b ZDv 20/6 ist Befangenheit anzunehmen, wenn aus der Sicht desjenigen, der den Einwand geltend macht, Gründe vorliegen, ernsthaft an der Unbefangenheit des Beurteilenden zu zweifeln, und dies für einen neutralen Betrachter verständlich und nachvollziehbar ist. Diese Zweifel können sich z.B. ergeben, wenn zwischen Beurteilendem und Soldaten besondere Beziehungen bestehen, die weit über das dienstliche Verhältnis hinausgehen (z.B. Verwandtschaft, Freundschaft, Rechtsstreit, privates Zerwürfnis). Ein Befangenheitsgesichtspunkt in diesem Sinne ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass OTA Dr. M. im Abschnitt G. die Eignung und Befähigung in den Feldern 01 bis 03 nicht so positiv beurteilt hat wie OTA Dr. G., der in der planmäßigen Beurteilung des Antragstellers zum 30. September 1999 an dieser Stelle zweimal die Wertungsstufe „D“ und einmal die Wertungsstufe „E“ vergeben hatte. Dies reicht für die Annahme einer Befangenheit nicht aus. Nach Nr. 305 Buchst. c Satz 2 ZDv 20/6 führt die Tatsache, dass eine Beurteilung ungünstig ausgefallen ist oder sich gegenüber früheren Beurteilungen verschlechtert hat, nicht zu berechtigten Zweifeln an der Unbefangenheit des Beurteilenden. Schwankungen im Leistungs- und Persönlichkeitsbild, die aus unterschiedlichen Gegebenheiten und deren Bewertung durch den Beurteilenden herrühren, sind erfahrungsgemäß jederzeit möglich; sie geben für sich genommen objektiv keinen Anlass zu der Annahme, eine schlechte(re) Beurteilung müsse notwendigerweise Ausdruck einer Befangenheit des Beurteilenden sein (Beschlüsse vom 6. September 1988 - BVerwG 1 WB 141.87 - <BVerwGE 86, 59 [61]>, vom 29. April 1999 - BVerwG 1 WB 55.98 , 66.98 - <a.a.O.> m.w.N. und vom 9. Dezember 1999 - BVerwG 1 WB 48.99 -). Für eine gegenteilige rechtliche Bewertung fehlt es im vorliegenden Fall an hinreichenden Anhaltspunkten.

29 Auch das Schreiben des OTA Dr. M. vom 27. Oktober 2003, in welchem dieser in seiner Funktion als Abteilungsleiter (AbtLtr) den Antragsteller auf drei nicht eingehaltene Termine im Oktober 2003 hinwies, rechtfertigt nicht die Annahme einer Befangenheit als Beurteiler. Es liegt im Rahmen der Führungsaufgaben eines militärischen Vorgesetzten, den Untergebenen auf Mängel bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben hinzuweisen. Mit einem derartigen Verhalten macht er sich nicht befangen (Beschluss vom 29. April 1999 - BVerwG 1 WB 55.98 , 66.98 - <a.a.O.> m.w.N.). Ständige dienstliche Zusammenarbeit und die Wahrnehmung von Führungsaufgaben durch einen Vorgesetzten bringen naturgemäß auch die Möglichkeit von Konflikten mit sich. Entsprechend können weder (allein) eine kritische Einschätzung der Arbeitsweise und des sonstigen dienstlichen Verhaltens des beurteilten Soldaten durch den beurteilenden Vorgesetzten noch das Bestehen dienstlich veranlasster Spannungen als solche grundsätzlich Anlass dafür geben, eine Voreingenommenheit des Vorgesetzten anzunehmen. Denn dadurch wird grundsätzlich noch nicht die Erwartung in Frage gestellt, der Vorgesetzte wolle und könne seine Pflichten einschließlich derjenigen zur sachlichen und gerechten dienstlichen Beurteilung erfüllen (Urteil vom 23. April 1998 - BVerwG 2 C 16.97 - <BVerwGE 106, 318 = NVwZ 1998, 1302 = DVBl 1998, 1076> und Beschlüsse vom 23. Januar 1991 - BVerwG 1 WB 70.88 - <DokBer B 1991, 172>, vom 27. November 1996 - BVerwG 1 WB 44.96 - <DokBer B 1997, 47> und vom 29. April 1999 - BVerwG 1 WB 55.98 , 66.98 - <a.a.O.>). Dementsprechend ist auch in Nr. 305 Buchst. c Satz 1 ZDv 20/6 bestimmt, dass Zweifel an der Unbefangenheit eines Beurteilenden nicht schon aus einem Verhalten hervorgehen, das mit seinen Erziehungs- und Führungsaufgaben im Zusammenhang steht (z.B. Hinweise auf Schwächen, Anweisungen zur Abstellung von Mängeln, erzieherische Maßnahmen oder Disziplinarmaßnahmen).

