Beschluss vom 07.12.2004 -
BVerwG 8 B 89.04ECLI:DE:BVerwG:2004:071204B8B89.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 07.12.2004 - 8 B 89.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:071204B8B89.04.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 89.04

  • VG Gera - 24.08.2004 - AZ: VG 2 K 390/99 GE

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. Dezember 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l ,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von H e i m b u r g und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht P o s t i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2004 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Gera wird zurückgewiesen.
  2. Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 42 819 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.
1. Die Rüge der Beschwerde, das Urteil des Verwaltungsgerichts verstoße gegen die Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) und den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) verkennt, dass es zu den dem Tatsachengericht durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragenen Aufgaben gehört, sich im Wege der freien Beweiswürdigung unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten eine Überzeugung über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden. Revisionsrechtlich sind die Grundsätze der Beweiswürdigung dem sachlichen Recht zuzurechnen. Mit Angriffen gegen die Beweiswürdigung kann deswegen ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO regelmäßig nicht bezeichnet werden (stRspr; vgl. etwa Beschlüsse vom 10. Februar 1978 - BVerwG 1 B 13.78 - Buchholz 402.24 § 2 AuslG Nr. 8 S. 10 und vom 12. Januar 1995 - BVerwG 4 B 197.94 - Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 1 <4>). Eine Verletzung der Denkgesetze im Rahmen der Tatsachenwürdigung der Vorinstanz, die ausnahmsweise als Verfahrensmangel in Betracht gezogen werden könnte (vgl. dazu Urteil vom 19. Januar 1990 -BVerwG 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272 f.>), liegt ersichtlich nicht vor. Ein Tatsachengericht hat nicht schon dann gegen die Denkgesetze verstoßen, wenn es nach Meinung des Beschwerdeführers unrichtige oder fern liegende Schlüsse gezogen hat; ebenso wenig genügen objektiv nicht überzeugende oder sogar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen; es muss sich vielmehr um einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss handeln (stRspr; Urteil vom 20. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 147.86 -
Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 37 S. 1 <4>). Davon kann hier keine Rede sein. Das Verwaltungsgericht hat in dem Urteil die Gründe angegeben, die für seine Überzeugung leitend gewesen sind (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Der Umstand, dass die Beigeladene die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Würdigung des Sachverhalts nicht teilt, vermag die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen. In Wahrheit legt die Beschwerde keinen Verfahrensfehler dar, sondern setzt ihre Würdigung des Sachverhalts an die Stelle der Würdigung durch das Gericht.
Das ergibt sich aus den Ausführungen der Beschwerde, mit der sie rügt, dass die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts sich vom Ergebnis der Beweisaufnahme absetze, und ihre eigene Interpretation der Beweisaufnahme darlegt, die in der Darstellung eines potentiellen alternativen Geschehensablaufs zusammengefasst wird, der sich ebenfalls aus den Aussagen des Zeugen W. entnehmen lassen soll. Davon abgesehen sind auch die von der Klägerin geltend gemachten Widersprüche in den Aussagen des Zeugen einerseits am 26. April 2004 und andererseits am 24. August 2004 nicht gegeben. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Zeuge auch in der Vernehmung im April 2004 ausgesagt, dass "der eigentliche Notartermin im Vorfeld als solcher uns auch nicht bekannt gemacht worden" sei. Vielmehr seien sie von einem normalen Gesprächstermin ausgegangen und seien dann mit einem Notar konfrontiert worden. Es gibt auch keinen allgemeinen Erfahrungsgrundsatz, dass im Rahmen der Familie in bestimmter Art und Weise über Verhandlungen oder Kaufpreise gesprochen wird. Der vermeintliche Widerspruch zu den Ausführungen im Tatbestand des Urteils ist nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht hat auf Seite 3 des Urteils nicht festgestellt, dass "zwischen den Vertragsparteien volle Übereinstimmung bestanden" habe, sondern dies nur als Inhalt des Vertrages vom 22. November 1962 wiedergegeben. Schließlich lässt die Aufklärungsrüge hinsichtlich des Kaufpreises nicht erkennen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches mutmaßliche Ergebnis die Beweisaufnahme gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer für die Beigeladene günstigeren Entscheidung hätte führen können.
Auch mit der Rüge der mangelnden Sachverhaltsaufklärung zur Frage eines mit dem Rat des Kreises abzuschließenden Kreispachtvertrages legt die Beschwerde nicht dar, welche Beweise insoweit von der Beigeladenen angeboten worden sind oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht hätten aufdrängen müssen. Weder von dem Beklagten noch von der Beigeladenen ist im erstinstanzlichen Verfahren behauptet worden, dass ein solcher Pachtvertrag bestanden habe. Da die Klägerin unbestritten vorgetragen hat, dass ihr ein solcher vom Rat des Kreises nie angeboten worden sei, hatte das Gericht keine Veranlassung, diese Frage weiter aufzuklären.
Die Beschwerde lässt auch nicht erkennen, was sich aus den nach ihrer Meinung beizuziehenden Notarakten ergeben sollte. Soweit sie einen Verstoß gegen die Aufklärungspflicht rügt, weil das Verwaltungsgericht Anregungen und Anträge des Beklagten und der Beigeladenen, die einer Aufklärung sachdienlich wären, ignoriert habe, kommt sie ihrer Pflicht, darzulegen, welche Anträge sie insoweit gestellt hat, nicht nach. Aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene irgendwelche Anträge zur Sachaufklärung gestellt hätte.
2. Auch der gerügte Verstoß gegen das rechtliche Gehör liegt nicht vor. Soweit die Beschwerde meint, sie habe nicht ausreichend Möglichkeit gehabt, zum Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 20. August 2004 Stellung zu nehmen, ist sie darauf zu verweisen, dass dieser Schriftsatz eine Replik auf die Schriftsätze des Beklagten und der Beigeladenen vom 29. Juli und 13. August 2004 darstellte, wobei Letzterer nach Angaben des Bevollmächtigten der Klägerseite ihm am 19. August 2004 zugegangen ist. Ausweislich der Akten wurde der Schriftsatz vom 20. August 2004 dem Beklagten und dem Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen am 23. August 2004 per Fax übermittelt. Der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen hat in der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2004 nicht gerügt, dass er nicht genügend Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt habe und auch keinen Antrag auf Einräumung einer Schriftsatzfrist gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 283 ZPO gestellt. Auch die Beschwerde legt nicht dar, was sie ergänzend vorgetragen hätte, wenn sie mehr Zeit zur Stellungnahme auf diesen Schriftsatz gehabt hätte und warum dieser Vortrag zu einer anderen Entscheidung des Verwaltungsgerichts geführt hätte.
Die Rüge der Beschwerde, dass die Beteiligten keine Möglichkeit gehabt hätten, in der mündlichen Verhandlung zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, ist nicht nachvollziehbar. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 24. August 2004 haben die Beteiligten nach der Vernehmung des Zeugen W. keine Anträge auf Vereidigung, nach der Entlassung des Zeugen aber die Sachanträge gestellt. Anschließend erhielten sie nochmals Gelegenheit, die Anträge zu begründen. In diesem Rahmen hatten alle Beteiligten auch die Möglichkeit, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen.
Dass das Verwaltungsgericht im Anschluss an die mündliche Verhandlung und vor Versendung der Niederschrift über die mündliche Verhandlung das Urteil fällt, entspricht dem normalen Verfahrensablauf. Im Übrigen lässt die Beschwerde auch insoweit nicht erkennen, was sie noch hätte vortragen oder beantragen wollen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1, § 72 Nr. 1 GKG.