Beschluss vom 07.07.2004 -
BVerwG 9 VR 14.04ECLI:DE:BVerwG:2004:070704B9VR14.04.0

Beschluss

BVerwG 9 VR 14.04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. Juli 2004
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S t o r o s t ,
V a l l e n d a r und Prof. Dr. R u b e l
beschlossen:

  1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragsteller gegen die Plangenehmigung des Antragsgegners vom 1. April 2004 wird abgelehnt.
  2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5 000 € festgesetzt.

Die Antragsteller begehren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Plangenehmigung des Antragsgegners vom 1. April 2004 für den Ausbau der B 172 in Pirna, der u.a. eine Verlegung des Knotenpunkts der Königsteiner Straße (B 172) mit der Einsteinstraße (S 173) umfasst. Sie machen im Wesentlichen geltend, dadurch in ihren Rechten verletzt zu sein, dass dieser Knotenpunkt näher an ein in ihrem Eigentum befindliches Wohnhaus (Königsteiner Straße 22) heranrückt.

II


Der Antrag hat auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes der Antragsteller vom 4. Juli 2004 keinen Erfolg.
Die Antragsteller haben keinen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO und damit auf einen Baustopp. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Plangenehmigung, das Grundlage des in § 17 Abs. 6a Satz 1 FStrG und § 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG geregelten Ausschlusses des Suspensiveffektes der Anfechtungsklage ist, überwiegt ihr Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes schon deswegen, weil ihre Klage nach dem derzeitigen Erkenntnisstand keine Aussicht auf Erfolg bietet. Die Antragsteller werden nicht die Aufhebung der angefochtenen Plangenehmigung beanspruchen können. Auch ein Ausspruch auf der Grundlage von § 17 Abs. 6c Satz 2 FStrG mit dem Inhalt, dass die Plangenehmigung rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf, kommt voraussichtlich nicht in Betracht.
1. Bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage werden die Antragsteller ihrer Klage nicht damit zum Erfolg verhelfen können, dass die rügen, die Zulassung des Straßenbauvorhabens habe nicht durch eine Plangenehmigung erfolgen dürfen. Selbst wenn zugunsten der Antragsteller unterstellt wird, das Instrument der Plangenehmigung habe dem Antragsgegner nicht zur Verfügung gestanden, weil das Vorhaben - etwa wegen der davon ausgehenden Lärmauswirkungen - Rechte anderer mehr als nur unwesentlich beeinträchtigt (vgl. § 17 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 FStrG), ließe sich allein hieraus ein Anfechtungsgrund nicht herleiten. Denn der Planbetroffene kann zwar verlangen, dass seine materiellen Rechte gewahrt werden; er hat aber keinen Anspruch darauf, dass dies in einem bestimmten Verfahren geschieht (stRspr, z.B. BVerwG, Beschluss vom 5. März 1999 - BVerwG 4 VR 3.98 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 149 S. 18).
2. Aus dem Vortrag der Antragsteller und dem sich aus den beigezogenen Verwaltungsakten ergebenden Sachverhalt folgt auch keine Verletzung materieller Rechtsvorschriften, die der Klage mit dem Anfechtungsantrag (Hauptantrag) zum Erfolg verhelfen könnte.
