Beschluss vom 07.10.2008 -
BVerwG 3 B 99.08ECLI:DE:BVerwG:2008:071008B3B99.08.0

Beschluss

BVerwG 3 B 99.08

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 10.06.2008 - AZ: OVG 13 A 1779/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. Oktober 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Buchheister
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 60 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf den Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich kein Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

2 Die Klägerin macht geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht eine unzulässige Änderung der Klage in der Berufungsinstanz angenommen, soweit für einen Rettungswagen (RTW) nicht mehr die Genehmigung für den Krankentransport, sondern die Notfallrettung begehrt werde. Es liege - so die Klägerin - keine Klageänderung vor. Sie habe schon mit ihrem Antrag vom 25. April 2003 wie auch dem Klageantrag vor dem Verwaltungsgericht für den RTW eine Genehmigung für sog. Sekundärtransporte begehrt; diese Transporte zählten gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 RettG NW zur Notfallrettung.

3 Der Sache nach wirft die Klägerin dem Berufungsgericht damit einen Verstoß gegen § 88 VwGO vor, weil es (ebenso wie das Verwaltungsgericht) das anfängliche Klagebegehren unzutreffend - nämlich nur als auf eine Genehmigung für den Krankentransport gerichtet - verstanden und deshalb die Erstreckung des Klagebegehrens auf die Notfallrettung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht als Klageänderung und nicht bloß als Klarstellung angesehen habe.

4 Der mit einer Verletzung des § 88 VwGO behauptete Verfahrensfehler (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1966 - BVerwG 8 C 30.66 - BVerwGE 25, 357 <359>; Beschluss vom 14. April 2003 - BVerwG 3 B 141.02 - juris Rn. 2 f.) liegt jedoch nicht vor. Das Berufungsgericht hat das ursprüngliche Klagebegehren nicht sachwidrig ausgelegt. Die Klägerin hatte mit ihrem Antrag vom 25. April 2003 nur die Erteilung einer Genehmigung zum qualifizierten Krankentransport mit drei Krankentransportwagen (KTW) und einem RTW beantragt und hinzugeführt, die Fahrzeuge sollten für eine Therapieklinik eingesetzt werden; auch der RTW solle ausschließlich der Sekundärverlegung von Patienten dienen und tangiere deshalb nicht die Sicherstellung des öffentlichen Rettungsdienstes. Aus dem Einsatz des RTW für die Verlegung von Patienten einer Therapieklinik ergab sich nicht die Beförderung von Notfallpatienten im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 RettG NW. Der vor dem Verwaltungsgericht gestellte Klageantrag richtete sich ebenfalls ausdrücklich auf die Erteilung einer Genehmigung zur Wahrnehmung von Aufgaben des Krankentransports mit drei KTW und einem RTW. Hiernach musste weder das Verwaltungsgericht, das den Beklagten antragsgemäß zur Genehmigungserteilung für den Krankentransport verpflichtet hat, noch im Nachhinein das Berufungsgericht bei der Prüfung, ob eine Klageänderung vorliegt, das erstinstanzliche Klagebegehren als auf Teilnahme an der Notfallrettung gerichtet verstehen. Dass die Beklagte Sekundärtransporte mit RTW statistisch als Notfallrettung erfasst, wie sie gegenüber dem Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 9. Dezember 2005 mitgeteilt hatte, ändert nichts daran, dass die Klägerin eine Genehmigung für den Krankentransport beantragt, diesen Antrag (in Kenntnis des vorgenannten Schreibens) mit der Klage weiterverfolgt und das Verwaltungsgericht nur hierüber entschieden hat. Sonstige Umstände, aus denen das Verwaltungsgericht hätte schließen müssen, dass es der Klägerin hinsichtlich des RTW um die Teilnahme an der Notfallrettung gehe, macht die Klägerin nicht geltend.

5 Unabhängig davon hat die Klägerin nicht dargelegt, dass die Entscheidung auf dem geltend gemachten Verstoß beruhen könnte. Die Behauptung, bei Zuordnung des RTW zur Notfallrettung hätte das Berufungsgericht den Beklagten zur Erteilung der Genehmigung verpflichten müssen, ist unzutreffend. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass es an einer vom Beklagten vorzunehmenden Verträglichkeitsprüfung für den Bereich der Notfallrettung bislang fehle (UA S. 9). Da dem Beklagten nach Ansicht des Berufungsgerichts bei der Verträglichkeitsprüfung ein nur eingeschränkt überprüfbarer Prognosespielraum zusteht (UA S. 18), wäre eine Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Genehmigung für die Notfallrettung auch bei Annahme eines dahingehenden Antrags ausgeschlossen gewesen. Die Klägerin hätte allenfalls eine Neubescheidung erreichen können, zu der das Berufungsgericht den Beklagten aber ohnehin verpflichtet hat.

6 Soweit es der Klägerin hinsichtlich des RTW um eine Verpflichtung des Beklagten zur Entscheidung nicht über die Zulassung zum Krankentransport, sondern zum Transport von Notfallpatienten nach § 2 Abs. 1 Satz 2 RettG NW geht, bleibt es ihr unbenommen, ihren Genehmigungsantrag vor der erneuten Entscheidung des Beklagten entsprechend umzustellen.

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.