30 Auch sonst bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass OTA Dr. M. befangen war. Auf das Hinweisschreiben des OTA Dr. M. vom 27. Oktober 2003 räumte der Antragsteller mit erläuterndem Schriftsatz vom 29. Oktober 2003 selbst u.a. ein, am 13. Oktober 2003, einem Vorbereitungstag für eine Vortragsveranstaltung am 15. Oktober 2003, den Auftrag vom 7. Oktober 2003 mit Abgabetermin 10. Oktober 2003 erhalten zu haben. Außerdem führte der Antragsteller darin aus, den ihm übergebenen Beurteilungsentwurf ebenfalls am 13. Oktober 2003 und die Akte über einen zu beurteilenden Probanden am 21. Oktober 2003 erhalten zu haben. Seinem Erläuterungsschreiben vom 29. Oktober 2003 ist indessen keine Erklärung dazu zu entnehmen, warum er zwischen dem 16. Oktober 2003 und dem 27. Oktober 2003 nicht die Gelegenheit wahrgenommen hat, die aus seiner Sicht nicht mögliche termingerechte Aufgabenerfüllung gegenüber dem AbtLtr OTA Dr. M. im Einzelnen darzulegen; denn dieser hat erst unter dem 27. Oktober 2003 das vom Antragsteller beanstandete Hinweisschreiben gefertigt. Insgesamt dokumentiert dieser Schriftwechsel (lediglich) eine kritische Auseinandersetzung zwischen dem Antragsteller und seinem AbtLtr über drei zu erfüllende Termine, in der OTA Dr. M. im Rahmen seiner Führungsaufgaben tätig geworden ist.

31 Die angefochtene Beurteilung ist schließlich auch nicht deshalb verfahrensfehlerhaft, weil der Antragsteller nach seinem Vorbringen über den von OTA Dr. M. erkannten Leistungsabfall nicht so rechtzeitig informiert wurde, dass noch eine Leistungssteigerung möglich gewesen wäre. Die darin enthaltene Rüge, der beurteilende Vorgesetzte habe entgegen Nr. 508 Buchst. a ZDv 20/6 mit dem Antragsteller kein Beurteilungsgespräch geführt, begründet keinen Verfahrensfehler. Denn ein derartiges Versäumnis führt nach Nr. 508 Buchst. e ZDv 20/6 nicht zur Aufhebung der Beurteilung.

32 Da die Beurteilung dem Antragsteller im Entwurf am 9. Oktober 2003 ausgehändigt und mit ihm am 8. Januar 2004 erörtert wurde, sind auch die Verfahrensvorschriften der Nr. 626 ZDv 20/6 eingehalten worden.

33 Nicht zu entsprechen ist dem Beweisantrag im Schriftsatz der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 14. Juli 2005, Generalarzt Dr. R. als Zeugen zu der Behauptung zu vernehmen, dass das Ansehen, das die FachGrp A... in Fachkreisen genieße, im Wesentlichen dem Antragsteller zuzuschreiben sei. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 2 Satz 2 WBO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.w.V.m. § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO darf ein Beweisantrag abgelehnt werden, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung oder schon erwiesen ist. Die Frage des Ansehens der FachGrp A... in Fachkreisen ist für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Beurteilung des Antragstellers unerheblich. Denn die Beurteilung soll allein die Leistung und Befähigung des Antragstellers im Beurteilungszeitraum, nicht aber diejenigen der FachGrp dokumentieren. Sofern sinngemäß das Ansehen des Antragstellers selbst (als Ltr der FachGrp A...) Gegenstand des Beweisantrages sein sollte, ist der Beweisantrag abzulehnen, weil diese Tatsache bereits erwiesen ist. In der Begründung zur Wertungsvergabe in Abschnitt F. 09 hat OTA Dr. M. ausdrücklich betont, dass die „Fachexpertise (des Antragstellers) weit über die Bundeswehr hinaus gefragt“ sei. In Abschnitt H. erklärt er darüber hinaus, dass „Oberstarzt Dr. ... ... ein über den Bereich der Bundeswehr hinaus überaus angesehener Experte in seinem Fachgebiet“ sei.

34 Den in der weiteren Beschwerde gestellten Beweisantrag (Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 1. Februar 2005) hat der Antragsteller im gerichtlichen Antragsverfahren nicht wiederholt. Davon abgesehen wäre auch dieser Beweisantrag abzulehnen, weil die unter Beweis gestellte Tatsache, dass dem Antragsteller zur Vorbereitung eines Vortrags am 15. Oktober 2003 Vorbereitungszeit gewährt worden sei, aus den oben dargelegten Gründen für die Entscheidung des Senats nicht erheblich ist.

35 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat deshalb in der Sache keinen Erfolg.