Im Vorfeld des Erlasses der angefochtenen Plangenehmigung sind die Antragsteller mit ihren Einwänden gegen das Straßenbauvorhaben gehört worden. Sie haben den geplanten Ausbau wegen "des jetzigen katastrophalen Zustandes der B 172" zwar begrüßt, weil sie "eine spürbare Minderung der Rollgeräusche des Verkehrs erwarten" (Schreiben der Antragsteller vom 9. März 2002 an das Straßenbauamt Dresden), wenn das schadhafte Kopfsteinpflaster durch eine bituminöse Fahrbahndecke ersetzt wird. Sie haben eine Erklärung ihres Einverständnisses mit dem Vorhaben aber nur für den Fall in Aussicht gestellt, dass verschiedene Maßnahmen (z.B. Pflanzung straßenbegleitenden Baumgrüns) ergriffen würden, die dazu beitragen könnten, die aus ihrer Sicht "wesentliche Wohnwertverschlechterung" ihres Hauses durch Lärm und Abgase abzumindern. Dem Klagevortrag ist nicht schlüssig zu entnehmen, dass die dem Vorhaben widerstreitenden Belange der Antragsteller vom Antragsgegner entgegen § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG nicht mit dem Gewicht in die planerische Abwägung eingestellt worden sind, die ihnen zukommt.
Den Antragstellern steht auf der Grundlage der Nebenbestimmung Nr. 3.2.1 für ihr Wohnhaus die Gewährung passiven Lärmschutzes nach Maßgabe der Verkehrswege-Schallschutzmaßnahmeverordnung (24. BImSchV) zu. Dabei hat der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung vom 16. Juni 2004 dem Einwand der Antragsteller, die der Plangenehmigung als Anhang beigefügte Ergebnistabelle ordne ihr Anwesen unzutreffend einem Mischgebiet zu, dadurch Rechnung getragen, dass er verbindlich zugesagt hat, den Charakter des Baugebiets auf der Grundlage der tatsächlichen Verhältnisse einer Überprüfung zu unterziehen. Falls die Plangenehmigung in diesem Punkt einen Mangel aufweisen sollte, könnte er mangels erkennbarer Auswirkung auf die Abwägungsentscheidung ohnehin nur im Rahmen des Verpflichtungsbegehrens (Hilfsantrag) bedeutsam werden und deswegen nicht eine Aussetzungsentscheidung rechtfertigen. Entsprechendes gilt für die gegen die Lärmberechnung erhobenen Einwände, weil diese voraussichtlich nur den Umfang des den Antragstellern zustehenden passiven Lärmschutzes beeinflussen können.
Ein lärmbetroffener Außenwohnbereich, dessen fehlende Berücksichtigung die Antragsteller in ihrer Klagebegründung rügen, kann nur in den beiden Balkonen gesehen werden, die in ihrer Unterlage 11 (Schalltechnische Untersuchung vom 23. März 2004) fotografisch dokumentiert sind. Insoweit können die Antragsteller auf der Grundlage der Nebenbestimmung Nr. 3.2.2 nach Maßgabe der Verkehrslärmschutzrichtlinien eine Geldentschädigung fordern. Die Rüge der Antragsteller, der Außenwohnbereich sei bei der Abwägung "gänzlich unberücksichtigt geblieben", geht unter diesen Umständen fehl.
Ein wirksamer Schutz vor der Abgasbelastung, die von den Antragstellern als Nachteil bemängelt wird, kommt nach Lage der Dinge nicht in Betracht. Es wäre insbesondere nicht durch die von den Antragstellern geforderte Baumanpflanzung zu erreichen. Eine Variantenprüfung hat mit dem Ergebnis stattgefunden, dass etwa die von den Antragstellern in ihrer Klagebegründung angesprochene Variante 4 für deren Anwesen mit einer gewissen Reduzierung der Abgas- wie auch der Lärmbelastung verbunden wäre, diese Variante aber gegenüber der Vorhabensvariante gravierende Nachteile in Bezug auf das mit dem Ausbau verfolgte Verkehrskonzept mit sich bringen würde. Dass diese Nachteile in Wirklichkeit nicht bestehen, können die Antragsteller nicht schlüssig vortragen. Es kommt hinzu, dass wegen der vorhandenen Straßenrandbebauung nördlich der Königsteiner Straße die Variante 4 nur zu einer Verlagerung der Immissionsbetroffenheiten führen würde. Im Übrigen wäre die getroffene Variantenauswahl erst dann rechtsfehlerhaft, wenn sich die - verworfene - Variante 4 dem Antragsgegner als vorzugwürdig hätte aufdrängen müssen (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 2. November 1992 - BVerwG 4 B 205.92 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 92, S. 104). Dafür fehlt hier jeder greifbare Anhaltspunkt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 3 GKG.