Pressemitteilung Nr. 45/2005 vom 08.09.2005

Kein Baustopp für die Airbus 380-Wartungshalle am Flughafen Frankfurt a.M.

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, den Beginn des Baus der Airbus 380-Wartungshalle nicht von Amts wegen bis zu einer endgültigen gerichtlichen Entscheidung über das Vorhaben zu stoppen. Eine hierauf gerichtete Anregung des Bundes Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) blieb ohne Erfolg.


Das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung hatte der Fraport AG als Betreiberin des Flughafens mit Planfeststellungsbeschluss vom 26. November 2004 gestattet, eine Wartungshalle für das Großraumflugzeug Airbus A 380 zu errichten. Die für das Vorhaben in Anspruch genommene Fläche ist Teil eines Waldgebietes, das vom Land Hessen nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) an die Kommission der Europäischen Gemeinschaft gemeldet worden ist. Die Kommission hat noch nicht entschieden, ob das Gebiet in das europäische ökologische Netz besonderer Schutzgebiete ("Natura 2000") aufgenommen wird.


In seinem Planfeststellungsbeschluss ist das Ministerium, um auf der sicheren Seite zu stehen, davon ausgegangen, dass das gemeldete Gebiet in die Liste der EU-Kommission aufgenommen wird; nach Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung hat es die Zulässigkeit des Vorhabens im Wege einer Ausnahmeentscheidung aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses bejaht. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat die hiergegen gerichtete Klage des BUND durch Urteil vom 28. Juni 2005 im Wesentlichen abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat er durch einen Beschluss vom selben Tage abgelehnt.


Der Kläger hat Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt und, da die Fraport AG mit der Rodung des Waldes beginnen wolle, angeregt, das Bundesverwaltungsgericht möge durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage von Amts wegen einen vorläufigen Baustopp verfügen. Nach Auffassung des Klägers muss die Frage, ob ein gemeldetes FFH-Gebiet bis zu einer Entscheidung der EU-Kommission einem absoluten Verschlechterungsverbot unterliegt oder ob Vorhaben während der Meldephase im Ausnahmewege zugelassen werden können, dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt werden. Darüber hinaus hält er das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs aus weiteren Gründen für fehlerhaft.


Das Bundesverwaltungsgericht hat keinen Anlass gesehen, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, denn das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichtshofs werde voraussichtlich Bestand haben. Der Planfeststellungsbeschluss und ihn bestätigend das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs hätten dem Meldegebiet - wie in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gefordert - einen "angemessenen Schutz" gewährt. Dies sei eindeutig und bedürfe nicht der Klärung durch den Europäischen Gerichtshof. Auch nach Aufnahme eines Gebietes in die Gemeinschaftsliste werde das allgemeine Verschlechterungsverbot für Pläne und Projekte durch einen Ausnahmevorbehalt durchbrochen. Ein Grund, ein gemeldetes FFH-Gebiet vor der Aufnahme in die Gemeinschaftsliste stärker als danach zu schützen, sei nicht ersichtlich. Auch das bisherige weitere Vorbringen des Klägers werde voraussichtlich nicht zur Zulassung der Revision führen.


BVerwG 4 B 49.05 - Beschluss vom 07.09.2005


Beschluss vom 07.09.2005 -
BVerwG 4 B 49.05ECLI:DE:BVerwG:2005:070905B4B49.05.0

Leitsätze:

Das Bundesverwaltungsgericht wird durch den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts, der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nicht abzuhelfen, Gericht der Hauptsache im Sinne von § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO. Das gilt auch, wenn das Oberverwaltungsgericht, ohne gegen das Willkürverbot zu verstoßen, vor Ablauf der Beschwerdeeinlegungs- und -begründungsfrist über die Nichtabhilfe entschieden hat.

Bei Infrastrukturvorhaben in einem gemeldeten FFH-Gebiet, über dessen Aufnahme in die Gemeinschaftsliste die EU-Kommission noch nicht entschieden hat, stellt jedenfalls die Anlegung der materiellrechtlichen Maßstäbe des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL in aller Regel einen "angemessenen Schutz" im Sinne des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 13. Januar 2005 - C 117/03 - dar.

  • Rechtsquellen
    VwGO § 80 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 7 Satz 1, § 133 Abs. 3 Satz 2,
    § 133 Abs. 5 Satz 1
    LuftVG § 10 Abs. 6 Satz 1
    BNatSchG § 34
    HENatG § 20 d
    FFH-RL Art. 4 Abs. 5, Art. 6 Abs. 2 bis 4, Art. 7
    Vogelschutz-RL Art. 4 Abs. 4 Satz 1

  • Hessischer VGH - 28.06.2005 - AZ: VGH 12 A 8/05

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 07.09.2005 - 4 B 49.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:070905B4B49.05.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 49.05

  • Hessischer VGH - 28.06.2005 - AZ: VGH 12 A 8/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. September 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. J a n n a s c h und die Richterin
am Bundesverwaltungsgericht Dr. P h i l i p p
beschlossen:

  1. Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juni 2005 - 12 Q 9/05 - wird nicht geändert.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Abänderungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Abänderungsverfahren auf 25 000 € festgesetzt.

I


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