Beschluss vom 08.01.2004 -
BVerwG 4 B 113.03ECLI:DE:BVerwG:2004:080104B4B113.03.0

Beschluss

BVerwG 4 B 113.03

  • VGH Baden-Württemberg - 26.09.2003 - AZ: VGH 5 S 1599/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Januar 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. R o j a h n und G a t z
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 26. September 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin zu 1 trägt ein Viertel, der Kläger zu 2 drei Viertel der Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 23 207 € festgesetzt.

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Kläger beimessen.
1. Die Frage, ob über einen Rechtsstreit um das Außer-Kraft-Treten eines fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses nach § 17 Abs. 7 Satz 1 FStrG wegen nicht rechtzeitig begonnener Planausführung das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug zu entscheiden hat, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Es spricht bereits einiges dafür, dass die Frage rechtsmissbräuchlich gestellt ist; denn die Kläger selbst haben den Verwaltungsgerichtshof angerufen, ohne an dessen instanzieller Zuständigkeit irgendeinen Zweifel anzumelden. Letztlich kann das aber offen bleiben. Die Zulassung der Revision scheidet nämlich jedenfalls deshalb aus, weil die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, seine Zuständigkeit als erstinstanzliches Gericht ergebe sich aus § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 VwGO, in einem Revisionsverfahren nicht überprüft werden dürfte. Nach § 83 Satz 1 VwGO, der als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auf die instanzielle Zuständigkeit entsprechend anwendbar ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 83 Rn. 4 m.w.N.), in Verbindung mit § 17a Abs. 1 GVG sind, wenn ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden. Obwohl das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs insgesamt noch mit Rechtsmitteln anfechtbar ist, ist es insoweit für das Revisionsgericht bindend, als darin die erstinstanzliche Zuständigkeit bejaht worden ist. Dies folgt aus § 83 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 17a Abs. 5 GVG, wonach das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (vgl. Kissel, GVG, 3. Aufl., § 17 Rn. 46).
Die Revision ist auch nicht zur Klärung der Frage zuzulassen, ob für die Feststellung des Außer-Kraft-Tretens eines Planfeststellungsbeschlusses die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO die statthafte Klageart ist oder ob der Eintritt der Unwirksamkeit des Beschlusses durch einen Bescheid der Planfeststellungsbehörde festzustellen ist, dessen Erlass im Weigerungsfall durch eine Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO erstritten werden muss. Abgesehen davon, dass sich auch hier die Frage des Rechtsmissbrauchs stellt - der Verwaltungsgerichtshof ist der vorinstanzlich vertretenen Auffassung der Kläger, die Feststellungsklage sei statthaft, gefolgt -, ist die Bestimmung der richtigen Klageart nicht entscheidungserheblich, weil sie sich auf die Darlegungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Unbegründetheit der Klage nicht auswirken würde. Gegenteiliges machen auch die Kläger nicht geltend. Wenn sie sich im Nachhinein für die Verpflichtungsklage stark machen, so beruht das auf der Erwägung, in dem Verwaltungsverfahren, zu dessen Nachholung das Klageverfahren - wie sie wohl unausgesprochen meinen - auszusetzen gewesen wäre, hätte die Planfeststellungsbehörde möglicherweise zu ihren Gunsten entschieden und die angefochtene Entscheidung entbehrlich gemacht. Diese Erwägung ist schon deshalb nicht tragfähig, weil die Klageerwiderung mit dem Antrag auf Abweisung der Klage als unbegründet den Schluss rechtfertigt, dass die Planfeststellungsbehörde auch einen Antrag der Kläger, in entsprechender Anwendung des § 44 Abs. 5 2. Halbsatz VwVfG den Planfeststellungsbeschluss für unwirksam zu erklären, abgelehnt hätte.
2. Die Frage nach dem Beginn des Laufs der in § 17 Abs. 7 Satz 1 FStrG normierten Durchführungsfrist führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision. Ob ein Planfeststellungsbeschluss mit dem Datum des Beschlusses, der die Zulassung der Revision gegen die den Planfeststellungsbeschluss bestätigende Entscheidung des vorinstanzlichen Gerichts ablehnt, dem Tag der Herausgabe des Beschlusses aus dem Gericht zur Post oder dem Zeitpunkt des Zugangs des Beschlusses beim Beschwerdeführer unanfechtbar wird, wäre im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Da das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Klägers zu 2 gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des VGH Mannheim vom 28. März 1996 mit Beschluss vom 21. Februar 1997 zurückgewiesen hat, musste mit der Durchführung des Plans frühestens bis zum 21. Februar 2002 begonnen worden sein. Das war auch der Fall. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgeführt, dass die plangemäße Verlegung und Neuanbindung der L 597 unter Beseitigung des schienengleichen Bahnübergangs an der Rheintalbahn in Schwetzingen-Hirschacker als Teil der planfestgestellten Maßnahme im November 2001 nicht nur in Angriff genommen, sondern sogar schon abgeschlossen gewesen sei. Die vorinstanzliche Würdigung, dass in dieser Baumaßnahme der Beginn der Plandurchführung zu sehen sei, ist für den Senat bindend, weil sie von der Beschwerde erfolglos angegriffen wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verlegung und Neuanbindung der L 597 bei Unterführung der Rheintalbahn als Folgemaßnahme des Neubaus der B 535 im Sinne des § 75 VwVfG und nicht als selbständiges Vorhaben nach § 78 VwVfG gewertet. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass die Abgrenzung zwischen notwendigen Folgemaßnahmen und selbständigen Vorhaben grundsätzlich klärungsbedürftig ist. Sie beanstandet vielmehr die an die konkreten Umstände anknüpfende Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Veränderungen im Verlauf der L 597 als Folgemaßnahme des Neubaus der B 535 anzusehen seien, mit der Behauptung, der Bau der B 535 sei auch ohne Beseitigung des schienengleichen Bahnübergangs möglich. Mit ihrer lediglich verbal in das Gewand einer Grundsatzrüge gekleideten, tatsächlich aber einzelfallbezogenen Urteilskritik kann sie im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gehört werden.
Der Befund, dass in der Verlegung, Neuanbindung und Tieferlegung der L 597 bis November 2001 der Beginn der Durchführung des Plans zu sehen ist, trägt für sich allein die vorinstanzliche Feststellung, dass die Fünf-Jahres-Frist des § 17 Abs. 7 Satz 1 FStrG eingehalten ist. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob auch die Einweisung der Straßenbauverwaltung in den Besitz benötigter Flächen durch den Beschluss des Amtes für Flurneuordnung und Landentwicklung Sinsheim vom 4. Februar 2000 oder die ortsnahe Ablagerung von Bodenaushub aus den Baumaßnahmen an der L 597 im Bereich der B 535 den Beginn der Plandurchführung markieren könnte. Der Senat braucht sich mit dem hierauf zugeschnittenen Vorbringen der Beschwerde daher nicht auseinander zu setzen. Gleiches gilt für die sonstige Kritik, welche die Beschwerde nach Art einer Berufungsbegründung an dem angefochtenen Urteil übt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 2 ZPO und die Streitwertentscheidung auf § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.