Beschluss vom 06.12.2011 -
BVerwG 9 B 93.11ECLI:DE:BVerwG:2011:061211B9B93.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.12.2011 - 9 B 93.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:061211B9B93.11.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 93.11

  • OVG Rheinland-Pfalz - 10.05.2011 - AZ: OVG 9 C 11097/10

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Dezember 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ und Prof. Dr. Korbmacher
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Flurbereinigungsgerichts für Rheinland-Pfalz und das Saarland vom 10. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

2 1. Die Rüge nicht vorschriftsgemäßer Besetzung des Flurbereinigungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 138 Nr. 1 VwGO) greift nicht durch. Die Beschwerde erblickt einen Besetzungsmangel im Sinne des § 138 Nr. 1 VwGO darin, dass an der Entscheidung des Flurbereinigungsgerichts als ehrenamtliche Richter der Landwirt B., der Weinbautechniker S. und der Vermessungsdirektor R. mitgewirkt haben. Bei diesen könne nicht von den für die Entscheidung über flurbereinigungsrechtliche Streitigkeiten regelmäßig erforderlichen speziellen Kenntnissen über Möglichkeiten und Methoden des Flurbereinigungsverfahrens sowie der landwirtschaftlichen Betriebs- und Bewertungslehre ausgegangen werden. Die Beschwerde übersieht dabei, dass die Besetzung des Flurbereinigungsgerichts den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Nach § 139 Abs. 3 FlurbG müssen zwei der ehrenamtlichen Richter des Flurbereinigungsgerichts Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes sein, und nach § 139 Abs. 2 FlurbG muss der dritte ehrenamtliche Beisitzer die Befähigung zum höheren Dienst der Flurbereinigungsbehörden besitzen und soll mindestens drei Jahre in Flurbereinigungsangelegenheiten tätig gewesen sein. Diese Voraussetzungen erfüllen die ehrenamtlichen Richter ausweislich der Angaben im Rubrum des angegriffenen Urteils und des unwidersprochen gebliebenen Vorbringens des Beklagten in der Beschwerdeerwiderung.

3 Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge einer Verletzung des „Öffentlichkeits- und Mündlichkeitsprinzips“ durch das Flurbereinigungsgericht. Die Öffentlichkeit der Verhandlung gehört zu den nach § 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zu protokollierenden Förmlichkeiten, deren Beachtung gemäß § 105 VwGO i.V.m. § 165 Satz 1 ZPO nur durch das Protokoll bewiesen werden kann. Solange keine Protokollberichtigung nach § 105 VwGO i.V.m. § 164 ZPO erfolgt ist, muss der Senat für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von dem Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2011 ausgehen. Danach ist ab Aufruf der Sache, mit dem die mündliche Verhandlung beginnt, neben dem Vertreter des Beklagten auch der Kläger in Begleitung seiner Ehefrau, seines Sohnes und seiner Tochter anwesend gewesen. Der Umstand, dass sich der Vertreter des Beklagten bereits vor Aufruf der Sache im Sitzungssaal aufgehalten hat, lässt im Übrigen nicht den Schluss zu, die mündliche Verhandlung sei entgegen den im Protokoll des Flurbereinigungsgerichts enthaltenen Angaben in Abwesenheit des Klägers eröffnet worden. Wie sich aus den Gründen des Nichtabhilfebeschlusses des Flurbereinigungsgerichts und der Beschwerdeerwiderung des Beklagten ergibt, befand sich der Prozessvertreter des Beklagten wegen seiner Teilnahme an einem voraufgegangenen Termin vor Aufruf des Verfahrens des Klägers, das für 11.30 Uhr terminiert war und dessen Beginn sich verzögert hatte, bereits im Sitzungssaal. Die in der Sache des Klägers zusätzlich erschienenen Sachbeistände des Beklagten haben sich unmittelbar nach Beendigung der voraufgegangenen mündlichen Verhandlung in den Sitzungssaal begeben und dort Platz genommen.

4 Mit der Rüge, der Gehörsanspruch des Klägers sei verletzt worden, weil ihn der Vorsitzende Richter des Flurbereinigungsgerichts in der mündlichen Verhandlung nicht habe zu Wort kommen lassen, kann die Beschwerde schon deswegen keinen Erfolg haben, weil es an der für die schlüssige Bezeichnung einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) erforderlichen substantiierten Darlegung dessen fehlt, was der Kläger bei nach seiner Ansicht ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und inwiefern dieser weitere Vortrag zu einer ihm günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 15 und vom 2. April 1985 - BVerwG 3 B 75.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 165 S. 55).

5 Soweit die Beschwerde im Zusammenhang mit der geltend gemachten Gehörsverletzung außerdem rügt, das Gericht habe sich darüber mokiert, dass der Kläger teilweise in kyrillischer Schrift geschrieben habe, kann sie schon deswegen keinen Erfolg haben, weil es an jeder Darlegung fehlt, in welchem der zahlreichen - soweit erkennbar durchweg in lateinischer Schrift verfassten - Schriftsätze des Klägers kyrillische Buchstaben verwendet worden sein sollen. Auch das Flurbereinigungsgericht hat in seinem Nichtabhilfebeschluss darauf hingewiesen, dass es dem Senat nicht aufgefallen sei, dass der Kläger in kyrillischer Schrift geschrieben habe.

6 2. Die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO) kann ebenso wie die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) keinen Erfolg haben. Für eine erfolgreiche Aufklärungsrüge fehlt es an der Darlegung, warum der Kläger nicht bereits vor dem Flurbereinigungsgericht durch Stellung eines Beweisantrags auf die nunmehr vermisste weitere Sachaufklärung hingewirkt hat; ebenso wenig legt die Beschwerde dar, warum sich dem Gericht weitere Ermittlungen hätten aufdrängen müssen (vgl. zu diesen Anforderungen den Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 14 f.). Die Grundsatzrüge erschöpft sich darin, die rechtliche Würdigung des Flurbereinigungsgerichts als fehlerhaft anzugreifen, ohne einen über die konkrete Fallgestaltung hinausgehenden rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf darzulegen. Bei der Divergenzrüge übersieht die Beschwerde, dass mit ihr nur die Abweichung eines Urteils von einer Entscheidung eines der dort genannten Bundesgerichte, nicht aber die Abweichung von einer Entscheidung eines Oberverwaltungsgerichts gerügt werden kann.

7 Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.